Die wegen Amtsmissbrauchs angeklagten fünf Zürcher Polizeimitarbeitenden haben am Donnerstag vor dem Bezirksgericht die Vorwürfe zurückgewiesen, bei einer Personenkontrolle im Sommer 2021 übermässig Gewalt angewendet zu haben. Der damals jugendliche Mann habe sich äusserst aggressiv und unkooperativ verhalten.
Die Verteidiger plädierten auf Freispruch. Die Staatsanwaltschaft forderte wegen Amtsmissbrauchs für die Polizistin eine bedingte Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 130 Franken, für die vier Polizisten zu 170 Franken. Für die Strafen soll eine Probezeit von zwei Jahren gelten.
Die Vorwürfe gehen auf eine Personenkontrolle im August 2021 in Zürich zurück. Der erste Teil ereignete sich bei einer Garageneinfahrt im Friesenbergquartier. Ein Sicherheitsmitarbeiter alarmierte die Polizei, weil vier Jugendliche ihn belästigt und provoziert haben sollen. Ihnen sollte ein Hausverbot ausgesprochen werden, führten die Verteidiger aus.
Die beschuldigte Polizistin und der beschuldigte Polizist erschienen vor Ort, um eine Personenkontrolle durchzuführen. Als der Polizist einen der jungen Männer aufforderte, sich auszuweisen, lachte dieser laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft über die hohe Stimme des Polizeibeamten.
«Ausser sich vor Wut und in Missbrauch seiner Amtsgewalt» habe der Polizist den Mann mit beiden Händen ruckartig nach vorne gezogen und vergebens versucht, sein Knie in die Magengegend des Mannes zu rammen, heisst es weiter in der Anklage.
Die beschuldigte Polizistin soll ihren Kollegen unterstützt haben, indem sie dem Mann das Bein gestellt und ihn von hinten gestossen haben soll, so dass dieser zu Boden fiel. Der Jugendliche erlitt verschiedene Schürfungen und Zahnverletzungen.
Die Verteidiger der Polizistin und des Polizisten wiesen sämtliche Vorwürfe zurück. Sie betonten, dass der junge Mann erhebliche Gegenwehr leistete, sich äusserst aggressiv verhielt, sich partout nicht untersuchen lassen wollte und die Polizisten beschimpfte.
Zudem genügten die Verletzungen des Jugendlichen nicht für solche Beschuldigungen, sagte einer der Verteidiger. Eine unverhältnismässige Gewaltanwendung sei nicht ersichtlich, die Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft «abenteuerlich». Ohne die Aggressivität des Mannes wäre es bei einer normalen Personenkontrolle geblieben, so ein Verteidiger.
Offenbar bestehen auch kurze Video-Sequenzen des Vorfalls, wie die beiden Verteidiger ausführten. Darauf sei die «sperrige Haltung» des Jugendlichen erkennbar und dass die beiden Polizisten «ruhig, professionell und deeskalierend» gehandelt hätten.
Zur Sache mit der hohen Stimme des Polizisten sagte der Verteidiger, der Polizist habe sich sicher nicht wegen dieser vermeintlichen Kränkung provozieren lassen. Sein Mandant sei sich seiner hohen Stimme bewusst und könne damit umgehen. Der Polizist sagte, er würde heute alles genau gleich machen.
Der zweite Teil ereignete sich rund sechs Stunden später auf dem Polizeiposten. Die drei anderen beschuldigten Polizisten sollten beim Jugendlichen eine angeordnete Überprüfung durchführen - gegen den Willen des Mannes. Dabei gingen sie laut Anklageschrift «übermässig gewalttätig» vor.
Unter anderem soll ein Polizist den Geschädigten in einem Zangengriff zwischen Unter- und Oberkiefer fixiert und ihn gleichzeitig von hinten am Hals gewürgt haben. Dadurch soll der Jugendliche laut Anklageschrift erhebliche Schmerzen erlitten und fünf Sekunden lang keine Luft mehr erhalten haben.
Zudem soll einer der Beschuldigten «in kruder Gewalt» die Fingerballen des Mannes nach hinten gebogen haben, statt lediglich die Fingerballen in rollender Bewegung über den Scanner für den sogenannten Identitiy-Scan zu fahren. Währenddessen soll er dem jungen Mann gesagt haben, er solle doch nach Afrika zurück, wo er hingehöre.
An eine solche Aussage erinnere er sich nicht, sagte der beschuldigte Polizist vor Gericht. «Wir haben lange auf den Mann eingesprochen. Er hatte die Wahl, die Kontrolle freiwillig durchführen zu lassen», sagte der Polizist. Doch dieser habe sich stark dagegen gewehrt. Auch die Verteidiger dieser Polizisten betonten, dass sich der Jugendliche gewaltbereit und renitent verhalten habe.
Der Mann selber war an der Verhandlung nicht anwesend. Er könne noch schriftlich Stellung nehmen, sagte der Richter am Donnerstag. Das Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt eröffnet. (sda)