Am Berner Stadtrand entsteht eine Containersiedlung, die tausend Geflüchteten aus der Ukraine Platz bieten soll. Was ein Pionierprojekt hätte werden sollen, wird von einem Architekten und Experten für Notunterkünfte als «grundfalsch» kritisiert. Wie Ueli Salzmann gegenüber dem Tages-Anzeiger sagt, halte das Containerdorf humanitäre Standards nicht ein. Er geht sogar noch weiter:
Salzmann hat Erfahrung mit der Planung von Notunterkunft-Siedlungen. In den letzten 30 Jahren war er sowohl für die Uno wie auch für das Internationale Komitee vom Roten Kreuz und für die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) im Einsatz.
Die Probleme der Notunterkunft in Bern beginnen laut Salzmann bei der Fläche. Für 1000 Ukrainerinnen und Ukrainer stehen lediglich 3800 Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung. Dies entspricht 3,8 Quadratmeter pro Person oder 15 Quadratmeter für eine vierköpfige Familie. Nebst der Wohnfläche sei aber auch die Aussenfläche zu klein bemessen, so Salzmann.
Weiter kritisiert er das Rastersystem, in dem die zweistöckigen Wohnmodule angeordnet werden. In einer solchen Anordnung würden sich viele Bewohner wie in einer Haftanstalt fühlen. Besser wäre es, wenn die Container um einen zentralen Kreis organisiert würden.
Problematisch ist dieses Rastersystem unter anderem in Bezug auf sexuelle Übergriffe, gibt Salzmann zu Bedenken. Frauen, Männer und Kinder müssten alle dieselben engen Gassen zu Dusche und Toilette benutzen, was ein bekanntes Problem darstellt. Schon seit längerem sind sexuelle Übergriffe und Belästigungen in Asylunterkünften ein Problem.
Wieso wurden solche Faktoren nicht in die Planung mit einbezogen? Wohl, weil keine Fachpersonen an der Planung beteiligt waren. Der Kanton Bern vergab den Auftrag nämlich an ein Team aus Grafikern und keine Architekten. Ob das Büro bereits Erfahrung mit der Planung von Asylunterkünften hat, wird auf ihrer Website nicht ersichtlich, schreibt der «Tages-Anzeiger» weiter.
Doch der Kanton Bern verteidigt seinen Entscheid. Auf Nachfrage vom «Tages-Anzeiger» sagt Gundekar Giebel von den Kantonsbehörden: «Die Firma Grafikreich ist dem Kanton bestens bekannt, und sie war und ist befähigt, in kurzer Zeit die dringend notwendige Leistung zu liefern.»
Architekten mit humanitärem Fachwissen seien laut Giebel nicht nötig gewesen, da der Kanton in der Erstellung von Modulbauten und in der Ausgestaltung von Kollektivunterkünften grosse Erfahrung habe. Der Standard der Unterkunft sei hoch, zeigt sich der Kanton überzeugt.
Alternativ können ukrainische Geflüchtete noch immer bei Gastfamilien unterkommen. Gemäss der Plattform Campax sind noch immer über 90 Prozent der angebotenen Betten unbesetzt. Im Kanton Bern beläuft sich die Zahl der freien Plätze auf 8550.
Eine zentrale Unterkunft scheint dem Kanton Bern allerdings die bessere Lösung zu sein. Das Containerdorf erleichtere das soziale Leben, da es nicht zu einem Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen komme, argumentiert Giebel. Es böte zudem auch eine längerfristige Lösung, da die Behörden im Gegensatz zu den Gastfamilien nicht einfach aus dem Engagement aussteigen können. Auch wenn immer wieder betont wird, dass solche Containersiedlungen nur temporäre Lösungen seien, könnten sie sich zu langjährigen Unterkünften für Geflüchtete mausern.
Bis im Herbst dürften gemäss Erwartungen des Bundes noch 80'000 bis 120'000 Geflüchtete aus der Ukraine in der Schweiz eintreffen. Laut Giebel möchte der Kanton Bern bis Ende Jahr 4000 Betten in Kollektivunterkünften anbieten. (saw)
Wieso sollten sich die Ukrainer nicht mit verschiedenen Kulturen auseinandersetzten, dass dürfen/müssen wir ja auch, diese Haltung verstehe ich jetzt nicht wirklich.
Öhm. Schräg.
Die Bude auch gegoogelt, verstehe es immer noch nicht. Da hat der Kanton fei was „gchüechlet“.