Wasser, das in Zahnarztpraxen für Spülwasser, aber auch als Kühlmittel für Bohrer, Fräsen und Polierer zum Einsatz kommt, ist oft unhygienisch. Dies legen Dokumente nahe, die dem Kassensturz zugespielt worden sind. Zwar wurden darin nur Praxen aus der Deutschschweiz untersucht, doch die Zahlen sind teilweise alarmierend.
Von den 260 Proben aus 21 Zahnarztpraxen war 57 Prozent des untersuchten Wassers verunreinigt. Die Verunreinigungen sind dabei keine Bagatellen. Bei Trinkwasser gilt bei Keimbildenden Einheiten (KBE) eine Obergrenze von 300. Die untersuchten Proben wiesen teilweise Werte von zehn- bis hunderttausend KBE auf. In einem Fall lag der Wert sogar bei über einer Million KBE.
Gegenüber dem «Kassensturz» äusserte sich Samuel Steiner, Präsident der Kantonsapotheker-Vereinigung, besorgt. Er habe bisher angenommen, dass das Wasser in Zahnarztpraxen Trinkwasserqualität habe. Als Patient habe man das Recht, keinem Infektionsrisiko ausgesetzt zu werden.
Zwar müssen die gefundenen Keime nicht zwingend gefährlich sein. Dass durch das verunreinigte Wasser aber durchaus ein gewisses Risiko besteht, zeigt ein Fall, den Infektiologe Hans-Peter Roost in einem Interview mit dem SRF erwähnt. Angeblich soll sich ein Zahnarzt am Aerosol an seinem eigenen Stuhl infiziert haben und später deshalb gestorben sein. Dieser Wassernebel entstünde beispielsweise beim Bohren und könne durch das Einatmen in die Lunge gelangen.
Verunreinigtes Wasser könne für die Patienten auch gefährlich werden, wenn sie gesundheitlich angeschlagen seien. Gewissen Keimen sei es möglich, durch Verletzungen im Mund einzudringen und so Beschwerden zu verursachen.
Dabei verwenden die Zahnarztpraxen gar kein schlechtes Wasser, sondern Frischwasser, das eigentlich unbedenklich wäre. Selbst sterilisiertes Wasser wird in einigen Praxen eingesetzt. Das Problem sei aber nicht das Wasser an sich, sondern die Apparaturen, wie Roost weiter ausführt.
Diese enthielten sehr viele kleine Schläuche, die in Verbindung mit hohen Temperaturen zu regelrechten Brutkästen für Bakterien werden können. Bekannt sei die Problematik seit Jahren. Auch Untersuchungen der Schweiz hätten ergeben, dass viele der rund 800 Zahnarztstühle in der Schweiz belastet seien: «Es gibt auch Daten der Schweiz, die zeigen, dass jeder fünfte Zahnarzststuhl legionellenverseucht ist.»
Dass Wasser bei Zahnarztstühlen verunreinigt ist, beschränkt sich nicht nur auf die Schweiz. In Deutschland hatte das hessische Zentrum für Gesundheitsschutz schon 2013 Legionellen in jedem vierten Zahnarztstuhl nachweisen können. Die Bakterien können eine schwere Lungenerkrankung – auch bekannt als Legionärskrankheit – auslösen.
In Deutschland muss das Spülwasser von Zahnarztstühlen inzwischen alle sechs Monate mikrobiologisch untersucht werden. Danach erhalten die Praxen jeweils ein Feedback, um gegebenenfalls Massnahmen zu ergreifen.
In der Schweiz empfiehlt der Zahnarztverband SSO, den Stuhl jeden Morgen drei Minuten lang zu spülen. Laut Roost ist das aber nicht genug, da diese Zeit nicht ausreiche. Auch der Einsatz von sterilem Wasser sei oft nur ein guter Lösungsansatz, solange die Dental-Einheiten nicht desinfiziert würden. Auch der Einsatz von Filtersystemen trüge zu einer Verbesserung der Hygiene bei.
Laut Roost müsse man das Problem ernst nehmen und noch einmal über die Bücher. Das Problem: Es gibt keine verbindlichen Standards. Die Wassersysteme des Zahnarztstuhles jeden Morgen drei Minuten zu spülen ist nur eine Empfehlung des Zahnarzstverbandes, keine Richtlinie. Auch das Wasser-Filtersystem, das der Zahnarztverband empfiehlt, ist nicht verpflichtend.
Gegenüber dem Kassensturz sieht sich der Verband dann auch nicht in der Verantwortung. In einem schriftlichen Statement heisst es, es sei Sache der kantonalen Gesundheitsbehörden, zu überprüfen, ob die gesetzlichen Pflichten eingehalten würden. Dem SSO sei eine rechtliche Kontrollmöglichkeit verwehrt. (pls)
Wäre eigentlich schon lange überfällig, dass die Zahnmedizin auch in dieses System integriert würde. Bin zwar gar kein Fan der Krankenkassen, aber ich denke das schon ziemlich viel bessern könnte, wenn die durch Inpflichtnahme genauer hinschauen würden, was da wie und wieso läuft.
Ist sowieso bizarr, dass man Mundbereichmedizin vom Rest des Körpers abtrennt.