Strawberry Ice, Blue Razz Lemonade oder Cola – die Einweg-Vapes (E-Zigaretten) mit Geschmack haben die Schweiz in Windeseile erobert. Das Problem: Nach nur 600 Zügen landet das Ding im Abfall. Dabei gehört es dort eigentlich gar nicht hin.
Es gibt verschiedene Vapes: Solche mit wieder beladbarem Akku, solche mit verstellbarer Temperatur und solche, bei denen sich gar nichts verstellen lässt. Ein Einweg-Vape der hierzulande beliebten Marke Elf Bar kostet online um die 8.90 Franken und besteht aus einem Mundstück, einem Lithium-Akku, einem Behälter mit Liquid, einem Verdampfer und einer meist bunten Plastikhülle.
Auf der Webseite vape.ch wird der Elf Bar mit diesem Hinweis beworben: «Einweg E Zigaretten sollten aus ökologischer Sicht nur als ‹Testgerät› oder für ‹Notfälle› genutzt werden. Gerne beraten wir dich in unseren Shops zu besseren Alternativen, welche wiederaufladbar und nachfüllbar sind.»
Weiter unten wird der Konsument aufgefordert, er solle die leeren Vapes doch kostenlos zurück in den Shop bringen, damit sie fachgerecht entsorgt werden können. Dieser Aufforderung folgen jedoch nur die allerwenigsten – dies bestätigt Sabrina Bjöörn, die stellvertretende Geschäftsführerin der Stiftung Sens. «Wenn wir mit unseren Sammelstellen sprechen, merken wir, dass nur ein verschwindend geringer Teil davon auch wirklich zurückgegeben wird.» Sens kümmert sich in der Schweiz um die Wiederverwertung von ausgedienten Elektro- oder Elektronikgeräten.
Auch Zahlen aus dem Vereinigten Königreich zeigen auf, wie gross das daraus resultierende Abfallproblem wirklich ist. Laut der «Leicestershire Waste Partnership» werden im landesweit mindestens 1,3 Millionen Einweg-Vapes weggeworfen – und zwar wöchentlich.
Dabei müssten – hier in der Schweiz zumindest – die Inverkehrbringer der Disposable Vapes dafür sorgen, dass diese richtig entsorgt werden und für die Kosten ihres Recyclings aufkommen, während der Konsument bloss von einer Rückgabepflicht betroffen ist.
Wie Sabrina Bjöörn erklärt, wäre das Recycling der Vapes gleich aus zwei Gründen wichtig. Erstens werde sichergestellt, dass keine schädlichen Stoffe in die Umwelt gelangen und zweitens schone man Ressourcen, indem man Rohstoffe wiederverwendet.
Das Auseinanderbauen der Einweg-Vapes geschieht zum jetzigen Zeitpunkt noch in Handarbeit – der Prozess soll jedoch weiter optimiert werden.
Vor gut einem Jahr ist der Trend der kunterbunten Wegwerf-Vapes in der Schweiz angekommen – seither kann man die Dampfer an fast jeder Ecke kaufen: im Kiosk, im Schlüsseldienst oder sogar im Schuhgeschäft. Mit dem wachsenden Markt wurde eine langfristige Entsorgungs-Lösung immer dringender – kurz vor Weihnachten 2022 begann man, sich um eine Branchenlösung zu bemühen.
Mario Puppo ist Präsident der «Swiss Vape Trade Association», dem Verband der Vape-Verkäufer der Schweiz. Ihm gehört der Onlineshop vape.ch und ein Dampfer-Fachgeschäft in Uster, eines in Wetzikon, sowie eines in Effretikon. Gegenüber watson erzählt er, wie die Lösung des Problems seinen Anfang nahm: «Der Verband und Sens haben das Gespräch zueinander gesucht. Kurz vor Weihnachten haben wir all unseren Mitgliedern empfohlen, beizutreten und den speziell für die Branche angefertigten Recycling-Vertrag mit der Sens abzuschliessen.» Bereits jetzt hätten die ersten grossen Anbieter unterschrieben, meint Puppo begeistert.
Um eine Branchenlösung zu suchen, so Bjöörn, sei es erst einmal wichtig gewesen, von der Branche «ein gewisses Commitment zu spüren». Als dieses festgestellt war, wurden in einem ersten Schritt Möglichkeiten gesucht, die beim Verkaufspunkt ansetzen. Zusammen mit der Post arbeitet Sens zurzeit an einer schweizweiten Sammel-Lösung: «Alle Verkaufsstellen von Einweg-Vapes erhalten Taschen – so wie es beispielsweise bei den Nespresso-Kapseln gehandhabt wird –, damit sie die leeren Produkte sammeln und der Recycling-Stelle weitergeben können.» Pro verkauftem Vape bezahlen die Teilnehmer dann einen fixen Recyclingbeitrag.
In einem nächsten Schritt sollen diese Sammelsäcke auch für die Konsumenten verfügbar sein, sodass diese nicht in eine Verkaufsstelle gehen müssen, um ihre aufgebrauchten E-Zigaretten zu retournieren. Es sei naiv zu erwarten, dass der Kunde seinen Vape extra an eine Sammelstelle bringe. Damit es funktioniert, müsse «mehr Convenience ins Konzept gebracht werden», meint Bjöörn. In Zukunft könnten die Verbraucherinnen ihre Vapes vielleicht in einem Sack im Briefkasten platzieren und die Post sammelt diese ein.
Mario Puppo und Sabrina Bjöörn sind stolz darauf, dass innert kürzester Zeit eine Lösung für die gesamte Branche zustande gekommen ist. Puppo sagt: «In anderen Ländern gibt es solche Einweg-Vapes schon länger und es wurde bisher trotzdem keine Lösung gefunden für die Entsorgung.» Im zweiten Quartal des 2023 sollte die Zusammenarbeit voraussichtlich starten.
Dennoch handelt es sich bei dieser Abmachung um eine freiwillige. Theoretisch kann sich jeder Inverkehrbringer selbstständig um das Recycling seiner Ware kümmern – es würde aber Sinn machen, wenn schweizweit ein System gälte, meint Bjöörn. Sens betreibt ein freiwilliges Rücknahmesystem, das auf die Mitarbeit des Verbandes und auf die Solidarität seiner Mitglieder angewiesen ist.
Sens hat durch ihren Webauftritt ein kleines Druckmittel zur Hilfe – sie veröffentlicht nämlich, wer am System teilnimmt und wer nicht. Wer sich auch nach mehrmaligem Nachhaken noch nicht an diesem Rücknahmesystem beteiligen will, wird in der Liste der Nicht-Systemteilnehmer aufgeführt.
Wer mitmacht, trägt solidarisch auch die Entsorgungskosten jener mit, die sich nicht bei Sens verpflichten. Sie müssen dementsprechend Vapes von allen Anbietern zurücknehmen. Bereits heute müssen Importeure von Batterien und Akkus ihre Ware der «Inobat» melden. Die «Inobat» agiert im Auftrag des Bundes und sorgt dafür, dass jede in die Schweiz eingeführte Batterie fachgerecht entsorgt wird. Bei Einweg-Vapes fällt jedoch noch weiterer Abfall an – um diesen kümmert sich Sens.
Klimajugend und Einweg-Vape scheint widersprüchlich: Gerade die junge Generation, die jungen Erwachsenen von heute, haben für bekanntlich ja eine besondere Affinität für Umwelt-Themen. Und doch sind es laut einem Beitrag des SRF genau diese jungen Menschen, die 600 Mal an ihren «Elf Bars» ziehen, um sie dann samt Akku in den Müll zu schmeissen. Davon war auch Mario Puppo überrascht, als er seiner Kundschaft die Vorteile einer wiederverwendbaren E-Zigarette aufzeigte: Das Argument, ein aufladbarer Vape sei auf Dauer kostengünstiger, ziehe bei den Jungen leider viel besser, als das Argument der Umweltfreundlichkeit.
Letztes Jahr, so Puppo, waren etwa 30 Prozent des Umsatzes der Branche durch den Verkauf von Einweg-E-Zigaretten generiert worden – seit Juli 2022 nehmen die Zahlen allmählich ab. Entweder, weil sich mehr Menschen einen wiederverwendbaren und wiederbefüllbaren Vape kaufen, oder, weil sie ihre Wegwerf-Vapes einfach woanders, in einem nicht darauf spezialisierten Geschäft, kaufen.
Wer dampfen will, soll sich etwas richtiges, aufladbares und nechfüllbares in einem Fachgeschäft kaufen. Die Investitionskosten sind zwar am Anfang höher, aber mit der Zeit ist es sicher günstiger, vor allem aber besser für die Umwelt.