Ein paar Klicks und wenige Tage später ist das Objekt der Begierde im Briefkasten. Onlineshopping ist praktisch – auch für solche, die betrügen wollen. Ein besonders krasser Fall wurde gestern vor dem Bezirksgericht Lenzburg verhandelt: Lendreta (Name geändert) hatte für 28'463 Franken im Internet geshoppt und keine einzige Rechnung bezahlt. Dafür beantragte die Staatsanwaltschaft 15 Monate Gefängnis unbedingt sowie einen Landesverweis für acht Jahre.
Gemäss der Zusammenfassung der Staatsanwaltschaft waren es hauptsächlich Kleider, die Lendreta bestellt hat. Auch Schuhe und Kosmetikprodukte, manchmal Kindersachen. Aber auch vier Winterreifen oder Nespresso-Kaffeekapseln für 875 Franken. Allein bei Zalando hat Lendreta zwischen Mai 2015 und März 2018 für 6720 Franken eingekauft. Bonprix prellte sie um 8960 Franken.
Dabei gehören die ausgewählten Kleidungsstücke nicht zu den teuersten, die die Onlineshops zu bieten haben. Die Quantität macht es aus, die meisten Bestellungen bewegen sich zwischen 100 und 200 Franken. An manchen Tagen hat sie gleich mehrere Bestellungen gemacht. Vom BH über die Strumpfhose zu Jeans, Bluse bis zum Mantel.
Neben Zalando und Bonprix berücksichtigte sie auch andere grosse Versandhäuser wie About You und La Redoute sowie kleinere Shops. Insgesamt bestellte sie von 2009 bis 2018 bei 22 verschiedenen Anbietern.
Sie brauchte Dutzende verschiedene, an ihren echten Namen angelehnte, Pseudonyme, die aber zusammen mit einer nur leicht veränderten Adresse immer dafür sorgten, dass das Paket bei ihr im Briefkasten in der Region Lenzburg landete. Das Geburtsdatum wechselte sie beliebig und auch E-Mail-Adressen verwendete sie zahlreiche.
Vor Gericht erscheint die 39-Jährige in Schwarz; Bluse, enge Hose, gefütterten Lederstiefel. Ihr schwarzes Haar hat sie auf dem Kopf zu einer glänzenden Kugel geformt, die Lippen geschürzt. Letzteres passend zu ihrer pampigen Grundhaltung.
Sie streitet vehement ab, die Waren bestellt zu haben. «Wenn ich etwas kaufen will, gehe ich in einen Laden», sagt sie. Und eine Nespresso-Maschine habe sie auch nicht. Der systematische Onlinehandel von Lendreta wird von der Staatsanwaltschaft als gewerbsmässiger Betrug klassifiziert, auch weil die Deliktsumme einem Nebenerwerb gleichkommt.
Lendreta kam mit neun Jahren aus dem Kosovo in die Schweiz, wo sie fortan aufwuchs und zur Schule ging. Sie machte nach der Realschule keine Ausbildung, sondern arbeitete; unter anderem in Restaurants im Service oder in der Küche. «Wir haben alle gearbeitet, unsere Familie hatte wenig Geld», sagt sie. Sie heiratete jung, bekam ein Kind, später noch zwei.
Ihr Mann ist Pneumonteur, die Familie steckt heute bis zum Hals in Schulden, wie an der Verhandlung klar wird. Und das sind nicht nur die Betreibungen von Lendretas Onlineshopping. Es laufen Betreibungen für über 130'000 Franken. Mit dem Zahlen von Miete und Steuern ist die Familie massiv im Verzug. Die Beschuldigte ist auch einschlägig vorbestraft, kann sich jedoch nicht daran erinnern. «Ich weiss nicht, wieso das jetzt alles über mich hereinkommt», sagt sie. «Ich bin unschuldig.»
Sie gibt an, keine Freunde zu haben, sondern ihre Zeit mit den Kindern zu verbringen. Auf die Töchter mit Jahrgang 2001 und 2011 sind auch schon Verlustscheine ausgeschrieben, wie eine Bezirksrichterin schockiert feststellt. «Das ist sehr selten», sagt sie.
Die Beschuldigte zeigt sich wenig beeindruckt. Bei einer Hausdurchsuchung wurden bei ihr mehrere online bestellte und nie bezahlte Gegenstände gefunden; eine Uhr und Taschen. «Ich habe die Pakete nie bekommen, die hat jemand anders abgeholt», sagt sie. Ein Landesverweis wäre für sie «eine Katastrophe». Sie müsse im Kosovo auf der Strasse leben, da sie dort keine Verwandten habe, bei denen sie unterkommen könne.
Das Gesamtgericht sprach die 39-Jährige schuldig des einfachen und gewerbsmässigen Betrugs. Zusammen mit weiteren Schuldsprüchen wurde das Strafmass auf 14 Monate Gefängnis unbedingt angesetzt. Danach folgt ein Landesverweis für sechs Jahre. Das Urteil wurde nach der Verhandlung telefonisch verkündet. Die Beschuldigte kündete noch während der Verhandlung an, dass sie es weiterziehen werde. (aargauerzeitung.ch)
Das ist ja widerlich.
Sie hat -wiederholt!- massiv betrogen und bekommt nun die gesetzlich vorgesehene Strafe.
Dass dazu auch die mögliche Abschiebung zählt, ist schlicht die Konsequenz aus ihren Handlungen.
Brutal ist daran garnichts.
Brutal hingegen ist, wie sie ihre Töchter missbraucht!
Bitte, hört auf, Täter*innen als Opfer darzustellen!