Lindt & Sprüngli ist eine Marketingmaschine. Jährlich investiert das Unternehmen mit Sitz in Kilchberg ZH erhebliche Summen, um seine Produkte ins beste Licht zu rücken – ein Trumpf, den Lindt im vergangenen Jahr mit dem Ende der Corona-Massnahmen wieder voll ausspielen konnte.
Erstmals schaltet Lindt beispielsweise in den USA eine speziell auf die dortige Kundschaft zugeschnittene TV-Werbekampagne. Diese soll die Amerikanerinnen und Amerikaner, die hauptsächlich Milchschokolade konsumieren, von den Vorzügen dunkler Schokolade überzeugen. Damit soll der Absatz in Nordamerika nochmals steigen. Letztes Jahr kletterte dieser um 15 Prozent.
Auch die Chinesen griffen wieder öfter zu Lindt-Produkten. In diesem Markt erzielte Lindt ein Umsatzplus von 18.3 Prozent. Im Reich der Mitte setzt Konzernchef Adalbert Lechner auf eine Tiktok-Werbekampagne mit bekannten Influencern.
Insgesamt verkaufte Lindt letztes Jahr Süssigkeiten im Wert von 4.97 Milliarden Franken, wie das Unternehmen am Dienstag vor den Medien bekannt gab. Daraus zog Lindt einen Reingewinn von 570 Millionen Franken (+15.9 %) und ist auch hier zurück auf dem Vorkrisenniveau. Der wichtigste Markt für Lindt bleibt Europa, die USA holen jedoch stark auf. Besonders beliebt sind in den USA «Lindor»-Kugeln und Milchschokolade. Ebenfalls eine stark wachsende Nachfrage gibt es in Brasilien, Japan und China.
Mit dem soliden Ergebnis ist die Corona-Delle, die sich im Jahr 2020 im Jahresergebnis bemerkbar machte, definitiv überwunden. Treiber des letztjährigen Wachstums war vor allem die Teuerung, die Lindt an die Kundschaft weitergeben konnte. Die Zahlen zeigten, dass die Kundschaft «vernünftige» Preiserhöhungen akzeptiere und der Marke treu bleibe, schreibt Lindt.
Ein Grossteil des Umsatzwachstums von 10.8 Prozent entfällt auf höhere Preise, ein kleinerer Teil auf tatsächlich zusätzlich verkaufte Produkte. Bei der zweiten Kategorie half Lindt vor allem der wieder anziehende Tourismus. Zudem haben sich nach Corona die Verhaltensmuster wieder normalisiert: Die Kundschaft verschenkt nicht nur wieder mehr Schoggi, sie kauft auch wieder selber mehr für den Eigenverbrauch.
Das gilt auch für die Schweiz. Hier verkaufte Lindt letztes Jahr 15 Prozent mehr Schokolade und setzte insgesamt 407 Millionen Franken um. Wichtig seien hierzulande kleine Packungen wie die Lindt-Squares oder Trend-Produkte wie Schoggi mit weniger Zucker oder vegane Alternativen.
Dank Effizienzsteigerungen habe man stark ansteigende Rohstoffkosten abmildern können, betonte Finanzchef Martin Hug. Zeitweise kosteten Milch oder Zucker doppelt so viel wie noch vor dem Krieg in der Ukraine. Weniger betroffen war der Preis für Kakao, der jedoch zuletzt auch anzog.
Direkt betroffen war der Schoggi-Riese von den Sanktionen gegen Kriegstreiber Russland. Lindt führte dort acht eigene Läden und beschäftigte 125 Mitarbeitende. Im März 2022 fror Lindt das Geschäft ein, im August gab der Konzern bekannt, das Russland-Geschäft gänzlich zu liquidieren. Ein verkraftbarer Schritt: Die Verkäufe in Russland tragen nur ein Prozent zum Gesamtumsatz bei.
Im Jahresbericht wird nun ersichtlich, wie viel Lindt die Liquidation kostet. 3.1 Millionen Franken müssen zurückgestellt werden, hinzu kommen Liquidationskosten im Umfang von 3.5 Millionen Franken. Ins Russland-Geschäft eingestiegen war Lindt vor rund zehn Jahren.
Den Ausstieg kann Adalbert Lechner, der im Oktober von Dieter Weisskopf als CEO übernommen hat, problemlos verkraften. Im Fokus des Österreichers, der seit 30 Jahren im Konzern arbeitet und das wichtige Deutschland-Geschäft aufgebaut hat, stehen die Märkte Nordamerika und Asien. Auch er machte vor den Medien klar, wie wichtig es für den Konzern ist, konstant grosse Summen in die Werbung investieren zu können. Vor diesem Hintergrund war der Abzug aus Putins Reich folgerichtig: Nichts schadet einer gut geölten Marketingmaschine mehr als international geächtete Geschäfte. (aargauerzeitung.ch)