Das Bezirksgericht Winterthur hat am Mittwoch einen knapp 35-jährigen Mann als nicht schuldfähig eingestuft. Er wird deshalb nicht wegen einer Gewehrsalve auf die Wohnungstür eines lauten Nachbarn bestraft. Aber er muss in eine Therapie.
«Dieses Verhalten war nicht adäquat. Sie leiden unter einer psychischen Störung, auch wenn Sie das nicht wahrhaben wollen», sagte die Richterin bei der Urteilseröffnung.
Das Gericht sah deshalb von einer Bestrafung wegen Sachbeschädigung ab und und ordnete eine Therapie an. Gemäss einem psychiatrischen Gutachten gibt es für den Zeitpunkt seiner Gewehrsalve Anzeichen für eine kurzzeitige psychotische Störung.
Er habe gewusst, dass der Nachbar von unten nicht zuhause gewesen sei, sagte der Beschuldigte über den Vorfall vom August 2023. «Sonst wäre ja schon wieder Musik gelaufen.» Er habe auch extra vorher geklingelt und geklopft, um sicherzugehen, dass niemand da sei.
Dann ging er hoch in seine Wohnung, holte sein geladenes Sturmgewehr 90 vom Militär und feuerte unzählige Male auf die Tür. Als diese offen war, ging er kurz in die Wohnung, sah sich den angerichteten Schaden an und ging zurück nach oben.
«Ich wollte seine Wohnung verwüsten», gab der Temporärarbeiter mit ruhiger Stimme zu. Die ständigen Lärmbelästigungen hätten ihn extrem gestresst. An dem Tag sei er wütend und ausgebrannt gewesen. Nachher sei es ihm besser gegangen.
Ein Teil der Patronen landete in der Wohnung und beschädigte unter anderem einen Türrahmen. Eine Kugel ging gemäss Staatsanwalt durch die Türe, die Küche und hinten in die Fensterscheibe. «Lärm kann kein Grund sein, so zu reagieren», sagte der Staatsanwalt.
«Er konnte nicht davon ausgehen, dass niemand zuhause war.» Der Nachbar hätte ja auch lautlos auf dem WC sitzen können. Zudem habe es zum Tatzeitpunkt ja gar keinen Lärm gegeben. «Und weshalb hat man eigentlich seine Dienstwaffe geladen in der Wohnung?»
Die Staatsanwaltschaft beantragte wegen versuchter vorsätzlicher Tötung und Sachbeschädigung eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren sowie eine Therapie. Das Gericht folgte ihr nun aber lediglich bei der Forderung nach einer Therapie.
Eine solche will der Beschuldigte jedoch nicht mehr. Er habe ja schon eine absolviert. Auch sein Anwalt betonte, dass der Beschuldigte «definitiv stabilisiert» sei. Er habe ein unterdurchschnittliches Rückfallrisiko. «Er hat nie den Tod eines Menschen in Kauf genommen. Er wollte nur die Wohnung verwüsten.» (sda)
(Ende Sarkasmus)