Nach dem brutalen Angriff vor einem Genfer Nachtclub auf fünf Frauen in der vergangenen Woche – eine befindet sich weiterhin in kritischem Zustand im Spital – diskutiert die Schweiz über das Thema Gewalt an Frauen. Am Sonntag folgten hunderte von Frauen in mehreren Städten dem Aufruf von SP und Juso, unter dem Motto #allefüreine für «ein Ende der Gewalt gegen Frauen» zu demonstrieren.
An der Kundgebung in Bern sagte Juso-Präsidentin Tamara Funiciello, Gewalt gegen Frauen sei wie eine Pyramide aufgebaut: «Sie beginnt beim sexistischen Witz und der Belästigung und endet mit Vergewaltigung und Ehrenmord.»
Als Teil dieser Pyramide sieht Funiciello offenbar auch den Sommerhit «079» der Berner Musiker Lo & Leduc. Der Song hielt sich 21 Wochen an der Spitze der Schweizer Charts. In einem Beitrag von Tele Bärn bezeichnet Funiciello «079» als sexistisch. An dieser Tatsache ändere auch die grosse Beliebtheit des Songs nichts.
Die Juso-Chefin stört sich gemäss Tele Bärn vor allem daran, dass der Mann im Songtext immer wieder versuche, an die Natelnummer der Frau zu kommen – obwohl diese klar Nein sage.
Sie habe sich dazu entschieden, die Spielverderberin zu sein: «Ja, das Lied ist cool und nett, aber wenn man es dann genau reflektiert, hat es eben auch gewisse problematische Inhalte.» Man müsse sich die Frage stellen, ob man das als Gesellschaft wolle oder nicht: «Wir müssen uns immer wieder fragen, wohin das führt.»
Für Nils Fiechter, Präsident der Jungen SVP des Kantons Bern, ist Funiciellos Aussage hingegen «absolut lächerlich und eine Frechheit». Die Juso verunglimpfe damit sämtliche Hörer und Fans des Songs pauschal als Sexisten, sagte er gegenüber Tele Bärn.
Der Politikwissenschafter Marc Bühlmann von der Uni Bern sagt im Fernsehbeitrag, er habe zuerst Grinsen müssen, als er Funiciellos Argumente gehört habe. Aber beim zweiten Hinhören könne man im Song durchaus Elemente einer Gender-Diskussion, einer Geschlechter-Gleichstellungsdiskussion erkennen. «Hier kann man sich durchaus fragen, ob wir uns zu sehr an Dinge gewohnt sind, an die wir vielleicht nicht gewohnt sein sollten», so Bühlmann. (cbe)