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Secondhand-Champions: Warum Schweizer im Online-Verkauf führend sind

Die Schweiz ist Secondhand-Europameister – doch der Schein trügt

Vier von fünf Schweizer Online-Shoppern kaufen oder verkaufen regelmässig Waren auf Ricardo, Ebay und Co. Wobei sie sich in mehreren Punkten von anderen europäischen Schnäppchenjägern im Netz unterscheiden.
27.09.2024, 09:27
Florence Vuichard / ch media
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Verkaufen statt verschrotten. Dieser Devise folgen hierzulande immer mehr Menschen, egal ob es sich beim zu entsorgenden Gegenstand um das alte, aber noch funktionstüchtige Mountain-Bike handelt, um die mittlerweile ausrangierten Esszimmerstühle oder ein Abendkleid, das man nur einmal getragen hat.

A woman browses sneakers at a secondhand clothing shop in Union Square, Saturday, Jan. 13, 2024, in New York. (AP Photo/Peter K. Afriyie)
In der Schweiz lautet die Devise: verkaufen statt verschrotten.Bild: keystone

Mehr noch: Verkaufen ist zu einer Art heimlichen Volkssports geworden. Denn in keinem anderen europäischen Land verkaufen mehr Privatpersonen Secondhand-Produkte im Internet als in der Schweiz. Das geht aus dem neusten E-Shopper-Barometer des Paketdienstleisters DPD hervor, für den über 24'000 Personen in 22 Länder befragt wurden, darunter auch gut 1000 in der Schweiz.

Von den «regelmässigen» Online-Shoppern, also von jenen, die mindestens einmal im Monat im Internet etwas einkaufen, nutzen hierzulande 57 Prozent sogenannte Customer-to-Customer-Plattformen wie Ricardo, Tutti, Ebay oder Anibis für ihre Verkäufe. Ebenfalls vergleichsweise hohe Werte erreichen die Niederlande und Spanien mit je 55 Prozent. Im europäischen Schnitt hingegen geben «nur» 46 Prozent der befragten regelmässigen Online-Käufer an, solche Customer-to-Customer-Plattformen zu nutzen.

Die hierzulande Befragten begründen ihre Verkaufsfreudigkeit gemäss DPD-Barometer hauptsächlich mit zwei Anliegen: Sie wollen intakte, aber nicht mehr benötigte Produkte weitergeben und letztlich so einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft leisten. Und sie wollen bei sich zu Hause Platz schaffen. Erst an dritter Stelle folgt das pekuniäre Ziel, also die Absicht, mit dem Verkauf auch etwas Geld zu verdienen.

Anders ist die Situation bei den Käufern. Der mit 55 Prozent mit Abstand meistgenannte Grund fürs Shoppen bei Ricardo und Co. ist der günstige Preis. Danach folgt die Unterstützung der Kreislaufwirtschaft, wobei diese nur einem guten Drittel ein Anliegen ist.

Viele verkaufen, wenige kaufen

Der Anzahl jener, die Customer-to-Customer-Plattformen nutzen, nimmt zu. Im Vorjahr gaben noch 76 Prozent der hiesigen Online-Shopper an, Secondhand-Waren im Internet zu kaufen und zu verkaufen. Bei der neusten Umfrage sind es schon 82 Prozent – wobei davon 34 Prozent einzig als Verkäufer auftreten. Der Anteil dieser Gruppe ist im Vergleich zum Vorjahr sogar noch überproportional gestiegen. Das zementiert das Bild des Schweizer Shopping-Sonderfalls: Während hierzulande also überdurchschnittlich viele Menschen gebrauchte Waren im Internet verkaufen, kaufen gleichzeitig unterdurchschnittlich wenige Leute bei Secondhand-Plattformen ein. Nur gerade 48 Prozent der regelmässigen E-Shopper erwerben Sachen auf Ebay und Co., im europäischen Schnitt sind es 58 Prozent.

In der Schweiz kaufen die Befragten durchschnittlich elfmal pro Jahr im Netz etwas von Privatpersonen ab. Die Übergabe der Ware findet in 50 Prozent der Fälle persönlich statt. Im europäischen Schnitt liegt dieser Wert bei nur 32 Prozent.

Die Folgen der Corona-Pandemie

Insgesamt hat die Zahl der Nutzer und Nutzerinnen von Secondhand-Plattformen europaweit seit 2020 «markant» zugenommen, wie dem Onlineshopping-Barometer zu entnehmen ist. Und sie wird noch «stark wachsen», wie Tilman Schultze, Chef von DPD Schweiz, anfügt. Die Studienautoren führen das Plus auf zwei wesentliche Trends zurück: zum einen auf das gestiegene «Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft», zum anderen auf die ökonomischen Folgen der Corona-Pandemie. Die hohe Inflation hat in vielen Ländern die Kaufkraft massiv geschmälert, davon dürften die günstigeren Secondhand-Plattformen profitiert haben.

Auch in der Schweiz lässt sich die Zunahme auf die Corona-Pandemie zurückführen. Zwar fiel die Teuerung hier weniger stark aus. Aber viele nutzten den Lockdown, um ihre Keller und Wohnungen aufzuräumen. Das würde jedenfalls erklären, weshalb Platzmangel hier einer der wichtigsten Verkaufstreiber ist. (aargauerzeitung.ch)

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77 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Overton Window
27.09.2024 10:23registriert August 2022
"Erst an dritter Stelle folgt das pekuniäre Ziel, also die Absicht, mit dem Verkauf auch etwas Geld zu verdienen."

Yeah right.

Ich habe bis vor ein- zwei Jahren fast mein ganze Haus- und Werkstatt-Einrichtung auf Ricardo, teilweise für einen Franken, gekauft. Heutzutage sind solche Angebote selten und die Mindestgebote oft höher als was man für dasselbe auf Galaxus oder im Ikea neu bezahlt. Dasselbe gilt übrigens für Schweier Brockenstuben. Zum Glück gibt es beim Letzteren eine goldene Ausnahme in meiner Nähe 😉
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