Remdesivir – so heisst das derzeit wohl begehrteste Medikament der Welt. Es kann den Verlauf einer schweren Corona-Infektion abmildern und führt dazu, dass Patienten das Spital vier bis fünf Tage früher verlassen können, so die Ergebnisse klinischer Studien. Am Freitag wurde das Medikament in der EU zugelassen. Ein Schnellverfahren machte es innert weniger Wochen möglich.
Nur: Kaufen kann man das in den USA produzierte Mittel momentan nirgends. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hat sich bereits alles weggeschnappt. Die gesamte Juli-Produktion und jeweils 90 Prozent der im August und September herzustellenden Dosen habe man reserviert, schreibt das Departement of Health & Human Services auf seiner Website. Damit können rund 500'000 Behandlungen durchgeführt werden. Rund 2200 Franken kostet eine Therapie.
Über ihren Hamsterkauf vorinformiert haben die USA niemanden. Die EU-Kommission erfuhr aus den Medien, dass praktisch die gesamte Remdesivir-Produktion schon weg ist. Nun steht Brüssel mit der Herstellerfirma Gilead in Verhandlungen, um doch noch ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Immerhin hat der US-Pharmakonzern das Medikament auch in Europa getestet.
Er erwarte, dass «Deutschland und Europa versorgt werden, wenn es um ein solches Medikament geht», so der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn. Der EU-Abgeordnete und Mediziner Peter Liese bringt auch Zwangslizenzen ins Spiel, mit denen Gilead zur Produktion von Generika gezwungen werden könnte.
Im Gespräch mit Gilead ist auch das Schweizer Bundesamt für Gesundheit (BAG). «Aktuell laufen Verhandlungen mit dem Unternehmen über Lieferungen für die nächsten Monate», bestätigt ein BAG-Sprecher. Bereits zu Anfang der Covid-19-Pandemie habe man eine «genügend grosse Menge» an Remdesivir erhalten. Die Reserven sollen noch «für mehrere Wochen» reichen.
Aber was geschieht, falls sich die Schweiz mit der Herstellerfirma nicht einigt und die Bestände aufgebraucht sind? Anspruch auf den EU-Bestand wird man jedenfalls kaum anmelden können. Dafür fehlt die Rechtsgrundlage. Anders könnte es mit einem Abkommen über gemeinsame Beschaffungen und einem bilateralen Gesundheitsabkommen aussehen. Ein solches ist zwar seit zwei Jahren ausverhandelt, wegen dem institutionellen Rahmenabkommen jedoch blockiert.
Die USA verstehen es sehr gut Druck auszuüben, Europa und die CH sollten es je nach Situation auch machen. Leider verstehen einige nur diese Sprache.