Die Schweiz könnte kaum stolzer sein auf ihr duales Bildungssystem. Bei jeder Gelegenheit wird darauf verwiesen, um aufzuzeigen, wie sozial durchlässig das Land sei. Alles ist möglich, nichts ausgeschlossen.
Gleichzeitig reichen längst nicht alle Abschlüsse für die Zulassung zum Studium aus. Die Fachhochschulen rangen lange – und teils immer noch – um die akademische Anerkennung ihrer Bachelor-Abschlüsse. Und mit einem Diplom einer Höheren Fachschule in der Tasche kann man heute zwar unter erleichterten Bedingungen ein Fachhochschulstudium anhängen, aber kein universitäres.
Nun zeigt eine neue Studie: Wer eine Höhere Fachschule (HF) abschliesst, profitiert von der Ausbildung trotzdem mehr als seine Kolleginnen und Kollegen an der Fachhochschule (FH).
In Auftrag gegeben hat die Studie der Bildungsverband Edusuisse. Untersucht wurde, welchen Mehrwert ein Studium an der Fachhochschule im Vergleich zu einer Ausbildung an der Höheren Fachschule bringt. Bisher wurden die Schulen jeweils in denselben Topf geworfen und mit universitären Studienverglichen.
Dabei gibt es innerhalb des zweiten Bildungswegs, der nicht über die Uni führt, grosse Unterschiede: wie hoch die Kosten für Einzelne sind, wie viele öffentliche Gelder in die Schulen fliessen, wie früh die Abgängerinnen in den Arbeitsmarkt eintreten können.
Weil der Unterricht an den Fachhochschulen akademischer ist, rechnen deren Absolventen langfristig mit höheren Löhnen. Die höheren Fachschulen sind niederschwelliger und praxisorientierter. Man braucht für das Studium keine Berufsmaturität, kann dafür aber auch keinen Bachelortitel erhalten. «Damit stehen die höheren Fachschulen in der akademischen Hierarchie quasi hinten an», sagt Studienleiter Lukas Mergele.
Zu Unrecht, wie sich nun zeigt. Gemäss der Studie zahlen sich beide Bildungswege aus. Aber die sogenannte private Rendite einer HF-Abgängerin, also was ihr das Studium lohntechnisch bringt, liegt um fünf Prozent höher als jene eines FH-Abgängers. Berücksichtigt man den Mehrwert für die Steuerzahlenden, so liegt die Rendite eines FH-Studiums bei 4 bis 10 Prozent. Bei HF-Abschlüssen liegt sie je nach Fachrichtung 6 bis 8 Prozent höher.
Anders gesagt: Wer eine Höhere Fachschule abschliesst, verdient ohne Bachelor schneller und mehr Geld und zahlt mehr Steuern als sein FH-Gspänli. Langfristig erhalten Letztere zwar höhere Löhne. Aber auf die gesamte Arbeitszeit gerechnet, gleichen diese den Unterschied im Mehrwert nicht aus.
Edusuisse fordert deshalb mehr Anerkennung für die Höheren Fachschulen. Die Studie unterstreiche «die Potenziale einer verstärkten Förderung der Höheren Fachschulen» und liefere «klare Impulse für bildungspolitische Diskussionen», schreibt der Verband.
Der Bundesrat hat bereits angekündigt, die höheren Fachschulen stärken zu wollen. Im April gab er bekannt, die Abschlussbezeichnung «Professional Bachelor» und «Professional Master» für HF-Studiengänge einführen zu wollen, um diese sichtbarer zu machen. Wann das Parlament den Vorschlag behandeln wird, ist noch nicht bekannt. (aargauerzeitung.ch)