Schweiz
International

CEO von Schweizer Tech-Firma Proton kritisiert Europa

CEO von Schweizer Tech-Firma: «Die Europäer sind nicht naiv, sondern dumm»

Europa habe den Eintritt ins Tech-Zeitalter verschlafen, findet Andy Yen, Gründer und CEO der Schweizer Techfirma Proton. Er fordert gesetzliche Vorgaben, um den Kauf und die Nutzung europäischer Technologien zu fördern – und unabhängiger zu werden.
09.02.2025, 06:4510.02.2025, 07:50
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Yen, der 2014 das verschlüsselte E-Mail-Programm ProtonMail gegründet hat, erklärte im Gespräch mit der «SonntagsZeitung», dass Europa lange durch seine historisch starke Industrie führend gewesen sei. Seit den 2000er-Jahren sei jedoch Tech zum entscheidenden Wirtschaftsmotor geworden – ein Wandel, den Europa verpasst habe.

Andy Yen, CEO und Mitgründer von Proton Technologies AG, Genf.
Andy Yen ist CEO von Proton.Bild: Wikimedia Commons (CC BY 3.0)

Europa habe zudem die Prioritäten falsch gesetzt, indem es anstatt selbst zu investieren, ausländische Technologien zu niedrigen Kosten einkaufte, um kurzfristige Kosteneinsparungen zu erzielen. «Tech-Überflieger wie OpenAI oder Deepseek entstehen nicht in Europa, sondern in den USA oder in China», sagte Yen weiter.

Ein weiteres Problem sei die Abhängigkeit von amerikanischen Technologien. Europäische Institutionen und Regierungen bezögen ihre Cloud-Infrastruktur und Software weitgehend von Unternehmen wie Microsoft, Google und Amazon. «Die Schweiz und Europa sind heute Kolonien der USA», wird der Proton-Gründer weiter zitiert.

Das hänge auch damit zusammen, dass in den USA und in China eine ganz andere Mentalität herrsche. Die beiden Staaten würden Europa nicht fair behandeln, wenn es um Marktzugänge und Privilegien von einheimischen Unternehmen gehe. In China gelte seit jeher «China first», europäische Firmen könnten in gewissen Wirtschaftsbereichen gar nicht am chinesischen Markt teilnehmen.

Und in den USA mit Präsident Trump sei nun ebenfalls wieder der Protektionismus und damit «USA first» auf dem Vormarsch. Die Europäer würden irrigerweise glauben, dass die beiden Grossmächte sie «fair behandeln» würden, wenn sie das ihrerseits täten. Das sei «nicht naiv, sondern dumm», so Yen unmissverständlich.

Yen sieht für die Schweiz in der aktuellen Situation aber eine Chance, durch konsequente Förderung lokaler Tech-Produkte eine führende Rolle einzunehmen:

«Für die Schweiz könnte das sogar zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden: Wenn sie vorangeht und einen sehr starken heimischen Technologiesektor aufbaut, werden Europäer in zehn Jahren hier ihre Tech-Services einkaufen.»

(con/sda)

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182 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Alex747
09.02.2025 08:27registriert Oktober 2019
Yen sagte auch, dass Europa von einer falschen Prämisse der Fairness ausgehe. In China gilt „China first“ seit je, in den USA auch, jetzt unter Trump wird das offen zugegeben. In Europa dagegen ist nur ein Gedanke an „Europa first“ schon ein Tabu. Insbesondere in Deutschland. Und deutschland prägt leider Europa. Europäer haben Ergeiz, Energie und einen positiven Tatendrang verloren, „think big“ ist ein Fremdbegriff für uns. Anstatt Probleme konstruktiv anpacken, wir Europäer kritisieren, jammern, uns bemitleiden und beschuldigen die halbe Welt. Westeuropa demontiert sich selbt. Warum??
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21ishalfthetruth
09.02.2025 10:11registriert September 2018
Seit Jahren (zahlender) Kunde von Proton. Mail, Cloud, VPN. Entscheidender Faktor war: schweizer Produkt
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Janster
09.02.2025 09:15registriert März 2021
Vor allem beim Thema Cloud-Infrastruktur hat der Mann Recht. Da hast du die Wahl zwischen Microsoft, AWS und Google. Und wer garantiert wirklich dass die Daten dort sicher sind? Und was mir auch gewaltig auf den Geist geht sind die teilweise dreisten Preiserhöhungen, die man einfach hinzunehmen hat, wenn man mal in der Cloud ist. Und die dienen nur dazu Reiche noch reicher zu machen.
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