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Das Egerkinger Komitee hat seine Initiative für ein Verhüllungsverbot in der Schweiz lanciert. Die Verfassung soll wie folgt ergänzt werden:
In dem Wortlaut ist das Bemühen erkennbar, das Anliegen nicht als Kleidervorschrift zu verkaufen, die der freiheitlichen Tradition der Schweiz zuwiderlaufen würde. Absatz 2 erweckt gar den Anschein, eine Kleidervorschrift zu bekämpfen. Niemand sollte sich davon täuschen lassen: Auch eine Vorschrift, wie man sich nicht kleiden darf, ist eine Kleidervorschrift.
Bei Annahme durch den Souverän würde die Schweiz eine ziemlich unselige Liste um einen Eintrag «bereichern»: Historisch waren Kleidervorschriften stets ein mehr order weniger subtiles Instrument der Unterdrückung.
Die grösste und systematischste Ansammlung von Kleidervorschriften geht auf sogenannte Aufwandgesetze zurück. Darin legte die Obrigkeit fest, wie viel Luxus verschiedene Stände zur Schau tragen durften. Dies betraf insbesondere die Kleider. Karl der Grosse etwa schrieb 808 in einem solchen Aufwandgesetz vor, wie viel jeder Stand für seine Kleidung ausgeben durfte.
In der Reichspolizeiordnung von 1530 des Heiligen Römischen Reichs war etwa genau geregelt, wem welcher Pelz zustand. So durften adlige Frauen keinen Pelz tragen, weibliche Vertreter des Grossbürgertums hingegen schon. Für Bauern und Taglöhner war jeglicher Pelz verboten, ihren Frauen aber ein billiges Lamm- oder Ziegenfell gestattet.
Im Mittelalter galten Prostituierte grundsätzlich als sündhaft und mussten entsprechend gekennzeichnet sein. Die Kleidervorschriften waren von Stadt zu Stadt unterschiedlich. In Zürich und Bern war es ein rotes Käppeli. Da sich ehrbare Frauen nicht herausputzen durften oder sollten, wurden Prostituierte auch als «Hübschlerinnen» bezeichnet.
Das Vierte Laterankonzil von 1215 forderte von den weltlichen Machthabern, für Juden und Muslime Kleidungskennzeichen einzuführen, um Mischehen zu verhindern. In Deutschland fiel die Wahl später auf den sogenannten Judenhut. Auch Christen wurden gelegentlich als Schandstrafe zum Tragen des Judenhutes verurteilt, zum Beispiel Frauen, die sich mit Juden eingelassen hatten. Muslime mussten einen Sichelmond als Abzeichen tragen.
Auch islamisch geprägte Staaten kannten im Mittelalter Kleidervorschriften für Andersgläubige. In den öffentlichen Badehäusern mussten Nichtmuslime zwecks Unterscheidung Medaillons um den Hals tragen. In der Zeit der Fatimiden waren für die Juden Ägyptens Glöckchen auf ihren Kleidern Vorschrift.
Der streng laizistische Kemal Atatürk verbot den Frauen das Tragen des Kopftuchs in öffentlichen Einrichtungen. Unter dem islamistischen Recep Tayyip Erdoğan wurde das Verbot sukzessive gelockert: 2010 an den Universitäten, 2012 für Staatsbedienstete, 2013 für Parlamentarierinnen und 2014 für Schülerinnen ab der 5. Klasse. Die säkulare Opposition befürchtet, dass die neue Kopftuchfreiheit zu einer Ausbreitung der islamischen Verhüllung führen könnte.
Resa Schah, der Vater des letzen Schahs von Iran, unterzog das Land während seiner Herrschaft einem gnadenlosen Modernisierungskurs. Inspiriert von Atatürk verordnete der König seinen Untertanen auch europäische Bekleidung: Männer mussten Anzug und Hut tragen, Frauen Schleier und Kopftuch ablegen. Die von seinem Sohn weiter forcierte Verwestlichung war einer der entscheidenden Faktoren für die Revolution von 1979. Seither gelten islamische Kleidervorschriften (siehe unten).
Unmittelbar nach seiner Machtübernahme im Frühjahr 1979 hatte Ajatollah Chomeini noch versprochen, dass es keine Schleierpflicht geben werde. Dessen ungeachtet wurde sie zunächst am Arbeitsplatz und später im gesamten öffentlichen Raum eingeführt. Tausende Iranerinnen protestierten dagegen, vergebens. Die Polizei bekundet allerdings bis heute Mühe, das Gebot durchzusetzen. Auf einer speziell eingerichteten Facebook-Seite posten Iranerinnen Fotos, wie sie in ihrem Alltag gegen die Kleidervorschrift rebellieren.