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Jahrestag des Schreckens: «So kann es am Everest nicht weitergehen»

CAPTION ADDITION ADDS PHOTOGRAPHER'S NAME: In this photo made on May 22, 2019, a long queue of mountain climbers line a path on Mount Everest. About half a dozen climbers died on Everest last wee ...
Der Stau am Everest endete für 11 Bergsteiger tödlich. Bild: AP/@Nimsdai Project Possible

Jahrestag des Schreckens: «So kann es am Everest nicht weitergehen»

Overtourism auf dem Dach der Welt: Der Stau am Everest kostete 2019 schon elf Menschen das Leben. Am 66. Jahrestag der Erstbesteigung fordern Experten eine Begrenzung der Bergsteiger-Massen. Doch Nepal winkt ab.
29.05.2019, 19:29
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Es ist ein unrühmlicher Jahrestag. Heute vor genau 66 Jahren bestiegen Sherpa Tensing Norgay und Sir Edmund Hillary als erste Menschen den 8848 Meter hohen Mount Everest. Angesichts der aktuellen Bilder würden sich die Himalaja-Pioniere wohl im Grab umdrehen.

Explorers Sardar Tenzing Norgay of Nepal, left, and Sir Edmund Hillary of New Zealand who conquered Mount Everest in 1953, are in this 1953 handout photo. Hillary, the unassuming beekeeper who conquer ...
Sherpa Tensing (links) und Hillary bei der Erstbesteigung 1953.Bild: AP NZPA

Denn 2019 sorgen nicht heldenhafte Bergsteiger-Leistungen, sondern der grosse Alpinisten-Stau am Everest für Schlagzeilen. Der «Overtourism» am höchsten Berg der Welt hat fatale Folgen. In den letzten Tagen starben bereits 11 Bergsteiger auf dem Everest. Etliche davon, weil sie in der Menschenmenge stecken blieben und damit zu lange in der Todeszone über 8000 Meter warten mussten.

Der britische Bergsteiger-Influencer Robin Fisher warnte in seinem letzten Post seine 80'000 Follower auf Instagram, dass der Stau am Everest tödlich enden könne. Wenig später war er tot.

Unter den Opfern ist auch ein Mitglied einer Schweizer Expeditionsgruppe unter der Leitung von Bergsteiger-Legende Kari Kobler. Der 64-jährige Österreicher stürzte offenbar ab.

«Die restlichen Gruppenmitglieder sind wohlauf und befinden sich inzwischen auf der Rückreise», sagt Ruedi Kellerhals, Geschäftsführer von Kobler & Partner, zu watson. Ihre Gruppe habe den Everest von Norden her bestiegen und sei nicht in den Stau geraten, der sich auf der Südseite ereignet habe.

Die Bergsteiger müssen am Everest buchstäblich über Leichen gehen.
Die Bergsteiger müssen am Everest buchstäblich über Leichen gehen. bild: Elia Saikaly/instagram

Die Bilder vom Dach der Welt geben Globetrotter-Chef und Nepal-Kenner André Lüthi zu denken. Der Abenteurer ist schon 50 Mal in den Himalaya gereist. «Immer mehr Menschen suchen am Everest den ultimativen Kick. Die Tour-Unternehmen haben es auf die Spitze getrieben.»

«Ich hoffe, dass die Everest-Staubilder Bergsteiger abschrecken.»
André Lüthi, Globetrotter-Chef

Denn die Everest-Besteigung ist nicht nur ein Abenteuer, sondern auch ein grosses Geschäft. Kunden blättern bis zu 50'000 Franken für die Besteigung hin.

Und es werden immer mehr: Stellte die nepalesische Regierung in den 1990er-Jahren im Schnitt 60 Personen einen Permit für die Everest-Besteigung aus, sind es heuer 380. Dazu kommen nochmals so viele Sherpas. Nepal, eines der ärmsten Länder der Welt, ist auf die Einnahmen vom Himalaya-Tourismus dringend angewiesen.

Es brauche eine Begrenzung auf 250, so Lüthi. «Ich hoffe, dass die Stau-Bilder Leute abschrecken, die unbedingt auf den Everest wollen». So könne es am Everest nicht weitergehen.

Doch der nepalesische Tourismusminister Rabindra Adhikari will davon nichts wissen – im Gegenteil. Es sollen noch mehr Leute für «Vergnügen und Ruhm» in den Himalaja reisen, sagte er zur Nachrichtenagentur AP.

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Massenandrang am Mount Everest
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Massenandrang am Mount Everest
Eine Karawane auf dem Weg zum Gipfel: Am 19. Mai standen mehr als 150 Bergsteiger ganz oben auf dem Mount Everest.
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Schlange stehen für den höchsten Gipfel der Welt
Video: srf
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50 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Flexon
29.05.2019 20:08registriert Februar 2014
Der zynische Tourismusminister sagt eigentlich genau das Richtige. Es sollen noch mehr auf den Mt Everest, für Vergnügen und Ruhm (und dafür Kohle bringen). Who cares, es wissen alle genau was sie tun und Nepal ist eines der ärmsten Länder der Welt. Den Berg aus dem reichen Westen heraus regulieren zu wollen halte ich für Arrogant und fast schon imperialistisch. Bleibt doch einfach zuhause.
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demian
29.05.2019 20:05registriert November 2016
Muss doch jeder selber wissen, ob er das Risiko eingehen will. Sind schliesslich (zumindest die meisten) genug alt, um diese Entscheidung zu treffen.
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Joe "Ich schlug die Sozialisten" Biden
29.05.2019 19:40registriert Juli 2017
"Kunden blättern bis zu 50'000 Franken für die Besteigung hin."

Damit hat sich das erledigt: Es wird leider so weiter gehen.
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