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Action in der Schweiz: Was der neue Discounter für Kunden bedeutet

Action Discounter Innenansicht
So sieht eine Action-Filiale von Innen aus.Bild: zvg
Interview

«Action ist unterste Preislage. Tiefer geht’s nicht mehr» – Experte über neuen Discounter

Der niederländische Nonfood-Discounter Action will in die Schweiz expandieren. Was das für die hiesigen Detailhändler und die Kundschaft bedeutet und welche Hürden der Discounter in der Schweiz überwinden muss, sagt HSG-Professor Thomas Rudolph im Interview.
29.10.2023, 15:5031.10.2023, 08:30
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Putzmittel, Kosmetika, Haushaltsgeräte, Deko, Kleidung, Spielzeug, Snacks – diese Produktpalette bietet der niederländische Discounter Action bereits in elf Ländern an. Und das zu sehr tiefen Preisen. Als zwölftes Land will Action nun auch die Schweiz erobern. Wie CH Media vergangene Woche schrieb, hat das Unternehmen in Basel eine Tochterfirma gegründet: die Action Switzerland GmbH.

Wann die erste Action-Filiale in der Schweiz eröffnet wird, steht derzeit noch offen. Thomas Rudolph, Betriebswirtschaftsprofessor an der HSG, wagt schon jetzt eine Prognose, was die Schweiz mit dem Billigdiscounter erwartet.

Thomas Rudolph, waren Sie schon mal in einem Action-Geschäft?
Thomas Rudolph:
Ja, im Ausland. Dies auch aus professioneller Neugier, da Action dort bereits sehr erfolgreich ist.

Wie war Ihr Eindruck?
Ich war überrascht über das riesige Angebot. Dabei handelt es sich in erster Linie um Nonfood-Produkte. Aber auch die Preise sind mir aufgefallen. Mit diesen lockt Action die Kundschaft im Ausland in seine Filialen. Action ist unterste Preislage. Tiefer geht’s nicht mehr, aus Sicht der Konsumenten. Von seinen 6000 Produkten kosten etwa 1500 Artikel nur einen Euro. Trotzdem schafft es der Discounter noch 10 Prozent Rendite abzuwerfen. Das ist bemerkenswert und schaffen nur wenige Unternehmen. Darum kann man sagen: Action hat ein sehr erfolgreiches Retail-Konzept.

Thomas Rudolph, HSG Professor
Thomas Rudolph, Direktor des Instituts für Handelsmanagement an der Universität St. Gallen.Bild: PD

Wie kann ein Unternehmen solche Preise anbieten und dadurch auch noch Gewinn machen?
Man muss sich schon fragen, wo diese Produkte herkommen und unter welchen Umständen sie produziert werden. Das allein erklärt die Preise aber nicht. Action gibt es seit 30 Jahren. In dieser Zeit hat das Unternehmen sich ständig weiterentwickelt und seine Prozesse optimiert. Es setzt vor allem auf Einkäufe in sehr grossen Mengen. Weiter gibt der Discounter deutlich weniger Geld für Personal aus, als beispielsweise Migros oder Coop – weil er schlicht und ergreifend weniger Personal braucht.

Warum braucht Action weniger Personal?
Einerseits, weil Nonfood-Produkte weniger «Betreuung» brauchen. Es gibt beispielsweise keine Frischetheke und auch der logistische Aufwand ist bei Produkten, die keine Kühlung verlangen, geringer. Andererseits spart sich der Discounter Kundenberatung und die Präsentation seiner Produkte. Die Artikel landen direkt von der Palette im Laden. Action muss so niemanden dafür bezahlen, die Waren schön in Szene zu setzen oder das Schaufenster zu gestalten.

Zur Person
Thomas Rudolph ist Professor für Marketing und Internationales Handelsmanagement und Direktor des Instituts für Handelsmanagement an der Universität St. Gallen (HSG). Sein Forschungsschwerpunkt liegt unter anderem auf Kauf- und Konsumverhalten. In der Vergangenheit hat Rudolph die Auswirkungen des Markteintritts von Lidl und Aldi in der Schweiz untersucht.

Glauben Sie, dass Action mit diesem Konzept in der Schweiz Erfolg haben wird?
Darüber wird die Kundschaft mit ihren Einkäufen abstimmen. Natürlich gibt es auch hierzulande Leute, die gerne 1-Franken-Produkte kaufen. Aus Studien weiss man aber, dass die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten qualitätsbewusster sind als im Ausland. Verhebt ein Billigartikel nicht, kommen die Schweizer Kunden nicht mehr wieder. Es wird für Action darum schon eine Herausforderung, sich an die Schweizer Bedürfnisse anzupassen.

Ist das auch der Grund, warum Action erst jetzt einen Anlauf in der Schweiz versucht?
Das ist schwer zu sagen. Ein Markteinstieg im Ausland ist immer und in allen Ländern ein Hochrisikogeschäft. 50 Prozent der Expansionsvorhaben scheitern. Die Schweiz hat aber noch ein paar weitere Eigenheiten, die den Einstieg erschweren.

Die wären?
Einerseits ist die Schweiz ein sehr kleines Land. In anderen Ländern ist das Umsatzpotenzial viel grösser, auch wenn in der Schweiz die Kaufkraft als hoch gilt. Andererseits fallen die drei verschiedenen Sprachregionen ins Gewicht, was bedeutet, dass Produkte und Marketing übersetzt werden müssen. Kommt hinzu: Die Schweiz ist teuer. Mietpreise für Ladenflächen und Personalkosten sind hierzulande deutlich höher als im Ausland. Weitere Eigenheiten gibt es dann auch noch bezogen auf die Produkte. Die Schweiz hat etwa andere Steckdosen als der Rest der EU, was man beim Verkauf von Elektronik beachten muss.

Können Sie ein paar Beispiele von Marken nennen, die bei der Expansion in die Schweiz gescheitert sind?
Es gibt unzählige Beispiele: OVS, Carrefour, der Quelle Versand, der es kurz geschafft zu haben schien, sich nach ein paar Jahren aber wieder zurückziehen musste. Oder auch Burger King und McDonald’s, die einen zweiten Anlauf brauchten.

Bekannte Discounter, die die Schweiz-Expansion geschafft haben, sind Aldi und Lidl. Wie ist ihnen das gelungen?
Anders als in den Ländern, in denen sie davor schon Erfolg hatten, setzten Lidl und Aldi in der Schweiz von Anfang an auf ein Schweizer Sortiment mit lokalen Produkten und ein Marketing, das sich auf die «Frische» ihrer Produkte und weniger auf ihre günstigen Preise fokussierte. Das kam gut an.

Action als Nonfood-Discounter wird aber nicht darauf setzen können.
Ja, darum bin ich gespannt, wie es Action gelingen wird, die Kunden von sich zu überzeugen. Wegen der Inflation hat das Unternehmen aber einen guten Zeitpunkt gewählt. Der Spardruck in der Bevölkerung ist grösser und damit auch das Interesse an einem Discounter.

Wenn sich Action durchsetzt: Welche Händler müssen sich Sorgen machen? Migros? Coop? Ottos? Müller?
Das ist nicht einfach vorherzusagen, weil es einen Nonfood-Discounter dieses Kalibers in der Schweiz noch nicht gibt. Wahrscheinlich werden es alle Detailhändler ein wenig spüren. Besonders Nonfood-Läden und Textilhändler. Das aber auch erst nach einigen Jahren. Wenn die Kundschaft etwa merkt, dass man bei Action für einen Franken ein gutes Shampoo erhält, steigt ihre Erwartung an die anderen Händler.

Ist es für Kundinnen und Kunden demnach erfreulich, dass Action in die Schweiz kommen will?
Vielleicht, ja. Aber wahrscheinlich wird der Einfluss von Action deutlich geringer sein, als viele aufgrund der Erfahrung mit Lidl und Aldi annehmen würden. Die Situation ist heute anders als noch vor zehn oder 15 Jahren. Als stationärer Laden mag Action eine Marktlücke bedienen, online aber versorgen zahlreiche Anbieter diesen Markt in der Schweiz schon lange: AliExpress, Wish, Temu, um nur einige zu nennen. Die Wettbewerbsintensität ist sehr hoch, ganz besonders gemessen an der Bevölkerungszahl und -dichte in der Schweiz. Wir haben eher zu viele Anbieter als zu wenige.

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227 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Linus Luchs
29.10.2023 16:12registriert Juli 2014
Das Angebot von "Action" kann unmöglich nachhaltig sein, und was wir definitiv nicht gebrauchen können, ist ein Zunahme von ökologisch und sozial skrupellos produzierter Billigware.
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Graf von Rüdesheim
29.10.2023 16:44registriert Februar 2022
"Mann muss sich schon fragen, woher die Produkte kommen.." Das alte Märchen schon wieder. Also wenn ich eine Bratpfanne in der Migros umdrehe steht da Made in China. Auf meiner letzten von Aldi steht da Made in Italy. Wusste gar nicht, dass Italien in Sachen Menschenwürde hinter China ansteht. Und ja der Bonus war, die Pfanne aus Italien gabs günstiger.
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neb66
29.10.2023 16:10registriert Juni 2015
Immer günstiger und billiger das sich sicher jede/r was leisten kann was er oder sie gar nicht braucht.
Augen schliessen zu herkunft und produktionsart. Sehr gut. 👍😥
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