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Toilettenpause am Arbeitsplatz: Gesetzeslücke zeigt Handlungsbedarf

Frau auf Toilette mit WC-Papier (Symbolbild)
Arbeitgeber dürfen verlangen, dass Mitarbeitende für den WC-Gang ausstempeln. Ein Mitte-Politiker aus dem Tessin will das ändern.Bild: Shutterstock

Musst du beim Gang aufs WC ausstempeln? Das könnte sich bald ändern

Ein Nationalrat fordert, dass WC-Pausen künftig gesetzlich als Arbeitszeit gelten. Eine Selbstverständlichkeit? Eben nicht.
17.12.2024, 12:2417.12.2024, 13:03
Thomas Wey
Thomas Wey
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Der Tessiner Nationalrat Giorgio Fonio fordert in einer Motion, dass der Bundesrat gemeinsam mit den Sozialpartnern die gesetzlichen Grundlagen für bezahlte WC-Pausen erarbeitet.

Giorgio Fonio, Mitte-TI, spricht waehrend der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 12. Dezember 2024 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Der Mitte-Politiker Giorgio Fonio sitzt seit Dezember 2023 im Nationalrat.Bild: keystone

Wie Fonio gegenüber 20 Minuten erklärt, sei «der Gang zur Toilette ein physiologisches Bedürfnis und muss daher in die Arbeitszeit eingerechnet werden».

Aber ist das nicht längst so geregelt? Überraschenderweise nicht ...

Lücke im Arbeitsgesetz

Grundsätzlich sind die Pausen im Arbeitsgesetz verankert. Doch Artikel 15 behandelt nur die Länge der Pausen – nicht deren Zweck. Hier klafft eine Lücke im Gesetz.

Und diese Lücke führte kürzlich zu einem richtungsweisenden Urteil. Das Kantonsgericht Neuenburg entschied, dass Toilettenpausen wie andere Kurzpausen als Arbeitsunterbrechungen gelten. Somit dürfen Chefs verlangen, dass die Mitarbeitenden für den WC-Gang ausstempeln.

In der Praxis ist diese Vorgabe aber nur selten der Fall. Der Schweizerische Arbeitgeberverband ging im Oktober auf Anfrage von CH Media davon aus, dass der Toilettengang «in den allermeisten Fällen zur bezahlten Arbeitszeit gehört».

Dann sollte der Vorschlag von Giorgio Fonio ja eigentlich problemlos durchkommen, oder?

Gewerbe und Politik setzen auf Pragmatismus

Nicht ganz. Trotz Gesetzeslücke sehen nicht alle Handlungsbedarf. So betont etwa der Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands, Urs Furrer, dass im Gewerbe Pragmatismus herrsche und keine Regelung nötig sei. «Man muss nicht für jedes Problem nach dem Richter rufen oder ein neues Gesetz machen», sagt er.

Auch SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr spricht sich gegen die gesetzliche Regelung der WC-Pausen aus. Für sie ist der Vorschlag «Mikromanagement». Sei man dafür, müsse man auch Rauchpausen, Dehnübungen oder kurze Spaziergänge regulieren.

Diana Gutjahr, Nationalraetin SVP (TG) spricht waehrend einer Medienkonferenz des ueberparteilichen Komitees "JA zur Renteninitiative", am Donnerstag, 1. Februar 2024 in Bern. Am 3. Maerz 20 ...
Die SVP-Politikerin Diana Gutjahr führt mit ihrem Mann einen Stahl- und Metallbau-Betrieb. Sie hält nichts von der Motion.Bild: keystone

In Gutjahrs Betrieb müssen Mitarbeitende nicht ausstempeln, wenn sie auf die Toilette gehen. Dennoch wird das Thema immer wieder angesprochen, da einige Mitarbeitende überdurchschnittlich häufig und lange pausieren. «Das macht auch die Stimmung im Team kaputt», sagt sie gegenüber 20 Minuten.

In dieser Hinsicht sind sich Gutjahr und der Initiator der Motion einig. Auch er möchte einen Missbrauch der WC-Pausen verhindern. «In solchen Fällen müssen Massnahmen ergriffen werden», erklärt er. Letztendlich müsse das Konzept des Vertrauens überwiegen.

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133 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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ingmarbergman
17.12.2024 13:03registriert August 2017
Firmen die immer noch denken, dass reine zeitliche Anwesenheit und nicht Output der Arbeit zählen, haben es verdient unterzugehen.
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Theia
17.12.2024 12:53registriert März 2020
Na ja, immerhin pendeln wir alle auf unsere Kosten zum Arbeitgeber. Irgendwann ist dann auch mal gut mit der Arbeitsdiktatur.
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Sarkasmusdetektor
17.12.2024 12:57registriert September 2017
Bei so einem Arbeitgeber würde ich keine Woche bleiben.
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    Ich hasse Sonne
    Eine kleine Schimpferei auf den Abschaum am Himmelsgewölbe.

    Da ist es wieder, das runde, grelle Ding am Firmament, leuchtend und erfrischend strahlt es einem ins Gesicht, wärmt den Körper, Geist und Seele, streichelt dir über die Haare als wären es Mutters zarte Hände.

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