Schweiz
International

Was droht Mitarbeitern, die in Risikoländer reisen?

Urlaub, unbezahlt oder Kündigung: Was droht Mitarbeitern, die in Risikoländer reisen?

Die arbeitsrechtlichen Folgen für Personen, die trotz Corona in Risikoländer reisen, sind unklar. Der Aargau hat dazu keine eigenen Regelungen erlassen, er folgt dem Bund. Theoretisch könnte eine Reise in ein Risikoland auch in einer Kündigung enden.
16.07.2020, 06:45
Raphael Karpf und Mireille Fluri / ch media
Mehr «Schweiz»
epa07806482 A woman checks her flight on a screen at El Prat airport in Barcelona, Spain, during the second day of strike held by Iberia's ground staff workers, 31 August 2019. According to the a ...
Wo soll's den hingehen?Bild: EPA

Angestellte Tausende Serben, Kosovarinnen oder Mazedonier leben im Aargau. Dazu kommen Secondos und Personen, die sich mittlerweile haben einbürgern lassen. Viele von ihnen fahren über den Sommer jeweils in die Heimat, um ihre Verwandten zu besuchen.

>>> Alle News zum Coronavirus im Liveticker.

Wie viele genau, lässt sich nicht sagen. Aber es sind genug, dass sich mehrere Aargauer Branchenverbände Gedanken dazu gemacht haben, wie sie mit der zehntägigen Quarantänepflicht für Rückreisende aus diesen Ländern umgehen sollen. Denn gesetzlich ist die Lage nicht ganz klar: In welchen Fällen muss einem Angestellten während seiner Quarantäne der Lohn ausbezahlt werden? Und darf jemandem, der in ein Risikoland reist, gekündigt werden?

Keine Lohnfortzahlungen in dieser Zeit, ausser ...

Der Aargau hat dazu keine eigenen Regelungen erlassen, er folgt dem Bund, schreibt Samuel Helbling vom Departement für Volkswirtschaft und Inneres. Ob jemand in einer solchen Quarantäne Anrecht auf Lohn hat, hänge davon ab, ob er zum Zeitpunkt seiner Abreise von der Quarantänepflicht wusste. «Wenn jemand nach dem 6. Juli 2020 in ein Risikogebiet abreist, besteht während der Quarantäne kein Anspruch auf Erwerbsentschädigung», so Helbling.

Ist der Arbeitnehmer aber vor dem 6. Juli abgereist oder reist er aus triftigen Gründen (etwa für den Besuch eines sterbenden Angehörigen), so kann er eine Erwerbsentschädigung beantragen. Die Ausgleichskasse entscheidet dann von Fall zu Fall. Dasselbe gilt für Angestellte, die während der Quarantäne im Homeoffice arbeiten können.

Am stärksten dürfte es die Baubranche treffen

In den verschiedenen Branchen hält man sich denn auch mehrheitlich an diese Vorgaben. Wobei die einzelnen Branchen ganz unterschiedlich betroffen sind. Am stärksten dürfte es die Baubranche treffen. So stammen etwa bei der Ernst Frey AG, einem Bauunternehmen mit 330 Mitarbeitern aus Kaiseraugst, über 35 Personen aus einem der Risikoländer. «Wir haben alle Mitarbeiter über die neue Ausgangslage informiert und appellieren an ihre Vernunft», sagt Personalleiterin Nicole Zimmermann.

Wer dennoch in ein Risikoland in die Ferien reist und anschliessend in Quarantäne muss, muss für diese Zeit unbezahlten Urlaub nehmen. Ähnlich handhaben es die Erne AG, ein Bauunternehmen aus Laufenburg, und die Implenia AG, das grösste Schweizer Bauunternehmen. Nebst der Baubranche ist auch die Gastrobranche betroffen. Auch dort gilt: Die Mitarbeiter werden informiert, wer dennoch in ein Risikoland verreist, muss für die Quarantäne Ferien oder unbezahlten Urlaub nehmen. Gleiches gilt übrigens auch für Angestellte des Kantons, falls diese nicht im Homeoffice arbeiten können.

Reise in ein Risikoland könnte ein Kündigungsgrund sein

Theoretisch könnte eine Reise in ein Risikoland auch in einer Kündigung enden. Sämtliche angefragten Unternehmen betonen jedoch, dass sie diesen Schritt nicht in Betracht ziehen. Beat Berchtold, Direktor der Aargauer Industrie- und Handelskammer, schreibt dazu: «Gerade wenn ein Mitarbeiter trotz entsprechender Warnung und ohne sachlichen Grund (etwa die Beerdigung von Verwandten) in ein Risikoland reist und er in der Folge zehn Tage in Quarantäne muss, kann dies unter Umständen eine Kündigung rechtfertigen, da die Arbeitsverhinderung verschuldet ist.»

Berchtold betont aber auch, dass Arbeitgeber in einem solchen Fall besser Nachsicht walten lassen würden und es bei einer Verwarnung belassen sollten. Solange es keine Gerichtsurteile zu solchen Fällen gibt, lässt sich die Frage rechtlich nicht abschliessend beantworten. (aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Flugzeug-Passagiere des Grauens
1 / 23
Flugzeug-Passagiere des Grauens
Auf Facebook teilenAuf X teilen
«Ich habe Respekt davor»: Deshalb fliegen diese Passagiere trotz Corona in die Ferien
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
10 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Irene Adler
16.07.2020 07:15registriert Mai 2020
Kurz zusammengefasst: wer in ein Risikoland reist, wird gekündigt. Oder nicht.
8725
Melden
Zum Kommentar
avatar
so wie so
16.07.2020 09:31registriert Juli 2015
In der Schweiz besteht allerdings auch die Kündigungsfreiheit. So lange keine Unzeit vorliegt (Krankheit, Schwangerschaft, Militär etc), darf ein Arbeitgeber seinen Mitarbeiter ,ohne Angaben von Gründen, fristgereicht kündigen.
391
Melden
Zum Kommentar
avatar
Gatekeeper
16.07.2020 07:20registriert März 2015
Wer in ein Risikoland reist, ist selber schuld...
281
Melden
Zum Kommentar
10
Neuer Streik gegen Meloni: Verkehrsbehinderungen und Demonstrationen in Rom und Mailand

Mit einem landesweiten Streik haben Gewerkschaften in Italien erneut gegen die Rechtsregierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni mobil gemacht. Vor allem in Grossstädten wie Rom und Mailand kam es wie bereits Ende November zu grösseren Behinderungen.

Zur Story