Die St.Galler Spitäler kommen nicht zur Ruhe. Nach der Massenentlassung von 440 Stellen im letzten Herbst ist nun ein Streit um der geplante Leistungsauftrag für Herzchirurgie am Kantonsspital entbrannt. Anfang März hatten die drei Kantone St.Gallen und beider Appenzell entschieden, bei der Spitalplanung zusammenzuspannen. Ihr Ziel: Sie wollen teure Doppelspurigkeiten vermeiden.
Doch gerade bei der Herzchirurgie ziehen das die beiden Dachverbände der Krankenversicherer in Zweifel. Es sei unverständlich, dass das Kantonsspital St.Gallen einen Leistungsauftrag in Herzchirurgie erhalten habe, «obschon die Dichte an Herzzentren in der Schweiz bereits heute nahezu doppelt so hoch ist wie in den Nachbarländern», kritisieren Curafutura und Santésuisse in ihrer gemeinsamen Mitteilung.
Doch die Verbände belassen es nicht bei der Kritik. Sie verlangen, dass dem Spital der Leistungsauftrag im Bereich Herzchirurgie wieder entzogen wird. Die Krankenversicherer haben deshalb beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde eingereicht. Sie stützen sich dabei auf einen neuen Gesetzesartikel, der es ihnen seit Anfang Jahr erlaubt, im Bereich der Spitalplanung Beschwerde einzureichen.
Die Verbände führen zwei Argumente ins Feld. Aus ihrer Sicht senkt «ein weiteres Herzzentrum» die Fallzahlen, was in der Regel zu einer tieferen Behandlungsqualität führe. «Für die Patientinnen und Patienten bedeutet das ein zusätzliches Risiko.» Bereits heute erreiche ein Teil der 16 bestehenden Herzzentren die empfohlene Mindestfallzahl nicht.
In der Tat empfiehlt die Europäische Gesellschaft für Herzchirurgie und Kardiologie eine Mindestfallzahl von 200 Eingriffen. In der Schweiz erfüllen diese Vorgabe aufgrund der hohen Dichte an Zentren nur 11 von 16 Häusern, wie die drei Kantone in ihrem Bericht zur Spitalplanung selbst einräumen.
Laut den Krankenversicherern hätten die drei Kantonsregierungen «die Interessen der Spitalleitung stärker gewichtet als die Sorgen der Prämienzahlerinnen und -zahler, die den Leistungsausbau werden berappen müssen». Dabei seien Patienten innerhalb einer Stunde im Herz-Neuro-Zentrum Bodensee, im Hirslanden-Spital in Zürich oder am Universitätsspital Zürich.
Die Pläne waren auch beim Berner Gesundheitsökonomen Heinz Locher auf Unverständnis gestossen. Die Aufgabe grösserer Kantonsspitäler bestehe nicht darin, sich als kleine Universitätsspitäler zu verstehen, sagte er bereits im Vorfeld des Entscheides. Es gehe vielmehr darum, sich in den Dienst der Grundversorgung der Bevölkerung zu stellen, unter anderem, indem sie das Angebot der regionalen Spitäler ergänzen».
Dem widerspricht Hans Rickli. Der Chefarzt Klinik für Kardiologie am Kantonsspital St.Gallen verteidigte in einem Interview im Februar die Pläne. «Es geht mir nicht darum, mir ein Denkmal zu setzen», betonte er. Sein Spital sei «kein klassisches Grundversorgerspital». Auch sei es nicht die Idee, ein 17. Herzzentrum in der Schweiz zu eröffnen.
Geplant sei eine «partnerschaftliche Lösung» gemeinsam mit dem Universitätsspital Zürich und dem Stadtspital Zürich Triemli. Ziel sei eine regionale Versorgung, dort, wo es möglich sei. «Unsere Kardiologie ist die fünftgrösste der Schweiz, aber ihr fehlt die Herzchirurgie.» Laut Rickli geht es um die herzchirurgische Grundversorgung wie Bypässe und Herzklappen. Hochspezialisierte Eingriffe wie Transplantationen würden auch künftig nicht in St.Gallen gemacht.
In der Tat schreiben die Kantone nirgends, dass ein Herzzentrum geplant sei. Das Kantonsspital St.Gallen werde neu im Rahmen einer Allianz mit dem Universitätsspital Zürich und dem Stadtspital Triemli «in die Spitallisten der Planungskantone aufgenommen», um der Unterversorgung in der Ostschweiz entgegenzuwirken. (aargauerzeitung.ch)