Ich bemerkte es zwei Wochen nach meinem Einzug: Mir wurde Kleidung geklaut, die ich im Waschraum zum Trocknen aufgehängt hatte. Ich war mir nicht hundert Prozent sicher, deshalb ging ich einen Schritt weiter.
Beim nächsten Mal waschen habe ich Fotos gemacht, was ich alles zum Trocknen aufgehängt hatte. Als ich einen Tag später vorbeischaute, realisierte ich, dass ich recht hatte.
Jemand klaut tatsächlich frisch gewaschene Kleidung! Der Fakt, dass von mir nur Socken und Unterwäsche geklaut wurden, hinterliess bei mir einige Fragezeichen. Warum klaut jemand Socken, ist das ein Fetisch? Wurde auch anderen Nachbarn Kleidung geklaut? Und wenn Wäsche geklaut wird, wird auch anderes geklaut?
Zwei der drei Fragen wurden mir kurz darauf beantwortet. Denn an einem Tag sah ich bei der Eingangstüre zum Gebäude einen Zettel einer Nachbarin hängen. Sie schrieb: «Hat jemand mein Paket erhalten? Bitte legt es vor meine Türe oder ruft mich an.»
Ich hatte zunächst noch Hoffnung, dass jemand das Paket versehentlich mitgenommen hatte. Doch als ich am Abend von der Arbeit nach Hause kam, lagen mehrere aufgerissene Pakete am Boden neben der Eingangstüre. Dazu ein Zettel: «Ich habe diese Pakete während dem Joggen im Busch gefunden.» Mhm, genau.
Auf jeden Fall hatte ich seit diesem Zeitpunkt Angst, Pakete per Post zu bekommen. Und ich wollte herausfinden, was ich dagegen tun kann. Vorab: Der Vermieter ist machtlos. Eine Videokamera zu installieren, ist nicht erlaubt – auch da es zu viele Eigentümer gibt, die zustimmen müssten. Und ein Warnzettel wird auch nichts nützen, das hat mir ein Kollege bestätigt, der in seinem Block dasselbe Problem hat.
Tatsächlich ist es so, dass die Post nur dann haftet, wenn das Paket nicht korrekt geliefert wurde. Also dann, wenn das Paket zu gross für den Brief- oder Milchkasten war und es der Pöstler vor dem Hauseingang deponiert hat, anstatt es wieder mitzunehmen.
Eine Alternative wäre, wenn man vom Absender verlangt, die Pakete «Signature» zu verschicken, wie mir die Post auf Anfrage mitteilt. Das kostet zwar zwei Franken extra, dafür darf das Paket nur mittels Unterschrift übergeben werden. Eine günstigere Lösung wäre, das Paket an einen der «My Post 24»-Automaten zu schicken, wo man die Sachen abholen kann.
Gratis wäre ebenfalls, die Post per «PickPost» an einen Ort zu schicken, wo man sie abholen kann. Das sind oftmals lokale Geschäfte, SBB-Bahnhöfe, Tankstellen oder Quartier-Poststellen.
Damit wäre zwar das Problem mit den Paketen gelöst, aber die Wäsche wird noch immer geklaut. Als mir zum dritten Mal Kleidung entwendet wurde, kam kurz darauf eine Nachbarin in die Waschküche.
Ich konnte nicht anders, als meinem Ärger Luft zu machen. Und ich habe sie gefragt, ob ihr auch schon Wäsche geklaut wurde. «Mehrmals», sagte sie. Und: «Ich weiss sogar von wem.»
Einmal habe sie waschen wollen, doch die Waschmaschine sei voll gewesen. Als sie einige Stunden später immer noch nicht geleert war, habe sie die Kleidung einfach herausgenommen. «Dabei habe ich gemerkt – oh, das sind ja Sachen von mir, meinem Mann und von einer fremden Person.» Kurzerhand habe sie alle Kleidung fotografiert. Das Ziel: Sie wollte schauen, ob sie die Person irgendwann im Treppenhaus sieht.
Genau so sei es gekommen und die Täterin wurde ertappt. «Wir haben ihr einen Brief geschrieben, dass wir wissen, dass sie klaut.» Doch aufgehört habe sie auch danach nicht. Man ist machtlos gegen Wäsche-Diebe im eigenen Wohnblock.
Ein Happy-End gab es zum Glück doch noch: Die klauende Nachbarin zog vor wenigen Wochen aus. Seitdem ist es endlich ruhig im Block.