«Er hatte sich sein eigenes Bild bereits im Voraus gemacht», sagte der Staatsanwalt. Diese Voreingenommenheit und Schubladisierung ziehe sich wie ein roter Faden durch die Einvernahme. «Er schüchterte die Frau ein und setzte sie unter Druck.»
Diese «unprofessionelle Verhandlungsleitung» sei durchaus strafrechtlich relevant. Er habe ja auch mehrfach Tatsachen aus dem Ruder gelaufenen Gespräch nicht protokolliert. Der Staatsanwalt forderte für seinen ehemaligen Berufskollegen unter anderem wegen Amtsmissbrauch eine bedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu 120 Franken, dazu eine Busse von 500 Franken.
Der Ex-Staatsanwalt hatte in seiner Befragung argumentiert, er sei angesichts des «Wortschwalls» seitens der Frau und ihres Anwalts nicht nachgekommen, alles richtig zu protokollieren.
Die damals befragte Frau war am Dienstag ebenfalls am Prozess gegen den Ex-Staatsanwalt. Sie bezeichnete die Einvernahme als «demütigend». Der Staatsanwalt sei offenbar von ihrem Exmann beeinflusst gewesen, zeigte sie sich unter Tränen überzeugt.
Auch der Anwalt der zusammengestauchten Frau ging mit dem Ex-Staatsanwalt hart ins Gericht. Er habe sich selber verhalten wie ein Verbrecher, sagte der Rechtsanwalt in seinem Plädoyer. Der Beschuldigte habe zu den «Schwarzen Schafen» bei der Staatsanwaltschaft gehört, bei denen das immer wieder vorkomme. Was seiner Mandantin angetan worden sei, sei «psychische Folter».
Der Anwalt verglich den Ex-Staatsanwalt gar als «Putin, der durchmarschiert», was bei der Gegenseite gar nicht gut ankam. «Schämen Sie sich für diesen unangemessenen Vergleich», sagte der Anwalt des Ex-Staatsanwalts zu seinem Berufskollegen.
Der Ex-Staatsanwalt, der seit einem Jahr als Jurist bei Medizin-Fällen tätig ist, stritt in der Befragung jegliche Vorwürfe ab. Das sei keine Standpauke gewesen sondern ein «Deeskalations-Instrument». Er räumte zwar ein, dass die Einvernahme eskaliert sei. «Ich hätte abbrechen sollen. Aber nichts ist strafrechtlich relevant.»
Sein einziges Ziel sei es gewesen, die Situation des streitenden Ex-Paars vor den Feiertagen zu beruhigen. «Nicht dass man am Schluss noch ein Tötungsdelikt über Weihnachten hat.»
Das Paar habe sich gegenseitig mit Vorwürfen eingedeckt. So sei etwa der Vorwurf im Raum gestanden, dass der gemeinsamen Tochter Nadeln in die Augen gestochen worden seien. Medizinisch konnte dies aber nicht bewiesen werden. «Das war eine absurde Konfliktsituation.»
In der entgleisten Einvernahme bezeichnete der damalige Staatsanwalt das Paar dann unter anderem als «Kindergärtler». Sie sollten sich endlich zusammenreissen, das könne man ja keinem Kind zumuten.
Auslöser für das Strafverfahren gegen den Ex-Staatsanwalt war die zusammengestauchte Frau selber. Sie hatte die Einvernahme heimlich mit dem Mobiltelefon in der Handtasche aufgenommen. Zur Sicherheit hatte sie sogar ein Ersatz-Handy dabei. Dies, weil ihr Anwalt ihr vom «schlechten Ruf» des Staatsanwalts erzählte.
Fraglich ist nun, ob diese heimliche Aufnahme als Beweis gegen den ehemaligen Staatsanwalt überhaupt verwertet werden kann. Zulässig sind heimliche Aufnahmen eigentlich nur bei schweren Delikten. Wann das Urteil eröffnet wird, ist noch nicht klar. (rbu/sda)
Wenn aber Rechtsweg, finde ich, sollte man als Staatsanwalt und Richter schon laut sagen dürfen, wenn es ins lächerliche abdriftet und man die Schnauze voll hat.