Am Sonntag wandte sich das Spital Wallis mit einer dramatischen Mitteilung an die Öffentlichkeit. Darin hiess es, die Zahl der Spitalaufenthalte habe sich seit dem 16. Oktober täglich verdoppelt. «Die Schnelligkeit und die Zunahme der Fälle mit Komplikationen ist alarmierend.» Das Spitalzentrum des französischsprachigen Wallis sei bereits gezwungen, innerhalb von nur drei Tagen von Stufe eins auf Stufe zwei (von insgesamt vier) seines Notfallplans zu wechseln.
Nicolas Troillet, Leiter Infektionskrankheiten im Spital Wallis und stellvertretender Kantonsarzt, beobachtet die Entwicklung mit Besorgnis. Vier von insgesamt 13 Operationssälen im französischsprachigen Spitalzentrum mussten schliessen, damit die Bettenkapazität erhöht werden konnte. Im Interview mit watson sagt Troillet, wie die kommenden Tage und Wochen für das Wallis aussehen und was andere Kantone von der Lage im Bergkanton lernen können.
Herr Troillet, die Zahlen der Spitalaufenthalte hat sich im Kanton Wallis in den letzten Tagen alle 24 Stunden verdoppelt. Was ist passiert?
Die erhöhten Hospitalisierungen sind ein Abbild davon, was ausserhalb der Spitäler passiert: Es stecken sich sehr viele Leute mit Covid-19 an. Wir haben diese Zahlen in den vergangenen Wochen beobachtet und damit gerechnet, dass früher oder später wieder mehr Personen hospitalisiert werden müssen.
Warum steigen die Zahlen im Kanton Wallis so stark an? In den letzten 14 Tagen haben sich pro 100'000 Einwohner 799 Personen angesteckt. In der gesamten Schweiz waren es 321.
Wir haben momentan viele neue Fälle. Warum das so ist, kann ich nicht sagen. Es gab nicht einen speziellen Event, der als Auslöser für diese Situation gilt. In den vergangenen Wochen sahen wir, wie schnell eine Region zum Hotspot werden kann. Zuerst war es der Kanton Genf, dann die Waadt. Und jetzt sind wir es. Gut ist immerhin, dass wir viel testen und einen Grossteil der Fälle entdecken. Die Positivitätsrate lag in den vergangenen Tagen bei über 25 Prozent.
Auf der Homepage des Spital Wallis werden die täglichen Einweisungen und Aufnahmekapazitäten gemonitort. Warum hat man sich für diese transparente Kommunikation entschieden?
Weil es eine wichtige Botschaft für die Bevölkerung ist: zu sehen, wie es um die aktuelle Situation steht. Wir sind darauf angewiesen, dass die Leute den Ernst der Lage erkennen und sich an die Massnahmen halten. Nur so können wir verhindern, dass die Hospitalisierungszahlen nicht weiter ansteigen. Diese Transparenz ist eine gute Sache. Warum sollte man diese Zahlen verstecken. Ich würde jedem anderen Kanton ein solches Monitoring ebenfalls empfehlen.
In der ersten Welle litt das Tessin am meisten unter den hohen Covid-Erkrankten. Wird das Wallis das Tessin der zweiten Welle?
Es stimmt, dass es im Wallis momentan sehr viele Fälle gibt. Aber es ist nicht so, dass sich von unserem Kanton aus die Krankheit weiterverbreitet. Die Zahlen steigen generell in der ganzen Schweiz und es gibt auch anderswo immer wieder Cluster – im Kanton Schwyz zum Beispiel oder Neuenburg. Darum kann man kaum mit dem Finger auf einen Ort zeigen und sagen, dass es dort am schlimmsten ist.
In der Klinik Saint-Amé wurde ein Cluster entdeckt. Ein Patient hat sieben weitere mit dem Coronavirus angesteckt. Wie kam es dazu?
Ein Patient hat sich im Krankenhaus mit Covid-19 angesteckt. Wie genau, ist sehr schwierig herauszufinden. Es kann über einen Besucher passiert sein oder über jemanden, der im Spital arbeitet – und das trotz den geltenden Sicherheitsmassnahmen.
Im französischsprachigen Wallis befinden sich die Spitäler bereits auf Stufe zwei des Notfallplans. Was bedeutet das?
Wir monitoren jeden Tag, wie viele Personen bereits hospitalisiert sind und wie viele neu eingewiesen werden. Ab einer bestimmten Zahl braucht es mehr Betten und eine Anpassung der Kapazitäten. Stufe zwei bedeutet, dass wir in den Spitälern im französischsprachigen Wallis die Bettenkapazität erweitern mussten. Zudem mussten wir schon einige Operationssäle schliessen.
So geschah es auch schon bei der ersten Welle: Plötzlich brauchten die Spitäler mehr Betten und geplante Operationen mussten verschoben werden. Sind wir wieder am selben Punkt wie im Frühling?
Nein. Inzwischen wissen wir mehr über das Virus und wir haben bessere Behandlungsmöglichkeiten. Es gibt insbesondere zwei Medikamente, mit denen wir die Patienten besser behandeln können. Es ist noch nicht die Wundermedizin, aber es sieht so aus, dass damit weniger Personen eine Intensivbehandlung benötigen und früher aus dem Spital entlassen werden können.
Was für Medikamente sind das?
Das eine ist ein anti-virales Medikament, das andere ein Corticosteroid. Sie gelten in der medizinischen Welt als vielversprechend und kommen nicht nur in der Schweiz, sondern rund um den Globus vermehrt zum Einsatz.
Während der ersten Welle waren es vor allem Ältere und Risikopersonen, die Intensivpflege benötigten. Hat sich das verändert?
Wir vermuten, dass es ähnliche Patienten sind, die Intensivpflege brauchen, wie im Frühling. Also ältere Personen und solche mit einer Vorerkrankung. Noch können wir das aber nicht mit Gewissheit sagen, da wir momentan erst fünf Personen auf der Intensivstation haben.
Wird es wieder dazu kommen, dass Spitäler die Patienten triagieren müssen? Oder kommt es zu einer Knappheit an Beatmungsgeräten?
Das hoffe und denke ich nicht. Selbst während der ersten Welle konnten wir alle Patienten, die Intensivpflege benötigten, behandeln. Es war sogar möglich, dass wir Covid-Erkrankte aus Frankreich in unseren Spitäler übernehmen konnten. Jetzt gibt es zudem noch eine nationale Koordination der Intensivstationen. Wenn es irgendwo nicht genug Platz hat, kann ein Patient an einem anderen Ort behandelt werden. Wir sind also insgesamt besser aufgestellt als noch vor einigen Monaten.
Während der ersten Welle gab es in den Spitäler einen Mangel an Masken. Wie sieht es jetzt aus?
Im Frühling mussten wir beim Material sparen. Das ist jetzt aber kein Problem mehr. Wir haben einen Vorrat an Schutzausrüstung, der für drei Monate reicht. Und wir können kontinuierlich neues Material bestellen.
Reicht das medizinische Personal in den Spitälern aus? Auch das kann krankheits- oder quarantänebedingt ausfallen. Oder in den kommenden Wochen wegen der saisonalen Grippe im Bett liegen.
Wenn es eng wird in den Spitälern, heisst das, dass unsere Spezialisten von ihren üblichen Behandlungen abgezogen werden und uns mit den Covid-Patienten unterstützen können. Zudem empfehlen wir natürlich unserem Personal, sich gegen die Grippe impfen zu lassen. Sollten zu viele Leute in Quarantäne geschickt werden, haben wir die Erlaubnis vom Kantonsrat, die Leute trotzdem arbeiten zu lassen – sofern sie nicht krank sind.
In einer Mitteilung schreibt das Spital Wallis, dass man sich darauf vorbereitet, nicht überfordert zu werden. Besteht die Gefahr einer Überforderung?
Wenn ich sehe, wie sich die Zahlen ausserhalb der Spitäler entwickeln, bin ich nicht gerade optimistisch. Die neuen Massnahmen, die der Bundesrat am Sonntag kommuniziert hat, müssen nun angewandt werden. Ob sie nützen, sehen wir erst in zwei Wochen. Bis dahin gehe ich davon aus, dass die Hospitalisierungszahlen weiter ansteigen werden. Darauf müssen wir und die Spitäler in anderen Kantonen vorbereitet sein.
Das heist eben genau, dass ein grosser Teil der Fälle nicht erkannt wird.
Es sind also offenbar nicht nur die vergnügungssüchtigen Städter, welche sich unverantwortlich verhalten haben.
Zufall dass sie jetzt als erste mitteilen dass sie am Limit sind?
Ein Schelm wer böses dabei denkt.