Fürs Zmorgenbrötli will ich mir Honig kaufen, Herkunftsangabe: Lateinamerika. Wie finden Sie nun heraus, welcher Imker den Honig produziert hat?
Christoph Meier: Dieser Honig ist vermutlich zusammengemischt und kommt aus mehreren Ländern wie Mexiko, Guatemala oder Kolumbien. Da bräuchten wir mehr Informationen vom Hersteller über seine Lieferanten.
Viele kleine Unternehmen hätten wohl Mühe damit, Ihnen diese Infos zu besorgen. Das monieren auch die Gegner der Konzernverantwortungsinitiative (KOVI). Wie kommt Ihre Firma an die nötigen Informationen?
Es ist Spionagearbeit. Wir versuchen, so weit wie möglich die Lieferantenwege und Produkthersteller zu identifizieren. Die Informationen zu den einzelnen Etappen erfassen wir in einer Datenbank und erstellen eine Karte, auf der man den Weg eines Produktes bis hin zum einzelnen Rohstoff zurückverfolgen kann. Das ist unser Kernanliegen: Mehr Informationen und Transparenz zu den Produkten verlangen und diese offenlegen.
Was machen Sie, wenn sich ein Lieferant weigert, Informationen preiszugeben?
Wir können keinen Lieferanten forcieren, sich zu öffnen und seine Informationen preiszugeben. Wir können nur mitteilen, dass sich der Auftraggeber das wünscht. Damit entsteht ein gewisser Druck: Wenn der Lieferant seinen Auftraggeber behalten will, ist es attraktiver, wenn er seine Angaben preisgibt.
Haben es da die kleineren Firmen schwieriger als die grossen?
Das würde ich so pauschal nicht sagen. Bei den kleineren Unternehmen spielt der Aspekt sicher eine Rolle, dass sie sagen, sie seien zu unbedeutend, um auf ihre Lieferanten einen Einfluss zu haben. Aber genau deshalb sind wir hier. Es gibt Lösungen, aber dafür müssen wir alle Akteure der Wirtschaft sensibilisieren.
Wie sehen diese Lösungen für kleinere Firmen aus?
Sie können zum Beispiel ihre Lieferkette verbessern, indem sie von ihren Lieferanten verlangen, dass sie sich zertifizieren lassen. Wir helfen den Firmen dabei, einen Verbesserungsplan zu erarbeiten.
Interessiert Schweizer Firmen, woher ihre Produkte kommen?
Dass viele Firmen gar nicht genau wissen, woher ihre Produkte oder die Rohstoffe dafür kommen, ist ein Fakt. Ob sie sich nicht dafür interessieren, kann ich nicht sagen. Es gibt leider immer noch viele Marken, die nur wenig Informationen über das Produkt und dessen Herstellung preisgeben.
Wer sind Ihre Kunden?
Es sind Firmen jeglicher Grössen aber auch öffentliche Stellen wie die Stadt Genf oder der Kanton Waadt. Sie wollen etwa herausfinden, ob die Arbeitskleidung für ihre Gemeindearbeiterinnen und -arbeiter unter fairen Bedingungen entstanden sind. Unabhängig vom Kunden sind die Fragen immer ungefähr die gleichen: Ist das Produkt wirklich Bio? Steckt da Kinderarbeit dahinter? Ist es lokal produziert? Gibt es Zertifikate und wenn ja, wie aussagekräftig sind sie?
Geht es dabei wirklich um Nachhaltigkeit oder ist es reine Marketingstrategie?
Unsere Arbeit kann man auch als Marketing interpretieren. Aber es sind die Konsumenten, die heute wissen wollen: Wo kommt das Produkt her und ist es unter nachhaltigen und sozial fairen Bedingungen entstanden. Entsprechend wollen Firmen über Nachhaltigkeit kommunizieren können.
Product DNA ist eine Aktiengesellschaft. Wie geht das zusammen: Eine profitorientierte Firma mit ethischem Grundsatz?
Es ist eigentlich die bestmögliche Vorstellung. Es heisst, dass ethische, nachhaltige Werte auch ökonomisch sinnvoll sein können. Gleichzeitig bringt das Geschäftsmodell auch Schwierigkeiten: Auf der einen Seite ist der Druck der Firma, die überleben und schwarze Zahlen schreiben will und auf der anderen der ethische Grundsatz, der nicht immer ganz profitabel ist. Es gibt viele Momente, wo wir uns das Leben einfacher machen könnten und sagen «komm, wir helfen der Marke, ihre Infos schön darzustellen». Aber unser Team arbeiten genau mit dem Grundsatz, gegen Greenwashing anzukämpfen.
Gibt es Kunden die verlangen, dass Sie eine problematische Abzweigung des Produktes kaschieren?
Das ist bei uns noch nie vorgekommen. Auf jeden Fall müsste man so etwas ablehnen, weil es unseren Grundsätzen widerspricht. Das einzige was ein Kunde von uns erwarten kann, ist, dass wir objektiv und unabhängig arbeiten.
Wie erkenne ich als Kundin, ob ich Produkte kaufe, bei denen Kinderarbeit oder Regenwaldabholzung involviert war?
Das erzählen die Produkte einem. Eine Marke, welche sich für nachhaltige Werte einsetzt, ist bemüht, verifizierte Informationen zu kommunizieren. Wenn Sie sich mehr Informationen wünschen, rate ich Ihnen: Teilen Sie das der Firma mit. Damit können Sie auch Druck ausüben. Mehr Information und Transparenz zu verlangen ist auch unser Kernanliegen. Das will und wollte unser Geschäftsführer und Gründer Robin Cornelius, der dieses Ziel bereits mit der Kleidermarke Switcher verfolgt hat.
Für Herrn Cornelius hat das Geschäft mit der Nachhaltigkeit nicht funktioniert. Switcher ging 2017 Konkurs. Was ist bei der Product DNA SA anders?
Der Konkurs hatte nichts mit der Nachhaltigkeit zu tun. Als Cornelius die Firma Switcher 2014 verliess, war das T-Shirt «Bob» eines der meistverkauften Kleidungsstücke in der Schweiz. Die Vision von Cornelius ging in die Firma Product DNA über, mit dem Wunsch fortschrittliche Firmen zu begleiten, die Produkte haben und zeigen wollen, dass sie nicht hinten nachhinken.
Mit was hatte der Konkurs von Switcher dann zu tun?
Das kann ich nicht beantworten, ich war nicht im Management von Switcher.
Würde ein Ja zur KOVI für Sie Big Business bedeuten, weil Sie dann für alle Firmen die Produktwege zurückverfolgen könnten?
Unabhängig vom Ausgang dieser Abstimmung werden Gesetze verschärft und Unternehmen zu mehr Transparenz und Verantwortung aufgefordert. Unser potentieller Kundenkreis in der Schweiz ist riesig: Über 500’000 KMUs und über 25’000 multinationale Unternehmen. Damit hätte unser Team genug Arbeit für die nächsten drei Generationen und das würde uns natürlich sehr freuen. Was wir uns wünschen, ist, dass die Konsumentinnen und Konsumenten darauf beharren zu Erfahren, von wo ihre Produkte kommen.
Ansonsten unterstütze ich das Anliegen das die Firmen Transparent mit ihren Informationen umgehen und diese Kommunizieren ohne greenwashing. Denn dann kann jeder entscheiden ob er Kinderarbeit etc. unterstützen will...