Da kann sich der Schweizer Luftwaffenchef noch so sehr ärgern. Vergangene Woche bezeichnete der Zwei-Sterne-General Peter Merz die Kritik am F-35-Kampfjet auf Facebook als «schier unerträglich». Aber die Diskussion um Sinn und Unsinn eines Kaufs des US-Typs nimmt weltweit an Intensität zu. Neues Öl ins Feuer goss am Wochenende der frühere Airbus-Chef Tom Enders.
Zur «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» sagte der 66-jährige Ex-Flugindustriemanager: «Niemand braucht eine F-35.» Enders begründete dies zum einen ähnlich, wie es bereits Elon Musk im vergangenen November auf X getan hatte: Statt einer milliardenschweren neuen Kampfplattform brauche es «Zehntausende von intelligenten Robotern auf dem Gefechtsfeld, und das sind in allererster Linie heute Drohnen, die Sie in kleinen Fabriken herstellen können».
Meanwhile, some idiots are still building manned fighter jets like the F-35 🗑️ 🫠
— Elon Musk (@elonmusk) November 24, 2024
pic.twitter.com/4JX27qcxz1
Laut Enders ist die notwendige militärische Aufrüstung mit Drohnen wesentlich günstiger, schneller und flexibler möglich. Beispielsweise könne die nötige Software viel einfacher entwickelt und angepasst werden. Zum anderen argumentiert Enders in der FAZ aber auch mit der erratischen, europafeindlichen Politik von Donald Trump: «Wir können einfach die Augen nicht davor verschliessen, dass diese amerikanische Regierung jetzt zum Gegner geworden ist und nicht mehr Verbündeter ist.»
In ähnlichem Ton hat bereits der portugiesische Verteidigungsminister Nuno Melo öffentlich seine Bedenken gegenüber einem Kauf von F-35-Jets kundgetan. Angesichts von Trumps geostrategischem Kurs müsse sich Portugal nach «den besten Optionen umsehen». Das sagte Melo vergangene Woche in einem Interview. Von den USA als plötzlich unzuverlässigem Partner befürchte die portugiesische Luftwaffe bei der F-35 «Einschränkungen bei der Nutzung, Wartung und den Komponenten».
In die gleiche Kerbe schlug am vergangenen Freitag der kanadische Verteidigungsminister Bill Blair. Dieser kündigte an, sein Land werde sich aktiv nach Alternativen zu den 88 bestellten und teilweise schon gelieferten US-Jets umsehen. Dazu wolle Kanada Gespräche mit konkurrierenden Firmen aufnehmen.
Solche Äusserungen sind Wasser auf die Mühlen all jener, die grundsätzlich gegen die Beschaffung des US-Kampfjets der fünften Generation sind, sei es aus technischen, politischen, wirtschaftlichen oder weltanschaulichen Gründen. In Belgien – einem der zwölf Länder, in denen die F-35 schon fliegt – ist die Petition «Nein zum F-35 in Belgien» gestartet worden, allerdings noch mit sehr mässiger Resonanz.
Als verlässlichere Alternativen werden in der laufenden Diskussion der französische Rafale, der schwedische Gripen und neuerdings auch der südkoreanische KF-21 Boramae genannt. Das Problem dabei: Der südkoreanische Jet der fünften Generation befindet sich erst im Prototypstadium und ist frühestens in drei Jahren einsatzbereit. Und die beiden bewährten europäischen Modelle der vierten Generation werden laut dem Schweizer Luftwaffenchef Peter Merz von der F-35 «mit Abstand und in jeder Hinsicht in den Schatten gestellt».
Ex-Airbus-Chef Tom Enders entgegnet, Europa sei durchaus in der Lage, brauchbare Alternativen zu US-Waffensystemen zu entwickeln, und verweist auf das französisch-italienische Luftverteidigungssystem SAMP/T, das der US-Patriot-Rakete ebenbürtig sei. Ebenso wenig lässt er das in der deutschen Debatte immer wieder angeführte Argument gelten, einzig mit der F-35 könne Deutschland weiterhin für die nukleare Teilhabe gerüstet bleiben: «Als Nuklearwaffenträger hätte man genauso gut den Eurofighter weiterentwickeln können.»
Je schneller sich Europa von den USA rüstungstechnisch unabhängig mache, desto besser, folgert Enders. Wobei bei einer solchen Wortmeldung das Eigeninteresse des Vertreters eines europäischen Grosskonzerns beachtet werden sollte. Im Gegensatz zum Ex-Airbus-Manager warnt der deutsche Rheinmetall-Chef Armin Papperger davor, mit den USA als Verbündetem zu brechen. Aber auch diese Aussage ist nicht frei von Eigennutz, beteiligt sich Rheinmetall doch an der F-35-Produktion.
Für einen Mittelweg plädiert der österreichische Militärexperte Gustav Gressel in der «Welt»: Zwar gebe es keinen ominösen «Kill Switch», mit dem man die F-35 von den USA aus jederzeit abschalten könne. Dafür sei der Jet ein riesiger «Datenstaubsauger», mit den USA als allmächtigem Nervenzentrum. Wenn man schon die F-35 bestelle, folgert Gressel, dann solle sich Europa für eine autarke Lösung wie in Israel einsetzen. Dort fliegt der US-Jet mit israelischer Software, die im eigenen Land ausgewertet und verarbeitet wird. (aargauerzeitung.ch)
Es macht auch Sinn, einen Flieger zu kaufen, der nicht fürs Hochgebirge taugt, der beim Flug durch die engen Täler der Alpen strukturelle Risiken haben wird.
Flieger: ja. Aber ein F-35 nur damit der C Luftwaffe sein Profilbild auf Facebook updaten kann? Ganz sicher nicht.
Ich hätte unseren Piloten dieses tolle Spielzeug zwar gegönnt. Der Spass-Faktor spricht dafür. Aber die lustigen Zeiten sind leider vorbei.