Eine Recherche von Arte und der NGO «Global Initiative Against Transnational Crime» deckt auf, wie ein kriminelles Netzwerk aus Zug Hunderte Anleger um 84 Millionen Franken brachte. Die Spur führt von Spreitenbach über Frankreich bis nach Dubai. Hier kommt die Übersicht in 5 Punkten:
Die Swiss Gold Treuhand AG (SGT AG) mit Sitz in Zug versprach Anlegern, Rohgold aus Zentralafrika zu importieren und sicher zu lagern. Ihre Kunden akquirierte sie unter anderem über Seminare – zum Beispiel im Januar 2023 in Spreitenbach.
An den Treffen lockte die SGT AG die Anlegerinnen und Anleger mit dem Versprechen von hohen Renditen. 10 Prozent Gewinn im ersten Jahr, 6 Prozent in den Folgejahren. Jeder würde «in den kommenden Monaten und Jahren ein Vermögen machen», versprachen die Redner angeblich.
Eine zentrale Rolle bei den Geschäften spielte die Swiss Gold Refinery, laut eigenen Angaben «die grösste Goldraffinerie der Schweiz». Doch laut Recherchen hatte die Firma gar nie eine Lizenz für den Goldhandel. Dennoch trat sie als Sponsor exklusiver Events auf.
Unzählige Anleger glaubten den Versprechen der SGT AG und investierten. Keiner von ihnen erhielt jemals sein Gold – und auch das investierte Kapital verschwand. Mittlerweile ist die Swiss Gold Treuhand AG in Liquidation.
Auf ihrer Website weist die SGT AG jede Schuld von sich: «Die Swiss Gold Treuhand AG wurde Opfer von Straftaten, begangen durch einen ehemaligen leitenden Mitarbeiter. (...) Die Straftaten wurden zur Anzeige gebracht.»
Die Anzeige richtet sich gegen Claudio De Giorgi, einen mehrfach wegen Betrugs verurteilten Italiener.
Sein Name taucht in den Recherchen immer wieder auf, obwohl die SGT AG und ihre Partnerfirmen mehrfach Namen und Logos änderten. Doch das Geschäftsmodell blieb stets dasselbe.
Für die erwähnten Personen gilt bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung.
De Giorgi wurde bereits 2010 in der Schweiz wegen eines Schneeballsystems verurteilt, bei dem Anleger insgesamt 10 Millionen Franken verloren. Davor hatte er in Deutschland 400 Investoren um ihr Geld gebracht und war dort zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Im Jahr 2018 folgte eine weitere Verurteilung in Italien: Sechs Jahre Haft erhielt er für Geschäfte mit fiktiven Diamanten.
Rund 800 Anleger aus Deutschland, Frankreich, Österreich und der Schweiz verloren ihr Kapital – insgesamt 84 Millionen Franken. Die Betroffenen haben sich in einer Interessensgemeinschaft («IG SGT AG») zusammengeschlossen, um ihr Geld zurückzufordern.
Die Anwältin Kerstin Bontschev vertritt die Opfer. Sie spricht von katastrophalen finanziellen Folgen für viele Betroffene: «Viele Anleger sind in sehr verheerenden und prekären wirtschaftlichen Situationen.»
Für die Anwältin besonders erschreckend: Wie konnte ein solcher Betrug in der Schweiz so lange unentdeckt bleiben? «Es ist unfassbar, dass solche Geschäfte unter dem Radar der Aufsichtsbehörden passieren konnten – und die Firmen nicht strenger kontrolliert wurden», sagt sie.
Die Finanzmarktaufsicht Finma hat im Juni 2024 eine Untersuchung eingeleitet. Allerdings erst, nachdem die SGT AG Konkurs angemeldet hatte. Dabei gab es öffentliche Warnungen: Das Konsumentenmagazin Saldo riet 2022 von Investitionen bei der SGT AG ab. 2023 schlug das Verbrauchermagazin K-Geld Alarm.
Trotz dieser Hinweise griff die Finma nicht früher ein. Auf Anfrage von Arte wollte sich die Behörde nicht zu «laufenden Verfahren oder individuellen Fällen» äussern.
Die Spur der verschwundenen Millionen führt nach Frankreich und Dubai. In Frankreich ist De Giorgi als Geschäftsführer der Firma La Souche eingetragen. Diese besitzt in der Auvergne ein luxuriöses Privatschloss.
Der ehemalige Lackierer De Giorgi mag auch schnelle Autos. Gemäss Recherchen besass de Giorgi im September 2020 mehrere Ferraris und einen Mercedes-Geländewagen. Ausserdem zeigt ihn ein Video 2022 mit seinem Sohn in einem Lamborghini in Lugano – Wert: über 200'000 Franken.
Doch der vermutlich grösste Teil der verschwundenen 84 Millionen liegt ausserhalb Europas – in Dubai. Hier verfügt Claudio De Giorgi über ein Konto bei der Mashreq-Bank. Auf diesem befinden sich über 35 Millionen Euro.
Im April 2024 tauchte in der Zeitung Gulf Time eine Mitteilung des Dubai Court of First Instance auf: Die Swiss Gold Treuhand AG fordert von Claudio De Giorgi Geld zurück.
Im Oktober fällte das Dubai Court of First Instance sein Urteil: De Giorgi und ein Geschäftspartner müssen der SGT AG 35 Millionen Euro zurückzahlen. Doch das Geld ist längst verschwunden. Die Konten wurden rechtzeitig geräumt – übrig geblieben sind lediglich 74'000 Euro.
Zur Urteilsverkündung in Dubai erschien De Giorgi nicht. Laut Recherchen von TV Sizzera sitzt er seit Juni 2023 in einem Gefängnis in der Lombardei, wo er seine Strafe für den Diamantenbetrug von 2018 verbüsst. Er wurde im Juni 2023 aufgrund eines internationalen Haftbefehls in Madrid festgenommen und nach Italien ausgeliefert.
Trotzdem ist das letzte Kapitel in der Geschichte noch nicht erzählt. Es gibt eine neue Firma, die SGB Vault, die angeblich die Verträge der Swiss Gold Treuhand übernehmen sollte. In einem Bericht des Verwaltungsrats der Swiss Gold Treuhand an das Konkursgericht in Zug wurde diese neue Gesellschaft als Nachfolgegesellschaft präsentiert. Das Zuger Konkursgericht wies den Sanierungsplan durch die SGB Vault aber als nicht glaubwürdig ab und eröffnete den Konkurs gegen die Swiss Gold Treuhand AG.
Tschüssikowski
Selber schuld! Rohgold aus Zentralafrika?
Wie daneben ist das denn? Menschenverachtend!
Auch im globalen Goldhandel ist die Schweiz führend, da sollten doch die zuständigen Behörden ein bisschen Wachsamer sein.
Oder ist der Kollateralschaden zu klein, der Gewinn der beteiligten so Gross, dass Betrügereien Kauf genommen werden ?
Ein Einblick gibt das Buch:
Goldwäsche
Die schmutzigen Geheimnisse des Goldhandels
von Mark Pieth für Interessierte.