Kein Kükensterben mehr – ist jetzt alles gut?
Ein Hahn kann keine Eier legen. Für die Geflügelindustrie ist er wirtschaftlich wertlos – und wird deshalb nach dem Schlupf durch Vergasen getötet. Doch damit ist ab dem neuen Jahr Schluss.
In der konventionellen Landwirtschaft schlüpfen die sogenannten Brüderhähne, die männlichen Küken von Legehennen, künftig nicht mehr. Stattdessen werden männlichen Embryonen mittels spezieller Geschlechtsbestimmungstechnologie vor dem Ausbrüten aussortiert.
Die Fehlerquote liege bei zwei bis maximal fünf Prozent, sagt Gallosuisse-Präsident Daniel Würgler gegenüber SRF. Diese Küken werden dann wie bisher mit CO₂ getötet und kommen dann als Futter beispielsweise in Zoos.
In der Regel dauert es 21 Tage, bis aus einem Ei ein Küken schlüpft. Die Eier dürfen spätestens am Tag 12 nach der Befruchtung vernichtet werden, da ein Schmerzempfinden ab Tag 13 nicht mehr ausgeschlossen werden kann, wie uns die Juristin Sibel Konyo von der Stiftung für das Tier im Recht (TIR) mitteilt.
Die Bio-Landwirtschaft hat sich gegen die Geschlechtsbestimmung im Ei entschieden. Sie zieht die männlichen Küken der Legehennen nach dem Schlüpfen auf und nutzt diese anschliessend zur Fleischproduktion. Weiter setzt die Bio-Landwirtschaft auf Zweinutzungsrassen – speziell gezüchtete Hühner, bei denen die Weibchen Eier legen und die Männchen Fleisch liefern.
Aussortierung ist umstritten
Der Ausstieg aus dem Kükentöten ist aus der Sicht der Stiftung für das Tier im Recht ein erster Schritt in die richtige Richtung. Dennoch sieht sie die Methode der Geschlechtsbestimmung im Ei nur als Zwischenlösung in einem System der Intensivtierhaltung. «Das Aussortieren männlicher Hühnerembryonen stellt weiterhin eine Tierwürdemissachtung dar», kritisiert Konyo.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind sich zudem weitgehend uneinig, ob Embryonen bereits nach sieben – statt erst nach 13 Tagen – über Empfindungsfähigkeit verfügen.
«Erster Schritt in die richtige Richtung»
Abgesehen vom Töten männlicher Küken bestehen weitere Tierschutzbedenken: «Hennen werden heute auf eine maximale Legeleistung gezüchtet. Im Schnitt legen sie über 300 Eier pro Jahr. In den meisten Betrieben leiden die Tiere schon nach 12 bis 16 Wochen infolge der extremen Beanspruchung an Osteoporose, Organschäden oder anderen gesundheitlichen Problemen», erklärt Konyo. In der industriellen Eierproduktion würden sie daher frühzeitig getötet und durch neue, leistungsfähigere Tiere ersetzt.
Neben der intensiven Zucht spielen auch die verschiedenen Haltungsformen für das Wohl der Tiere eine wichtige Rolle. In der Schweiz ist je nach Alter, Grösse und Haltungssystem eine Besatzdichte von sieben bis zu 20 Hennen pro Quadratmeter vorgesehen. Die Bio-Haltung unterliegt strengeren Vorschriften: Zulässig sind maximal fünf Hennen pro Quadratmeter Stallfläche, wobei einem Tier mindestens fünf Quadratmeter Auslauf zur Verfügung stehen muss. TIR bewertet das den Tieren zur Verfügung stehende Platzangebot als nicht tiergerecht.
