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Justiz

Rollstuhl-Dschihadist: Bundesgericht entlässt ihn aus Ausschaffungshaft

Osamah M. Gerichtszeichnung
Osamah M. im März 2016 während der Verhandlung am Bundesstrafgericht.Bild: Karin Widmer / Keystone/TI-Press

«Rollstuhl-Dschihadist» Osamah M. aus der Ausschaffungshaft entlassen

Der verurteilte IS-Unterstützer Osamah M. ist wieder auf freiem Fuss. Das Bundesgericht hält eine Verlängerung der Ausschaffungshaft für unzulässig.
06.05.2025, 13:1406.05.2025, 13:14
Kari Kälin / ch media
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Osamah M. lebt im Kanton Schaffhausen von der Sozialhilfe. Er möchte seine Partnerin heiraten und Vater werden. Ob sich der Familienwunsch hierzulande erfüllt, steht in den Sternen. Die Zukunft des als «Rollstuhl-Dschihadisten» bekannt gewordenen IS-Unterstützers ist ungewiss. Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) ordnete am 2. September letzten Jahres die Rückführung in den Irak an. Osamah M. wurde darauf vom Kanton Schaffhausen per Helikopter nach Sion in Ausschaffungshaft geflogen.

Doch spätestens ab heute Mittag ist der 38-Jährige wieder ein freier Mann. Das Bundesgericht hat seine Entlassung aus der Ausschaffungshaft angeordnet. Dies hatte im April bereits das Obergericht des Kantons Schaffhausen getan. Dagegen wehrte sich das Staatssekretariat für Migration (SEM) – vergebens.

Das SEM wollte die Ausschaffungshaft im Einklang mit dem Schaffhauser Migrationsamt um ein Jahr verlängern. Es begründete sein Anliegen mit der Gefährlichkeit von Osamah M.

Er radikalisierte sich als Jugendlicher im Irak und trug in einem Kampf im Kriegsgebiet schwere Verletzungen davon. Seither ist er auf einen Rollstuhl angewiesen. Vor 13 Jahren reiste Osamah M. in die Schweiz, liess sich medizinisch behandeln und wurde als Flüchtling anerkannt. Doch er missbrauchte die Gastfreundschaft und verkehrte in dschihadistischen Kreisen.

Osamah M.
Osamah M. in einem Bild aus früheren Jahren, vor seiner Verhaftung 2014.Bild: CHMedia/zvg.

Das Bundesstrafgericht verurteilte ihn 2016 wegen IS-Unterstützung. Osamah M. war in einen nicht näher definierten, unverwirklichten Terroranschlag in Europa verwickelt. Die Schweiz wollte ihn nach der Verbüssung seiner Gefängnisstrafe ausschaffen, doch drohende Folter im Irak verunmöglichte das Vorhaben. Das Staatssekretariat für Migration musste ihm auf Geheiss des Bundesverwaltungsgerichts die vorläufige Aufnahme gewähren.

Fedpol fährt Sicherheitsdispositiv hoch

Unterdessen halten die Schweizer Behörden aber eine Ausschaffung für zulässig. Eine Beschwerde von Osamah M. gegen den Vollzug ist hängig. Den Ausgang derselben kann er jetzt in Freiheit abwarten, obwohl ihn das SEM und das Fedpol als Gefahr für die innere und äussere Sicherheit einstufen. Bekannt ist, dass der Iraker Auflagen des Fedpol missachtete. Er verkehrte trotz Verbot weiterhin in einer einschlägig bekannten Moschee und traf sich mit Islamistenfreunden, zu denen er ein Kontaktverbot hatte.

Weshalb setzt das Bundesgericht Osamah M. auf freien Fuss? Es hält fest, die Ausschaffungshaft könne nicht dazu dienen, eine Person ausschliesslich aufgrund ihrer Gefährlichkeit in Haft zu behalten. Vielmehr liege es jetzt am Fedpol, Präventionsmassnahmen zu ergreifen. Darauf ist die Bundespolizei vorbereitet. Sie bat das Bundesgericht, ihr im Fall einer Haftentlassung zwei Wochen im Voraus Bescheid zu geben, um das nötige Sicherheitsdispositiv hochzufahren.

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69 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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El_Chorche
06.05.2025 13:26registriert März 2021
Ich übernehme mal die erste halbe Stunde das Kopfschütteln.

Ab 14:00 Uhr soll bitte jemand anderes übernehmen, weil ich da ne Sitzung hab.

*fängtanzuschütteln
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LU90
06.05.2025 13:33registriert März 2016
Und genau aufgrund solcher unverständlicher Gerichtsentscheide, wird die Judikative nicht mehr Ernst genommen und Menschen wählen Populisten, welche die Gewaltenteilung mit Füssen treten...
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Schoggistängel
06.05.2025 14:17registriert April 2021
Interessant, dass das Wohlergehen eines kriminellen Einzelnen wichtiger ist als das Wohl der Allgemeinheit.

Sorry, aber wer straffällig wird sollte in dessen Ursprungsland ausgeschafft werden, egal was ihm/ihr dort blüht. Man muss es ihnen nur schon klarmachen, bevor diese zum Täter werden.
Dann würden sie sich es vielleicht nochmals überlegen, straffällig zu werden.
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