Schweiz
Klima

Neue Gletscher-Studie der UZH: So viel Eis ist bereits weg

Saas-Fee Gletscher Gletscherschmelze Klimawandel Schweiz
Der Feegletscher bei Saas Fee in den Walliser Alpen: In der Schweiz sind die Gletschermassen überdurchschnittlich stark zurückgegangen. Bild: watson/David Indumi

Eindrückliche Studie: So unfassbar viel Gletschereis ist seit 2000 verschwunden

19.02.2025, 17:0019.02.2025, 17:00
Mehr «Schweiz»

Fünf Prozent des weltweiten Gletschereises sind bereits geschmolzen. Zwischen den Jahren 2000 und 2023 gingen pro Jahr durchschnittlich 273 Milliarden Tonnen (als Zahl: 273'000'000'000) Eis verloren, wie eine am Mittwoch in der Fachzeitschrift «Nature» veröffentlichte Studie zeigt. Im Vergleich ist die Zahl sogar noch eindrücklicher:

«Die Eisschmelze der Gletscher entspricht damit jedes Jahr dem Wasserverbrauch der gesamten Weltbevölkerung in 30 Jahren.»
Michael Zemp (UZH)

Das sagte Studienleiter Michael Zemp von der Universität Zürich (UZH) der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Er rechnete dabei mit einem Wasserverbrauch von drei Litern pro Person und Tag.

So stark sind die Gletscher weltweit geschrumpft.
Die Gletscher gehen weltweit zurück.Bild: wgms.ch

Der Gletscherschwund hat sich dabei rapide beschleunigt. So schmolz ab 2012 durchschnittlich 36 Prozent mehr Eis pro Jahr als in der ersten Hälfte des Untersuchungszeitraums.

Für die Studie hat der an der UZH ansässige «World Glacier Monitoring Service» (WGMS) Daten von Satelliten und Feldmessung aus der ganzen Welt zum Gletscherschwund gesammelt, homogenisiert, kombiniert und analysiert. Obwohl es an sich nicht Neues ist, dass Gletscher schmelzen, sind solche neuen Untersuchungen laut Zemp wichtig, um zu wissen, mit welchen Schäden und Änderungen wir rechnen müssen. «So können wir präzise voraussagen, wo bis wann was passieren wird», sagte der Forscher.

Meeresspiegelanstieg mit Folgen

A truck sits in flood waters along the Cumberland River, Sunday, Feb. 16, 2025, in Clarksville, Tenn. (AP Photo/George Walker IV)
Überschwemmungen in den USA: Solche Ereignisse werden weiter zunehmen.Bild: keystone

Insgesamt haben schmelzende Gletscher damit den Meeresspiegel seit 2000 um 18 Millimeter ansteigen lassen. Pro Jahr entspricht das etwa 0,75 Millimeter. «Es ist ein kleiner Anstieg, der aber massive Auswirkungen hat», so Zemp. «Mit jedem Millimeter Meeresspiegelanstieg werden bis zu 300'000 zusätzliche Menschen einmal im Jahr überflutet.»

Gletscher seien damit nach der Erwärmung der Ozeane der zweitgrösste Verursacher für den steigenden Meeresspiegel. Das Schmelzen des Grönland-Eisschildes, des antarktischen Eisschildes und die Wasserspeicherung an Land trugen bisher weniger dazu bei.

Europäische Gletscher besonders betroffen

Besonders schlecht geht es dabei den Gletschern in den europäischen Alpen. Sie haben der Studie zufolge bereits 39 Prozent ihrer Masse verloren. Das deckt sich auch mit den Zahlen zur Schweizer Gletscherschmelze. Die Schweizer Gletscher haben Daten des Schweizer Gletschermessnetzes Glamos zufolge zwischen 2000 und 2024 rund 38 Prozent an Volumen verloren.

So stark betroffen sind die Gletscher in den unterschiedlichen Erdregionen.
So viel Masse haben die Gletscher in den unterschiedlichen Erdregionen verloren.Bild: wgms.ch

Auch die Gletscher im Kaukasus (-35 %), Neuseeland (-29 %), Nordasien (-23 %), Westkanada & USA (-23 %) und die tropischen Gletscher (-20 %) haben hohe Verluste erlitten.

Da es global gesehen bei uns relativ wenig Eis gebe, hätten die europäischen Gletscher aber vergleichsweise wenig zum Meeresspiegelanstieg beigetragen, erklärte Zemp. Für rund einen Millimeter Anstieg seien die europäischen Gletscher verantwortlich. Auf den antarktischen Inseln sei mit zwei Prozent zwar relativ gesehen wenig Eis verloren gegangen. Mit ihren viel grösseren Gletscherflächen seien sie aber trotzdem die Hauptverursacher des Anstiegs des Meeresspiegels.

«Jedes Zehntelgrad zählt»

«In den europäischen Alpen werden die Gletscher bei dieser Schmelzrate das Jahrhundert nicht überstehen», stellte Zemp klar. «Der Schaden ist angerichtet», so der Forscher. «Selbst wenn wir das Klimaproblem heute lösen würden, würden die Gletscher weiterschmelzen». Denn Gletscher reagieren laut dem Forscher mit einer Verzögerung auf Klimaveränderungen. Bis 2050 werden laut Zemp weitere 10 bis 20 Prozent des Gletschereises verloren gehen.

In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts jedoch hänge das Ausmass des weiteren Gletscherschwunds stark von unserem Handeln ab. Ohne wirksame Klimaschutzmassnahmen könnten bis zum Jahr 2100 bis zu 50 Prozent des Gletschereises verschwunden sein. Mit entschiedenen Gegenmassnahmen könnte dieser Wert auf etwa 25 Prozent begrenzt werden, so Zemp. «Da zählt jedes Zehntelgrad», betonte der Forscher. (leo/sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Gletscher in Gefahr
1 / 12
Gletscher in Gefahr
30. November: Wanderer auf dem Perito Moreno Gletscher in Argentinien.
quelle: getty images south america / mario tama
Auf Facebook teilenAuf X teilen
«Es hat mit Wehmut zu tun» – wie der Klimawandel die Schweizer Bergwelt verändert
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
45 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
45
    Andreas Glarner von SVP Aargau als Kantonalpräsident (und einzigen Kandidaten) bestätigt

    Der Aargauer SVP-Nationalrat Andreas Glarner bleibt Präsident der Kantonalpartei. Die Parteibasis hat den 62-jährigen Politiker am Kantonalpartei in Brittnau AG mit Applaus erneut für eine vierjährige Amtsperiode bestätigt.

    Zur Story