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Tessiner Burka-Verbot trifft vorwiegend Fussballfans

Das Tessin wollte die Burkas verbannen – bestraft werden vorwiegend Fussballfans

07.08.2018, 11:1407.08.2018, 13:03
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CAPTION CORRECTION: KORRIGIERT SACHVERHALT --- Die Polizei ermahnt Nora Illi, fortan keine Burka mehr zu tragen, am Freitag, 1. Juli 2016, in Locarno. Heute tritt im Tessin das sogenannte Anti-Burka-G ...
Eine verhüllte Provokateurin setzte sich mediengerecht in Szene, als das Tessiner Burkaverbot beschlossen wurde.Bild: KEYSTONE/TI-PRESS

Das Verhüllungsverbot im Kanton Tessin, das seit zwei Jahren in Kraft ist, trifft vor allem vermummte Fussballfans. Burka-Trägerinnen wurden bisher kaum gebüsst. Die Behörden sind dennoch zufrieden.

Seit genau zwei Jahren sind verhüllte Gesichter im Kanton Tessin verboten. Wer sein Gesicht trotzdem verbirgt, muss mit einer Busse von mindestens 100 Franken rechnen.

Das Verhüllungsverbot, das vom Volk im Jahr 2013 angenommen wurde, zielt eigentlich auf Frauen in Vollverschleierung (Burka) oder mit Gesichtsschleier (Niqab). Wie die am Dienstag veröffentlichten Zahlen der Justizdirektion aber zeigen, sind vom Verhüllungsverbot vor allem vermummte Fussballfans betroffen.

Seit Juli 2016 gab es 37 Verfahren sowie einige Verwarnungen ohne Polizeibericht. Im ersten Halbjahr 2018 wurden etwa 10 verhüllte Gesichter registriert. Fälle von verschleierten Frauen sind in den ersten zwei Jahren an einer Hand abzuzählen.

Hidschab & Co. – Verhüllungen vom Kopftuch bis zur Burka

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Hidschab & Co. – Verhüllungen vom Kopftuch bis zur Burka
Hidschab: Wird vor allem als Bezeichnung für ein Kopftuch verwendet, das Haar und Ohren vollständig bedeckt, das Gesicht indes frei lässt. Meist werden zusätzlich die Halsregion, der Ausschnitt und eventuell die Schultern bedeckt.
quelle: shutterstock
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Sie betrafen auch meist keine arabische Touristinnen, sondern Schweizerinnen. So reiste etwa Nora Illi, Frauenbeauftragte des Islamischen Zentralrates (IZRS) absichtlich in Vollverschleierung nach Locarno, um sich unter medialer Beobachtung büssen zu lassen.

Die Behörden sind dennoch zufrieden. Es gehe nicht darum, möglichst viele Bussen zu verteilen, sondern darum, die Sicherheit und die Werte des Kantons Tessin zu schützen. Der Kanton erinnerte in der Mitteilung zudem daran, dass das Volk die Regelung gewollt habe.

Bundesrat gegen nationales Verhüllungsverbot

Das Thema Verhüllungsverbot ist auch auf nationaler Ebene aktuell. Das «Egerkinger Komitee» lancierte die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot». Diese verlangt, dass in der ganzen Schweiz niemand im öffentlichen Raum das Gesicht verhüllen darf.

Dem Bundesrat geht diese Burka-Initiative zu weit. Sie problematisiere ein seltenes Phänomen und greife in die bewährte kantonale Regelungsautonomie ein. Er will es weiterhin den Kantonen überlassen, über ein Verhüllungsverbot zu entscheiden.

In einem Gegenvorschlag zeigt er sich aber bereit, die Regeln zu verschärfen. Zum einen sollen Kontakte mit bestimmten Behörden nur unverhüllt stattfinden dürfen. Zum anderen soll jeglicher Zwang, das Gesicht zu verhüllen, unter Strafe gestellt werden.

Seit Ende Juni läuft dazu die Vernehmlassung. Danach kommt die Vorlage vors Parlament. Über Initiative und Gegenvorschlag abgestimmt wird voraussichtlich erst 2019. (sda)

Ein Verbot, das «Frauen schützt»

Video: srf
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58 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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ChiliForever
07.08.2018 11:33registriert November 2016
Es ist jetzt aber nicht allen Ernstes jemand überrascht ob dieses Ergebnisses, oder?

Abgesehen davon macht es ja auch nichts, gegen Hooligans vorzugehen - oder warum sollte ich als Fußballfan mein Gesicht verbergen?
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manhunt
07.08.2018 11:28registriert April 2014
ob gewaltbereite fussbsllfans oder religiöse fundamentalisten, mit beiden gruppierungen trifft dieses gesetz nur idioten.
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amRhein
07.08.2018 11:47registriert März 2016
Verhüllungen haben in einer offenen, pluralen Gesellschaft keinen Platz. Es ist meiner Ansicht nach unanständig und unschicklich sich vermummt in der Öffentlichkeit zu bewegen. Völlig egal ob, das Chaoten oder Fundamentale sind. Privat können sie denken oder tun, was sie wollen. Hier leben wir unsere Kultur. Andernorts wird‘s entsprechend deren Kultur gehandhabt. Freiheit hat auch ihre Grenzen. Auch bei uns kann man nicht alles tun, was man will. Mein Sicht.
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