Das Parlament trifft sich in der Regel alle drei Monate für eine drei Wochen lange Sitzungsperiode. Die aktuelle Frühjahrsession wurde am Sonntag abgebrochen, den Entscheid dazu gefällt haben die beiden Büros von National- und Ständerat.
Keine dritte Sitzungswoche. Aufgrund der sich rapide verschlechternden #Coronavirus Situation haben die Ratsbüros, beschlossen, die Session auf Antrag der Verwaltungsdelegation abzubrechen
— Parl CH (@ParlCH) March 15, 2020
In der dritten Parlamentsession standen verschiedene Geschäfte auf der Traktandenliste. Die grösste Bedeutung hatten jedoch jene Gesetzesänderungen, die für die Schlussabstimmung bereit gewesen wären. In der Schweiz muss jeder Bundesbeschluss von National- und Ständerat angenommen werden – diese Abstimmungen wären am Donnerstag geplant gewesen.
Das Parlament schreibt, dass der Entscheid wegen der Verbreitung des Coronavirus beschlossen wurde. «Dieser Entscheid hat auch den Zweck, Ratsmitglieder und Angehörige, welche zu Risikogruppen gehören, zu schützen. Im Weiteren gibt es keine absolute Notwendigkeit, in der letzten Sessionswoche vorgesehene Geschäfte zu behandeln», heisst es in einer Mitteilung.
Das Parlament schreibt in einer Mitteilung: «Im Weiteren gibt es keine absolute Notwendigkeit, in der letzten Sessionswoche vorgesehene Geschäfte zu behandeln.» Diese Ansicht wird nicht von allen Parlamentariern bestätigt, wie vier Nationalrätinnen und Nationalräte anonym zu watson sagen.
Sie begründen ihre Einschätzung damit, dass bei vielen Beschlüssen die Schlussabstimmungen wegfallen. Besonders betroffen davon sind die Konzernverantwortungs-Initiative sowie die Überbrückungsrente. Ersteres muss bis am 10. April vom Parlament behandelt werden – sonst muss der Bundesrat die Volksabstimmung ohne Gegenvorschlag beschliessen.
Die Überlegungen bei der Überbrückungsrente sind politischer Natur: Parlamentarier ausserhalb der SVP hoffen, die Überbrückungsrente als «inoffiziellen Gegenvorschlag» zur Begrenzungsinitiative nutzen zu können, über die das Volk im Mai abstimmt.
Durch den Sessionsunterbruch werden auch Geschäfte wie das CO2-Gesetz oder die «Ehe für alle» warten müssen. Unter Zeitdruck ist das Parlament auch beim Datenschutzgesetz. Sie muss ihre Gesetzgebung bis zum 20. Mai EU-kompatibel machen.
Nationalrätin Franziska Ryser (Grüne/SG) wollte, dass der Bundesrat seine Coronavirus-Gesetzesvorschläge bereits am Dienstag der Wirtschaftskommission präsentiert, damit Gewerblerinnen, Arbeitgebenden und Unternehmen im Eilverfahren geholfen werden kann. Die Sonntagspresse berichtete heute darüber.
Das fällt nun weg. «Durch den Sessionsabbruch wurde das verunmöglicht», sagt die St.Gallerin Franziska Ryser zu watson. Sie kritisiert: «Ich hätte es richtig gefunden, wenn das Parlament unter höheren Sicherheitsbedingungen trotzdem getagt hätte. Schliesslich erwartet die Gesellschaft das auch vom Gesundheitspersonal.»
Wann die Coronavirus-Massnahmen zur Stützung der Wirtschaft beschlossen werden können, ist unklar. Vermutet wird, dass der Bundesrat in einer ausserordentlichen Sitzung sein Vorgehen anpassen wird.
Das Büro von National- und Ständerat gab der Parlamentsverwaltung den Auftrag, einen Sitzungsort zu suchen, damit die notwendige Distanz der Volksvertreter eingehalten werden kann. Diskutiert wurde etwa, ob das Parlament in Messehallen tagt, besonders gefährdete Personen räumlich getrennt werden oder Transportdienste für National- und Ständeräte eingerichtet werden.
Damit soll offenbar erreicht werden, dass das Parlament die Coronavirus-Gesetzesänderungen im Rahmen einer ausserordentlichen Session beschliessen kann. Eine solche ausserordentliche Session könnte der Bundesrat oder ein Viertel der Ständerats- oder Nationalratsmitglieder einberufen.