Der Bundesrat informierte am 25. August interessierte Kreise darüber, wie er das revidierte Jagdgesetz umsetzen will. Anfang Dezember soll bereits die neue Verordnung in Kraft treten, die es erlaubt, den Wolfsbestand proaktiv zu regulieren. Das ist neu. David Gerke, Geschäftsführer der Gruppe Wolf kritisiert das Vorgehen von Albert Röstis Umweltdepartement.
Herr Gerke, der Bundesrat will im Eilverfahren den Wolfsbestand um bis zu 70 Prozent reduzieren. Zehn Tage gibt er Zeit für eine Konsultation der wichtigsten Akteure. Hat er die Umweltverbände auf dem falschen Fuss erwischt?
David Gerke: Das formelle Vorgehen ist höchst fragwürdig. Über Monate gab es keine Vernehmlassung zum neuen Jagdgesetz und jetzt sollen wir in ultraverkürzter Form die neuen Bestimmungen der Vernehmlassung gutheissen, die das Gesetz nicht einmal vorsieht.
Der Bundesrat will das exponentielle Wachstum des Wolfsbestands stoppen. Von 100 Tieren und 11 Rudeln 2020 wuchs der Bestand auf 300 Wölfe und 31 Rudel 2022. Hat es Platz für mehr Wölfe in der Schweiz?
Dass sich Wildtiere exponentiell vermehren, bis der Lebensraum gesättigt ist, gehört zur Natur. Auch der Wolfsbestand würde sich anhand der verfügbaren Nahrung selber dereinst regulieren. Ökologisch gäbe es in der Schweiz Platz für 100 Rudel. Doch gesellschaftlich ist das verständlicherweise nicht akzeptiert. Der Wolf lebt in einer Kulturlandschaft. Da braucht es Regeln, um den Bestand zu regulieren. Das ist unbestritten.
Was ist also das Problem?
Das Parlament hat mit der Revision des Jagdgesetzes ermöglicht, dass Wölfe proaktiv reguliert werden können. Diese Regulierung wurde jedoch mit diversen Auflagen verbunden. Anstatt diese Auflagen auch in der Verordnung zu berücksichtigen, will der Bundesrat nun einfach ermöglichen, dass ab 12 Rudeln alle überzähligen abgeschossen werden können. Daraus folgt eine Bestandsplanung per Excel-Tabelle, was im Gesetz aber nicht vorgesehen ist. Das ist verheerend. Und darüber hinaus auch nicht das, was uns der Bundesrat und das Parlament während der Gesetzgebung versprochen hatten.
Wo bricht der Bundesrat sein Versprechen?
Es wurde durch Bundesrat und Parlament klar festgehalten, dass vor einer proaktiven Regulierung des Wolfes der Herdenschutz umgesetzt sein muss und dass bei Regulationsentscheiden auch andere Aspekte berücksichtigt werden müssen, namentlich der positive Einfluss des Wolfes auf die natürliche Verjüngung des Waldes. Also, dass es auch bei einer proaktiven Regulierung des Wolfes eine Interessensabwägung braucht und mildere Massnahmen ausgeschöpft werden müssen. Davon ist in der Verordnung plötzlich keine Rede mehr.
Der Schaden ist sichtbar, die Zahl der toten Nutztiere stieg von 446 Wolfsrissen 2019 auf 1480 Risse 2022.
Aber da klammern wir das aktuelle Jahr aus! Wir zählen in Graubünden eine Halbierung der Schäden, obwohl der Wolfsbestand weiter wuchs. Das zeigt uns sehr deutlich, dass der Herdenschutz funktioniert. Aber auch da weicht der Bundesrat vom eingeschlagenen Kurs ab.
Inwiefern?
Die Regeln sind auch im neuen Jagdgesetz klar: Wölfe dürfen erst geschossen werden, wenn der Herdenschutz umgesetzt ist und trotzdem ein Schaden droht. Gleichzeitig ist der Bund nicht bereit, ausreichende Mittel für den Herdenschutz zu sprechen. Schon Mitte Jahr waren die Kredite für Zäune und Hunde ausgeschöpft. Die drei Millionen Franken, die der Bund an ordentlichen Krediten bereitstellt, wurden zuletzt aufgestockt. Jetzt stehen die zusätzlichen Gelder nicht mehr zur Verfügung. Das widerspricht dem Willen des Parlaments und der früheren Departementsvorsteherin Simonetta Sommaruga, die den Fokus auch im neuen Jagdgesetz weiterhin auf den Herdenschutz legten.
Hat der Wind unter Albert Rösti im Departement gekehrt?
Das hat sicher einen Einfluss. Für die Umweltverbände ist vor allem störend, dass wir aufgrund der Zusicherungen seitens Bundesrat und Parlament auf ein Referendum verzichtet hatten. Jetzt kommen die scharfen Änderungen auf dem Verordnungsweg.
Was tun Sie jetzt?
Wir werden uns in der Konsultation deutlich äussern. Zudem beraten wir uns gemeinsam mit den anderen Umweltverbänden darüber, welche rechtlichen Möglichkeiten wir haben. (aargauerzeitung.ch)
Und wiedermal zeigt sich, dass der Volkswille nicht respektiert wird, unfassbar!
Da krieg ich starke Scherzen.