Als ein 21-jähriger Mann mit seiner jüdisch-orthodoxen Familie im Schneesportgebiet Pischa ein Airboard mieten wollte, staunte er nicht schlecht. Beim Schalter hing ein Papier, auf dem auf Hebräisch darauf hingewiesen wurde, dass an Juden keine Sportgeräte mehr vermietet würden:
Heute bei der Bergbahn Pischa in Davos:
— Jehuda Spielman (@JehudaSpielman) February 11, 2024
Ein Aushang auf Hebräisch informiert darüber, dass "aufgrund verschiedener ärgerlicher Vorfälle" keine Sportgeräte wie Schlitten und Skis an Juden vermietet werden können.
Hier ist eine Übersetzung des gesamten Texts:
«Aufgrund… pic.twitter.com/SnxAtZD54h
Gegenüber 20min.ch erzählt er, dass er zunächst so tat, als ob er kein Hebräisch lesen könne. Er fragte deshalb eine Mitarbeiterin, ob er Airboards mieten könne. Sie verneinte.
Beim Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG) hat man kein Verständnis über diesen Aushang. Generalsekretär Jonathan Kreutner nimmt gegenüber 20min.ch Stellung:
Es gebe keinen Grund, vereinzelte schlechte Erfahrungen zu pauschalisieren. Gegenüber CH Media kündigt Kreutner rechtliche Schritte an: «Wir werden eine Anzeige nach Verstoss gegen Rassismusstrafnorm einreichen.»
In Davos liege ganz grundsätzlich «einiges im Argen». Zwar gebe es durchaus Anbieter von Unterkünften und Läden, die jüdische Gäste herzlich willkommen heissen würden. Doch es gebe auch andere, «die eine ganz andere Einstellung gegenüber jüdischen Gästen haben». Versuche, das Zusammenleben in Davos zu verbessern, seien gescheitert, sagt Kreutner gegenüber den Zeitungen von CH Media: «Erst letzten Sommer hat die lokale Tourismusorganisation die Zusammenarbeit mit uns und unserem Dialogprojekt auf Eis gelegt.»
Die Bündner Kantonspolizei hat derweil Ermittlungen aufgenommen wegen Verdachts auf Diskriminierung und Aufruf zu Hass.
Die Medienstelle der Kantonspolizei Graubünden bestätigte der Nachrichtenagentur Keystone-SDA den Sachverhalt. Bei der Polizei sei dazu eine Mitteilung von einer Privatperson eingegangen. «Wir haben es als mögliches Offizialdelikt eingestuft und deshalb Ermittlungen aufgenommen», sagte Mediensprecher Roman Rüegg.
Das Bergrestaurant Pischa verteidigte sich auf Anfrage von 20min.ch zunächst schriftlich:
Grund dafür sei die Tatsache, dass jüdische Gäste regelmässig Schlitten und andere Geräte auf der Piste stehen liessen. Diese müssten dann wieder eingesammelt werden, falls sie überhaupt noch auffindbar seien. Teilweise würden sie auch defekt zurückgegeben.
Das Restaurant fordert, dass sich alle Gäste den Schweizer Regeln und Gepflogenheiten anpassen sollen. Weiter schreibt es:
Am Montagnachmittag hat der Pächter in einem Interview gegenüber Blick.ch Stellung bezogen: «Der Aushang war sicher falsch formuliert, dafür entschuldige ich mich», wird er dort zitiert. In dem Video betont er erneut, dass der Vorfall «sicher nichts mit Antisemitismus zu tun» habe.
Den Zettel in hebräischer Sprache habe man in der Zwischenzeit entfernt und durch einen neuen ersetzt. Auf diesem ist auf Deutsch zu lesen, dass Wintersportgeräte nur an «Kundschaft mit entsprechender Ausrüstung» vermietet würden. Laut Aussagen des Pächters gegenüber Fernsehen SRF können ab Dienstag wieder alle Gäste Material mieten.
Die Sportbahnen Pischa erklärten, beim Restaurant handle es sich um eine extern verpachtete Lokalität der Bergbahn. Das Unternehmen sei weder mit dem Sachverhalt vertraut noch involviert und distanziere sich in aller Form von dieser Handlung.
Zwischen jüdisch-orthodoxen Gästen und Einheimischen kriselt es in Davos schon seit Längerem. Im vergangenen Sommer klagte der Davoser Tourismusdirektor Reto Branschi über das Verhalten der orthodoxen Gäste. Ein Versuch des SIG, einen Dialog zwischen Parteien zu etablieren, scheiterte, nachdem sich Branschi zurückgezogen hatte.
(saw, mit Material der SDA)