«Jede Woche wird ein Nazi der Jungen Tat geoutet.» Mit dieser Ansage haben Anhänger der linksradikalen Antifa-Bewegung anfangs Woche ihr neues Vorhaben verkündet: Sie wollen das ganze Netzwerk der wohl bekanntesten rechtsextremistischen Gruppe der Schweiz offenlegen. Seitdem zeigen sie auf der Website nazifrei.ch einen Neonazi nach dem anderen: mit Bild, vollständigem Namen, Telefonnummer, Wohnadresse und Arbeitsort.
Es sei offensichtlich problematisch, wenn Menschen so an den Pranger gestellt werden, sagt Datenrechtler und Anwalt Martin Steiger. «Selbst wenn diese Menschen sehr unsympathisch sind. Die Betroffenen müssten sich das nicht gefallen lassen. Es verletzt ihr Persönlichkeitsrecht und den Datenschutz.»
Dagegen rechtlich vorzugehen, werde allerdings schwierig. «Der direkte Gegner fehlt. Man kann die Antifa nicht verklagen, weil die Gruppe anonym agiert», so Steiger. In seinen Augen sei Antifa eher ein Label. Zwar gibt die Antifa auf ihrer Website eine E-Mail-Adresse an: Für Junge-Tat-Mitglieder, die einen Schlussstrich ziehen oder etwas über ihre Kameraden aussagen wollen.
Betroffene könnten gegen den Host der Website vorgehen, erklärt der Anwalt. «Alle, die an einer Persönlichkeitsverletzung mitwirken, sind grundsätzlich angreifbar.» Die Domain nazifrei.ch wurde vor einer Woche von einem finnischen Registrar eingetragen. Er kann verpflichtet werden, den Inhaber der Domain offenzulegen. Allerdings könnten die Angaben falsch sein, so Steiger. Die Angriffsfläche ist klein.
Personen als Neonazis zu outen, ist keine neue Aktionsform antifaschistischer Aktivistinnen und Aktivisten. Die Motivation: Betroffene in eine geächtete Position bringen. Zur Wehr setzen sich nur wenige, sagt Anwalt Steiger. «Aber in der Schweiz haben viele Neonazis berechtigte Angst um ihren Job. Bei ihnen kann ein Pranger als Druckmittel funktionieren, um sie zum Ausstieg zu nötigen.»
Dabei stellt sich die Grundsatzfrage, ob man eine Person überhaupt als Nazi bezeichnen darf. Das sei nicht pauschal zu beantworten, sagt Steiger. «Da ist man schnell im Bereich der Ehr- und Persönlichkeitsverletzung.» Gleichzeitig werde der Begriff inflationär verwendet und viele Menschen wehren sich nicht wirksam gegen die Bezeichnung. «Es ist grundsätzlich nicht strafbar, ein Neonazi zu sein. Nur bestimmte Äusserungen oder Taten im rechtsextremen Milieu sind es.» Bei der Jungen Tat scheine es sich tatsächlich um eine Neonazi-Gruppe zu handeln.
Er kenne nur wenige Fälle, in denen angeprangerte Personen rechtlich vorgehen: «Wenn ihre aktive Zeit in rechtsextremen Gruppen in der Vergangenheit liegt, sprich bei Jugendsünden. Und wenn sie sich das Gerichtsverfahren leisten können.»
Da haben wir das Problem: Die Junge Tat will einen Rassenkrieg auslösen, um den demokratischen Rechtsstaat zu stürzen. Das ist mit anderen Worten eine staatsfeindliche Organisation, die vor Methoden des Terrors nicht zurückschreckt. Und die entsprechend zu behandeln ist.
Eine Mitgliedschaft bei Junge Tat muss zwingend strafbar werden. Rechtsterroristen haben keinen Kuschelkurs verdient.
Alerta!