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Ousman Sonko verlangt Ausstand von Richtern der Strafkammer

Ex-Minister angeklagt: Ousman Sonko verlangt Ausstand von Richtern der Strafkammer

29.06.2023, 20:5729.06.2023, 20:57
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Der wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagte Gambier Ousman Sonko hat den Ausstand von Richtern der Strafkammer des Bundesstrafgerichts gefordert. Sie sollen durch eine beantragte Anklage-Änderung bei der Bundesanwaltschaft ihre Kompetenzen überschritten haben.

Dies geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Medienmitteilung des Anwalts von Sonko hervor. Laut Medienmitteilung trete die Strafkammer durch ihren «Antrag auf Änderung der Anklageschrift» als Anklägerin auf, was nicht zulässig sei.

Drei Opfer im Verfahren gegen Sonko hätten gegen die Anklage eine Beschwere bei der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts eingereicht. Dies sei der Auslöser des Vorgehens der Strafkammer gewesen, wie aus der Medienmitteilung hervorgeht.

Die Bundesanwaltschaft (BA) bestätigt auf Anfrage, dass das Bundesstrafgericht eine «Einladung zur Änderung und Erweiterung der Anklage» habe zukommen lassen. Es handle sich dabei eine Einladung im Sinne von Art. 333 Abs. 1 und 2 Strafprozessordnung, die fakultativer Natur sei.

Das Gericht gibt in solchen Fällen der Staatsanwaltschaft Gelegenheit, die Anklage zu ändern, wenn nach seiner Auffassung der in der Anklageschrift umschriebene Sachverhalt einen andern Straftatbestand erfüllen könnte, die Anklageschrift aber den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

Dies sei laut dem Statement der Bundesanwaltschaft nicht zu verwechseln mit einer Rückweisung im Sinne von Art. 329 Abs. 2 StPO. Eine solche Rückweisung kann ein Gericht machen, wenn die Prüfung der Anklage ergibt, dass aufgrund verschiedener Punkte ein Urteil nicht gesprochen werden kann und eine Ergänzung oder Abänderung notwendig ist. In einem solchen Fall wird das Verfahren sistiert.

Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Nach der über sechsjährigen Untersuchung reichte die Bundesanwaltschaft im April beim Bundesstrafgericht Anklage gegen den von 2006 bis 2016 amtierenden Innenminister der Republik Gambia ein.

Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, in seinen jeweiligen Amtsfunktionen systematische und ausgedehnte Angriffe während der gewaltsamen Repressionen durch die Streitkräfte des gambischen Präsidenten Yahya Jammeh unterstützt, daran teilgenommen und sich nicht gegen diese gestellt zu haben.

Die Tatvorwürfe beziehen sich auf eine Zeitperiode von 2000 bis 2016 und sollen insbesondere den Tatbestand der Verbrechen gegen die Menschlichkeit erfüllen.

Dem Angeklagten wird unter anderem vorgeworfen, im Zusammenhang mit fünf Ereignissen zwischen 2000 und 2016 an aussergerichtlichen Hinrichtungen, Folterungen, Vergewaltigungen und illegalen Inhaftierungen beteiligt gewesen zu sein, diese angeordnet, ermöglicht und/oder nicht verhindert zu haben.

Die Repression habe sich insbesondere gegen politische Oppositionelle, Journalisten oder als Putschisten verdächtigte Personen gerichtet. (sda)

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