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Debatte um F-35-Jet geht weiter: Flugzeug-Manager giesst Öl ins Feuer

F35-Debatte spitzt sich zu – nun giesst ein Flugzeug-Manager weiter Öl ins Feuer

Die Beschaffung des US-Kampfjets F-35 ist in der Schweiz zunehmend umstritten. Und im Ausland eskaliert der Streit sogar: Wegen der feindseligen Äusserungen Donald Trumps erwägen bereits mehrere Länder, von einem möglichen Kauf abzusehen.
17.03.2025, 13:5717.03.2025, 16:06
Bojan Stula / ch media
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Da kann sich der Schweizer Luftwaffenchef noch so sehr ärgern. Vergangene Woche bezeichnete der Zwei-Sterne-General Peter Merz die Kritik am F-35-Kampfjet auf Facebook als «schier unerträglich». Aber die Diskussion um Sinn und Unsinn eines Kaufs des US-Typs nimmt weltweit an Intensität zu. Neues Öl ins Feuer goss am Wochenende der frühere Airbus-Chef Tom Enders.

epa11912953 A Dutch F-36 fighter jet lands at the Lielvarde base, Latvia, 21 February 2025. Two Dutch F-35 fighter jets, which are currently deployed at the renovated Amari Air Base in Estonia as part ...
Vertrauensverlust in die USA: In Kanada und Europa ist eine hitzige Debatte über den Kauf von F-35-Kampfjets entbrannt.Bild: keystone

Zur «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» sagte der 66-jährige Ex-Flugindustriemanager: «Niemand braucht eine F-35.» Enders begründete dies zum einen ähnlich, wie es bereits Elon Musk im vergangenen November auf X getan hatte: Statt einer milliardenschweren neuen Kampfplattform brauche es «Zehntausende von intelligenten Robotern auf dem Gefechtsfeld, und das sind in allererster Linie heute Drohnen, die Sie in kleinen Fabriken herstellen können».

Laut Enders ist die notwendige militärische Aufrüstung mit Drohnen wesentlich günstiger, schneller und flexibler möglich. Beispielsweise könne die nötige Software viel einfacher entwickelt und angepasst werden. Zum anderen argumentiert Enders in der FAZ aber auch mit der erratischen, europafeindlichen Politik von Donald Trump: «Wir können einfach die Augen nicht davor verschliessen, dass diese amerikanische Regierung jetzt zum Gegner geworden ist und nicht mehr Verbündeter ist.»

Portugal und Kanada an der Spitze der F-35-Kritiker

In ähnlichem Ton hat bereits der portugiesische Verteidigungsminister Nuno Melo öffentlich seine Bedenken gegenüber einem Kauf von F-35-Jets kundgetan. Angesichts von Trumps geostrategischem Kurs müsse sich Portugal nach «den besten Optionen umsehen». Das sagte Melo vergangene Woche in einem Interview. Von den USA als plötzlich unzuverlässigem Partner befürchte die portugiesische Luftwaffe bei der F-35 «Einschränkungen bei der Nutzung, Wartung und den Komponenten».

In die gleiche Kerbe schlug am vergangenen Freitag der kanadische Verteidigungsminister Bill Blair. Dieser kündigte an, sein Land werde sich aktiv nach Alternativen zu den 88 bestellten und teilweise schon gelieferten US-Jets umsehen. Dazu wolle Kanada Gespräche mit konkurrierenden Firmen aufnehmen.

Solche Äusserungen sind Wasser auf die Mühlen all jener, die grundsätzlich gegen die Beschaffung des US-Kampfjets der fünften Generation sind, sei es aus technischen, politischen, wirtschaftlichen oder weltanschaulichen Gründen. In Belgien – einem der zwölf Länder, in denen die F-35 schon fliegt – ist die Petition «Nein zum F-35 in Belgien» gestartet worden, allerdings noch mit sehr mässiger Resonanz.

Diskussion um mögliche Alternativen

Als verlässlichere Alternativen werden in der laufenden Diskussion der französische Rafale, der schwedische Gripen und neuerdings auch der südkoreanische KF-21 Boramae genannt. Das Problem dabei: Der südkoreanische Jet der fünften Generation befindet sich erst im Prototypstadium und ist frühestens in drei Jahren einsatzbereit. Und die beiden bewährten europäischen Modelle der vierten Generation werden laut dem Schweizer Luftwaffenchef Peter Merz von der F-35 «mit Abstand und in jeder Hinsicht in den Schatten gestellt».

epa11613249 A Gripen fighter jet of the Hungarian Defence Forces taxies on the tarmac during their afternoon and night training exercises at the Szentgyorgyi Dezso Air Base of Kecskemet, Hungary, 19 S ...
Vom Schweizer Stimmvolk wurde seine Beschaffung abgelehnt, doch wegen der Diskussion rund um die F-35 erlebt der schwedische Gripen eine Renaissance (im Bild ein Flugzeug der ungarischen Luftwaffe).Bild: keystone

Ex-Airbus-Chef Tom Enders entgegnet, Europa sei durchaus in der Lage, brauchbare Alternativen zu US-Waffensystemen zu entwickeln, und verweist auf das französisch-italienische Luftverteidigungssystem SAMP/T, das der US-Patriot-Rakete ebenbürtig sei. Ebenso wenig lässt er das in der deutschen Debatte immer wieder angeführte Argument gelten, einzig mit der F-35 könne Deutschland weiterhin für die nukleare Teilhabe gerüstet bleiben: «Als Nuklearwaffenträger hätte man genauso gut den Eurofighter weiterentwickeln können.»

Je schneller sich Europa von den USA rüstungstechnisch unabhängig mache, desto besser, folgert Enders. Wobei bei einer solchen Wortmeldung das Eigeninteresse des Vertreters eines europäischen Grosskonzerns beachtet werden sollte. Im Gegensatz zum Ex-Airbus-Manager warnt der deutsche Rheinmetall-Chef Armin Papperger davor, mit den USA als Verbündetem zu brechen. Aber auch diese Aussage ist nicht frei von Eigennutz, beteiligt sich Rheinmetall doch an der F-35-Produktion.

epa04639688 Tom Enders, CEO of the AirbusGroup attends the AirbusGroup balance press conference in Munich, Germany, 27 February 2015. EPA/TOBIAS HASE
Bis 2019 führte der Deutsche Tom Enders den Airbus-Konzern. 2014 war er Europas Manager des Jahres.Bild: EPA/EPA

Für einen Mittelweg plädiert der österreichische Militärexperte Gustav Gressel in der «Welt»: Zwar gebe es keinen ominösen «Kill Switch», mit dem man die F-35 von den USA aus jederzeit abschalten könne. Dafür sei der Jet ein riesiger «Datenstaubsauger», mit den USA als allmächtigem Nervenzentrum. Wenn man schon die F-35 bestelle, folgert Gressel, dann solle sich Europa für eine autarke Lösung wie in Israel einsetzen. Dort fliegt der US-Jet mit israelischer Software, die im eigenen Land ausgewertet und verarbeitet wird. (aargauerzeitung.ch)

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268 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Platon
17.03.2025 14:49registriert September 2016
Man kann es drehen wie man will, aber die SP lag mit allem richtig. Sie warnte eindringlich vor dem F35, aber niemand wollte sich in den Typenentscheid reinredenlassen. Auf den europäischen Jet der neusten Generation wollte man nicht warten, man wurde als Traumtänzer abgetan. Und nun? Selber Schuld. Wer meint ein Flugzeugkauf wäre eine rein technische Angelegeneit, hat einfach wenig von Sicherheitspolitik verstanden.
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Hierundjetzt
17.03.2025 14:23registriert Mai 2015
Es erscheint mir unglaublich wichtig, dass wir ein Flugzeug haben, dass innert 2 Minuten Genf nach Romanshorn fliegen kann um über Konstanz eine Atombombe abzuwerfen.

Es macht auch Sinn, einen Flieger zu kaufen, der nicht fürs Hochgebirge taugt, der beim Flug durch die engen Täler der Alpen strukturelle Risiken haben wird.

Flieger: ja. Aber ein F-35 nur damit der C Luftwaffe sein Profilbild auf Facebook updaten kann? Ganz sicher nicht.
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hgehjvkoohgfdthj
17.03.2025 14:42registriert März 2020
Die Schweiz hat bereits 700 Mio CHF an die USA überwiesen. Diese Vorauszahlung müsste man dann wohl oder übel abschreiben. Wäre aber keine schlechte Idee. Für die Beschaffung von Kampfdrohnen und Investitionen in die Raketen und Drohnenabwehr würde dann sehr viel Geld frei.
Ich hätte unseren Piloten dieses tolle Spielzeug zwar gegönnt. Der Spass-Faktor spricht dafür. Aber die lustigen Zeiten sind leider vorbei.
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