Am Mittwoch hört die Gerichtskommission des Bundesparlaments den umstrittenen Bundesanwalt Michael Lauber an. Diese Anhörung ist Voraussetzung dafür, dass die Kommission formell ein Amtsenthebungsverfahren gegen Michael Lauber eröffnen kann.
Es wird damit gerechnet, dass die Kommission die Eröffnung des Verfahrens beschliesst. Gleichzeitig aber sieht es derzeit nicht danach aus, als hätte das Prozedere sofortige Auswirkungen für Lauber und auf die Bundesanwaltschaft. Die Gerichtskommission, so sieht der informell vorliegende Fahrplan aus, würde ihren Antrag auf Amtsenthebung erst im Vorfeld vor der Herbstsession beschliessen, die im September stattfindet. In der Herbstsession könnte dann über die Amtsenthebung befunden werden, wofür es derzeit eine klare Mehrheit in der Bundesversammlung gibt.
Jetzt steigt aber der Druck aus dem Parlament auf die Gerichtskommission. Der Solothurner SVP-Nationalrat Christian Imark weist darauf hin, dass die Gerichtskommission im letzten September beantragte, Lauber nicht wiederzuwählen. Das sei der richtige Entscheid gewesen, sie habe sich im Parlament aber nicht durchsetzen können: «Das Parlament machte einen fatalen Fehler.»
Imark stützte wie einige andere SVP-Vertreter Lauber schon damals nicht mehr. Imark: «Jetzt steht die Gerichtskommission an der Seitenlinie und kann nicht eingreifen, sie hat das Heft aus der Hand gegeben und schaut nur noch zu.»
Darum brauche es jetzt entschlossenes Handeln. «Die Kommission muss das Zepter wieder übernehmen und Lauber per sofort beurlauben», sagt Imark. Die Kommission könne doch nicht «warten bis im September und den Entscheid zu Laubers Absetzung den Gerichten» überlassen. «Das Primat der Politik muss durchgesetzt werden. Je länger man wartet, desto grösser wird der Schaden, desto mehr leidet das Ansehen der Bundesanwaltschaft, aber auch das Ansehen der Gerichtskommission».
Adressat solcher Handlungsanweisungen ist namentlich SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi, der in der Gerichtskommission sitzt. Letztes Jahr hatte sich die SVP-Fraktion unter seiner Leitung noch mit grossem Mehr für Lauber stark gemacht. Jetzt hält sich Aeschi bedeckt.
Wie Imark will auch der St. Galler SVP-Nationalrat Mike Egger schnelle Taten sehen. Er habe Lauber schon letztes Mal nicht gewählt, sagte er kürzlich zu CH Media. Eine Person, die «sich nicht mehr an wichtige Sitzungen erinnern» könne und laut seiner Aufsichtsbehörde eine Reihe von Verstössen wie Amtspflichtverletzungen begangen habe, sei ungeeignet für dieses Amt. Die Beschwerde, die Lauber gegen sein Lohnkürzung eingereicht habe, bringe weitere Unruhe in die Bundesanwaltschaft und «schwächt das Vertrauen der Bevölkerung in diese wichtige Institution», sagt Egger.
SP, Mitte-Fraktion und Grüne machen schon seit Wochen Druck auf Laubers schnellen Abgang. Sogar in der FDP, die wie die offizielle SVP bisher besonders zu Lauber hielt, hat der Bundesanwalt immer weniger Supporter. So ging kürzlich Fraktionschef Beat Walti auf Distanz.
Aber was macht die Gerichtskommission?
Auch Experten sagen, die Gerichtskommission müsse Lauber jetzt, wenn schon angeblich keine sofortige Amtsenthebung möglich sei, zumindest «beurlauben». Strafrechtsexperte Markus Mohler sagt im Interview: «Mir scheint es vordringlich, dass der Bundesanwalt jetzt im Amt suspendiert wird, um mit diesem ersten Schritt die Glaubwürdigkeit der Behörde gegen aussen und gegen innen langsam wieder aufzubauen.»
Korruptionsbekämpfer und Strafrechtler Markus Pieth sagte gegenüber CH Media, wie es jetzt weitergehen muss: «Es braucht aus meiner Sicht eine Übergangs-Lösung: Die Bundesversammlung sollte einen interimistischen Bundesanwalt oder eine interimistische Bundesanwältin wählen. Am besten ein Schwergewicht aus einem Kanton, ein vor kurzem pensionierter, erfahrener, angesehener Generalstaatsanwalt.»
Der Weg zu Laubers sofortiger Beurlaubung: Laut Experten kann die Gerichtskommission an ihrer Sitzung vom Mittwoch die Empfehlung an die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) verabschieden, dass Lauber bis zum Abschluss des Amtsenthebungsverfahrens freizustellen sei. Im Sinne einer vorsorglichen Massnahme. Die AB-BA ist der Dienstherr Laubers und somit für eine allfällige Beurlaubung zuständig. Die AB-BA kann dann ihrerseits umgehend die Empfehlung an Lauber abgeben, sein Amt ruhen zu lassen. Wenn Lauber diese Empfehlung nicht umsetzt, kann die Aufsichtsbehörde eine verbindliche Weisung erlassen.
Die Beurlaubung eines Bundesanwalts wäre kein Novum in der Schweizer Geschichte. Im Zug von Fichenskandal und Affäre Kopp wurde der damalige Bundesanwalt Rudolf Gerber vom Bundesrat im März 1989 mit sofortiger Wirkung beurlaubt, per September wurde er vorzeitig pensioniert.
Es wird Zeit, dass Herr Lauber fliegt und danach muss eine gründliche Überprüfung der gesamten BA stattfinden.
Da in der Öffentlichkeit für dieses Theater längst keinerlei Verständnis mehr da ist, gibt man sich jetzt halt nach aussen taktisch "bedeckt" bzw. "besorgt" – im Wissen, dass man, wenn's dann tatsächlich ans Eingemachte geht, sich bequem hinter dem Kommissionsgeheimnis verstecken kann.