Die Post ist unter Druck: Das Kerngeschäft schmilzt, die Kosten steigen und neue, ertragsreiche Geschäftsfelder sind nicht in Sicht. Ist Ihre Strategie «Post von morgen» gescheitert?
Roberto Cirillo: Nein, im Gegenteil: Wir sind sehr gut unterwegs. Man kann den Kurs eines Milliarden-Konzerns nicht von heute auf morgen ändern. Zuerst mussten wir die Talfahrt bremsen, erst dann können wir drehen und wieder hochfahren. Das haben wir erreicht: Wir konnten beim Umsatz wieder leicht zulegen. Und das ist wichtig: Denn ohne Umsatz kann man auch keinen Gewinn machen.
Ihre Hoffnungen auf grosses Wachstum im Digitalgeschäft haben sich bis anhin nicht erfüllt. Die Einheit ist sehr klein, und sie wird nicht wie angepeilt 2024 in die Gewinnzone aufsteigen.
Wir brauchen hier etwas mehr Zeit, das stimmt. Aber die Kommunikations-Services-Einheit muss ja auch nur einen Viertel des wegbrechenden Briefgeschäfts auffangen. Drei Viertel fangen wir mit dem Wachstum im Paket- und Güterlogistikmarkt auf. Wir sind mittlerweile mit einem Umsatz von deutlich mehr als 0.5 Milliarden Franken der viertgrösste Güterlogistiker der Schweiz und haben eine grenzüberschreitende Güterlogistik-Plattform aufgebaut. In ein paar Jahren werden wir die 1-Milliarden-Marke erreichen. Eine Baustelle bleibt hingegen das Netz - hier ist entscheidend, wie die Grundversorgung der Zukunft aussieht. Das definiert der Gesetzgeber.
Es besteht heute noch aus 771 eigenbetriebenen Poststellen. Die Suche nach Mietpartnern verläuft harzig. Muss die Zahl nun weiter sinken?
Die Frage ist doch: Wie soll dieses Netz ausgestaltet sein? Wie viel Digitalisierung ist erlaubt? Was muss alles angeboten werden? Das Postnetz muss modernisiert, automatisiert und digitalisiert werden. Es geht um viel mehr als nur um die Anzahl Poststellen.
Die Zahl interessiert nun mal. Wie viele Poststellen sollen es denn sein?
Die Post arbeitet eigenwirtschaftlich und erbringt dabei alle Anforderungen der postalischen Grundversorgung und liefert obendrein noch 50 Millionen Franken als Dividende dem Bund ab. Und das möchte die Post auch weiterhin tun. Die Frage nach der Anzahl Poststellen ist letztlich eine politische Frage. Wenn die Politik uns hier Vorschriften macht, dann hat das auch Konsequenzen.
Das heisst: Der Bund müsste für ein übergrosses Netz eine Abgeltung zahlen?
Nochmals: Wir wollen unser Netz eigenwirtschaftlich finanzieren können. Das wäre die beste Lösung für die Schweiz. Aber entscheiden müssen hier Bundesrat und Parlament.
Kurzfristig gesehen wird 2024 für die Post nur besser als 2023, weil der Preisüberwacher Ihnen erlaubt, per 2024 die Preise für Briefe und Pakete anzuheben, was der Post Mehreinnahmen von 100 Millionen Franken beschert.
Nicht nur. Wir werden auch 100 Millionen Franken einsparen dank der Umsetzung all unserer Effizienzmassnahmen. Und auch die Gewinne bei Postfinance werden wieder steigen.
Gleichzeitig planen Sie hohe Investitionen in den Umbau des Geschäfts, aber auch in die Nachhaltigkeit.
Wir werden bis 2030 einen hohen dreistelligen Millionen-Betrag investieren: in die Elektrifizierung unserer Flotte, in die Überdachung unserer Gebäude mit Solarpanels ...
... und rund 70 Millionen in einen Wald in Thüringen. Wieso investieren Sie dieses Geld nicht in die Post, um Ihre internen Nachhaltigkeitsziele noch schneller zu erreichen?
Wir machen schon alles, was wir können. Wir können die Lieferflotten nicht schneller umrüsten, weil wir die Elektrofahrzeuge gar nicht bekommen. Und bei Postauto hängt die Umbaugeschwindigkeit nebst der Verfügbarkeit von Fahrzeugen auch noch von zwei weiteren Faktoren ab: Vom dringend benötigten Ausbau des Aufladenetzes sowie von Ausschreibeverfahren der Kantone, wo weiterhin auf Diesel gesetzt wird.
Dennoch: Wäre es nicht sinnvoll, die Post würde sich auf den Service public und darauf konzentrieren, was sie für die Nachhaltigkeit tun kann, statt einen Wald zu kaufen?
Wir haben uns bis 2040 das Netto-Null-Ziel gesteckt. Mit der Reduktion allein schaffen wir das nicht, wir müssen das CO2, das wir nicht reduzieren können, aus der Atmosphäre herausnehmen und binden. Wir könnten natürlich pokern und hoffen, dass bis in fünf oder zehn Jahren jemand eine Technologie erfindet, die das kostengünstig kann. Oder wir könnten in irgendwelche Start-ups investieren, die solche Versprechen abgeben. Aber das alles ist auch mit Risiken verbunden. Für 70 Millionen haben wir einen Wald und keine allenfalls wertlosen Zertifikate.
Wird der Wald nachhaltig bewirtschaftet, dann bindet er CO2. Aber das kann auch das Bundesland Thüringen machen, das muss nicht die Schweizer Post machen.
Dann zählt es nicht für uns. Zudem: Wenn keiner den Wald nachhaltig bewirtschaftet, dann passiert gar nichts. Jetzt sind wir halt die Ersten, die mal etwas machen. (aargauerzeitung.ch)
Verschwendung und Greenwashing pur!
Wenn die Post ernsthaft was gutes tun wollte, hätte sie die 70 Millionen dafür ausgegeben eine Industriezone in der Schweiz abzureissen, zu renaturierten und einen neuen Wsld anzupflanzen!