Herr Hermann, der neue Präsident in den USA heisst Donald Trump. Welche Bedeutung hat seine Wahl für uns?
Michael Hermann: Zunächst wirkt sich der Sieg auf die Stimmung aus. Viele Menschen in der Schweiz haben in den letzten Monaten den US-Wahlkampf hautnah mitverfolgt. Am Mittwochmorgen sind sie aufgewacht und erleben ein Déjà-vu. Der Schock ist nicht mehr ganz so gross wie 2016, als Trump erstmals ins Weisse Haus eingezogen ist. Dennoch ist eine grosse Mehrheit der Schweizer Bevölkerung gemäss Umfragen gegen Trump. Entsprechend gross ist die Konsternation.
Inwiefern?
Die Bevölkerung der USA hat jemanden zu ihrem Präsidenten gewählt, der seine Abwahl vor vier Jahren nicht akzeptieren wollte und alle Hebel in Gang setzte, den Wahlausgang zu manipulieren. Schon während seiner Amtszeit zeigte er grosse Bewunderung für die Autokraten dieser Welt. In der Schweiz dagegen gehört die Demokratie zum Kern der Identität. Wenn nun in den USA, der wichtigsten Demokratie, jemand gewählt wird, von dem man nicht weiss, ob er den Autokraten näher steht als seinen demokratischen Partnern, dann macht das betroffen.
In den USA hat der Populismus obsiegt. Wie wirkt sich das auf die politische Kultur der Schweiz aus?
Es besteht das Risiko, dass das nachgeahmt wird. Die Botschaft von Trumps Sieg ist ja: Grenzüberschreitendes Verhalten wird belohnt und nicht bestraft. Neben allem anderen ist er ja auch mit seinem Sexismus und Rassismus durchgekommen. Das dürfte auch bei uns nochmals die Hemmschwellen senken und die Grenzen dessen, was akzeptabel ist, verschieben. Einen wichtigen Unterschied sehe ich jedoch. Mit Trump hat der Typus der vermeintlich starken Männer gewonnen. Und dieser Typus der «Strongmen» hat einen schweren Stand im Politsystem Schweiz.
Warum?
Nur schon, weil wir sieben gleichberechtigte Bundesräte haben. Eine starke Figur mit autoritären Zügen kann sich hier nie so gut in Szene setzen. Unser System und unsere politische Kultur sind immun gegen allzu dominante Figuren. Am nächsten an diese Rolle ist Christoph Blocher gekommen – mit bekanntem Ende. Und nach der Abwahl ist dem SVP-Doyen kein Comeback à la Trump gelungen.
Aber die SVP erhält doch Auftrieb durch Trumps Wahlsieg.
Ja. Im ersten Moment stärkt sein Sieg die rechten Kräfte. Denn es gilt: Wer gewinnt, hat recht. Es dürfte sich jedoch eher auf die Art des Politisierens auswirken als auf die Wähleranteile. Die SVP schöpft ja momentan auch ohne Trump ihr Potenzial gut ab. Ohnehin sind in Europa die rechtspopulistischen Kräfte im Aufwind. Die mittelfristige Wirkung kann aber auch eine gegenteilige sein.
Weshalb?
Trump ist vor allem in Westeuropa ein Weckruf, denn hier ticken die Menschen anders, und viele wollen dem etwas entgegensetzen. So verzeichnete etwa die SP nach dem Wahlsieg 2016 einen starken Zuwachs an Mitgliedern. Wichtiger jedoch: Danach folgte in Europa eine der progressivsten Phasen.
Lässt sich schon sagen, was die realpolitischen Folgen für die Schweiz sind?
Bei Trump, der so erratisch ist, ist das Risiko durchaus gegeben, dass etwas aus dem Ruder läuft, auch wirtschaftlich, insbesondere, weil er ja Mehrheiten in beiden Kammern hat. Er traut sich jetzt alles zu, und er hat, anders als 2016, seine internen Kritiker aus dem Weg geräumt.
Hinweis: Dass die Republikaner die Mehrheit in beiden Kammern haben werden, ist wahrscheinlich, aber noch nicht definitiv. Noch laufen die Auszählungen in verschiedenen Provinzen und die Demokraten könnten die Republikaner theoretisch noch überholen.
Hier geht es zu den aktuellen Resultaten.
Falls Trump wie angekündigt das transatlantische Bündnis schwächt, muss Europa mehr in die Sicherheit und Armee investieren. Wird auch die Schweiz Farbe bekennen müssen?
Der Ukraine-Krieg hängt in der Tat wie ein Damoklesschwert über uns. Doch ich zweifle, dass die Schweiz sich nun hochrüstet.
Warum nicht?
Die Debatte droht im Sand zu verlaufen. Das hat sich schon in der Ukraine-Frage gezeigt. Viele haben es halt doch im Hinterkopf: Wir sind im Herzen von Europa und sehr froh, um uns befreundete Staaten zu haben. Die Schweiz ist eine klassische Trittbrettfahrerin. Auch hat die Armee eine weniger mächtige Lobby als viele andere Bereiche. Es gibt viele divergierende Interessen und Vorstellungen. Besonders in dieser Zeit, wo der Bund sparen muss.
Dann bleibt es im Ukraine-Krieg für die Schweiz ohne Folgen, wenn Putins Buddy Trump an die Macht kommt?
Es gibt ein ganz reales Risiko, dass sich Russland bestärkt sieht, weiter in den Westen der Ukraine vorzurücken. Besonders, wenn Trump seine Drohung wahrmachen sollte und die finanzielle Unterstützung für das Land zurückfahren wird. Wenn das passiert, würden Millionen mehr aus dem Land flüchten, und das hätte dann auch für die Schweiz sehr gravierende Folgen.
Das würde auch den Druck in der Schweiz auf Schutzsuchende aus der Ukraine erhöhen.
In der Tat. Bereits heute möchten die bürgerlichen Parteien die Schraube anziehen und ukrainische Flüchtlinge unter gewissen Bedingungen zurückschicken können. Am weitesten geht hierbei die SVP. Doch Putin und Trump, die ja vor allem rechts positiv gesehen werden, könnten einen Strich durch die Rechnung machen. Wenn die neue US-Regierung Russland indirekt ermutigt, in der Ukraine vorzurücken, verschärft sich bei uns die Flüchtlingsfrage. So einfach ist das. Doch mehr Migration hat der SVP politisch noch nie geschadet. (aargauerzeitung.ch)
Der Stil aber ist unentschuldbar. Amerika hat sich zu einer Bananenrepublik degradiert. Es ist kein Rechtsstaat mehr. Denn in einem Rechtsstaat da gelten für alle die selben Gesetzt.
Der Schaden der Trump anrichtet kommt nicht von seinen politischen Aktionen sondern von seiner Demontage des Gesellschaftsvertrages.
Das Oberste in einer Demokratie ist die Suche nach Wahrheit und Vertrauen. Trump ist im höchsten Masse nicht ehrlich und nicht vertrauenswürdig.
Es wäre allerhöchste Zeit, zu erwachen!