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Bei Pfadilagern und Sportvereinen droht happiger Preisaufschlag

Pfadi-Bundeslager bei Ulrichen VS (28.7.2022)
Bald reisen zahlreiche Kinder und Jugendliche ins Lager. Bereits im nächsten Jahr könnte das teurer werden.Bild: Mischa Christen

Bei Pfadilagern und Sportvereinen droht happiger Preisaufschlag

Für Lager und Trainings will der Bund künftig weniger Geld bezahlen. Doch der Widerstand gegen die Kürzungen ist gross. Es zeichnet sich ein Kompromiss ab.
26.06.2025, 20:3126.06.2025, 20:31
Michael Graber / ch media
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65’000 Turnerinnen und Turner haben am Eidgenössischen Turnfest in Lausanne ihr Können gezeigt. Zehntausende Kinder und Jugendliche gehen in den nächsten Wochen in Sommerlager in der ganzen Schweiz. Beide profitieren von den Unterstützungsmassnahmen durch Jugend und Sport (J+S). Doch diese Beiträge werden nun gekürzt.

Für einen Skitag beispielsweise gibt’s pro Teilnehmerin oder Teilnehmer und Stunde statt 1.30 Franken ab kommendem Jahr nur noch 1.04 Franken, bei Pfadilagern sind es pro teilnehmende Person und Tag statt 16 Franken noch 12.80 Franken. Das entspricht einer Kürzung um 20 Prozent. Bekannt gegeben hat das Bundesamt für Sport (Baspo) diese in der vergangenen Woche – mit Verweis auf die Planungssicherheit der Vereine.

Für Christian Lohr ist das «beinahe schon ein Skandal». Der Mitte-Nationalrat aus dem Thurgau hatte sich bereits im vergangenen Jahr im Parlament gegen eine drohende Kürzung gewehrt. «Das war auch als Missfallensausdruck gedacht – leider hat es nicht genützt», sagt Lohr. Sollten die Beiträge tatsächlich in diesem Rahmen gekürzt werden, so wäre das «ein Schritt in die komplett falsche Richtung».

Die Entwicklung nicht abklemmen

Es liege im Interesse aller, dass sich Kinder und Jugendliche genügend bewegen und soziale Kontakte pflegen – genau das, was die geförderten Vereine und Sportarten vermitteln. «Das kommt der Gesellschaft etwa mit tieferen Gesundheitskosten zugute», ist Lohr überzeugt.

Er stört sich zudem an der «fast zynischen Begründung» für die Kürzungen: Der Bund spricht in der Mitteilung davon, dass «J+S Opfer seines eigenen Erfolgs» geworden ist. Da immer mehr Sportarten und Lager unterstützt werden und immer mehr Kinder und Jugendliche teilnehmen, ist der Fördertopf ausgeschöpft. Es gab zwei Möglichkeiten: den Topf, der derzeit mit jährlich 115 Millionen Franken gefüllt ist, aufzustocken oder – wie passiert – die Beiträge zu kürzen.

Es drohe die Gefahr, dass der Bund die gute Entwicklung abklemme. «Das wäre eine Vollbremsung», sagt Lohr. Würde der Bund die Beiträge nicht kürzen, würde das jährlich Mehrkosten von 23 Millionen Franken verursachen. Das ist nicht wahnsinnig viel Geld auf das gesamte Bundesbudget – in Zeiten von Entlastungspaketen und drohenden Defiziten aber auch kein Klacks.

Eine Kürzung der Kürzung

«Niemand will in seinem Bereich sparen, aber alle wollen sparen», fasst es Christian Lohr zusammen. Trotzdem ist er guter Dinge, dass Jugend und Sport am Ende glimpflicher davonkommt. Das Parlament kann in der kommenden Budgetdebatte eingreifen, und auch im Rahmen des Entlastungspakets von Karin Keller-Sutter sind weitere Einsparungen im J+S-Budget vorgesehen. «Der Sport und die Jugendvereine haben eine starke Lobby», gibt sich Lohr zuversichtlich.

Wahrscheinlicher als eine komplette Rückgängigmachung sei allerdings eine Kürzung der Kürzung. Konkrete Zahlen will Lohr noch nicht nennen. Aber so wären etwa Einschnitte um 10 Prozent ein möglicher Kompromiss. Die zusätzlichen Gelder sollen, geht’s nach dem Nationalrat, innerhalb des Baspo kompensiert werden. Sprich: Andere Bereiche sollen zugunsten von J+S weniger Mittel erhalten.

Lohr ist sich bewusst, dass auch das heikel ist. Er will daher auch nicht explizit sagen, wo diese Mittel herkommen sollen. «Sinn machen Einsparungen dort, wo sie durch andere Geldquellen kompensiert werden können», so Lohr. Damit dürften sportliche Grossanlässe gemeint sein, wo fehlende Bundesgelder durch Sponsoren aufgefangen werden können. «Wir müssen priorisieren», sagt der Ostschweizer.

Er befürchtet, dass bei geringeren Bundesgeldern die Beiträge für die Jugendlichen erhöht werden und so Lager und Mitgliedschaften in Sportvereinen teurer werden. Gerade für Familien, die den Gürtel eh schon eng schnallen müssten, könnte das ein Ausstiegsgrund sein. Und es wäre ein «fatales Signal» an alle, die ein Ehrenamt ausüben würden, sagt Lohr.

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24 Kommentare
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maylander
26.06.2025 21:10registriert September 2018
J+S kommt in der vollen Breite an und nicht nur an der Spitze. Dort zu knausern wäre völlig falsch.
Diese Kurse und Lager sondern nicht nur gut für die körperliche Gesundheit sondern vor allem auch für den sozialen Zusammenhalt. Es ist doch viel besser wenn die Leute in einem echten Zeltlager etwas erleben statt jeder für sich in einer virtuellen Blase.
Zudem leisten viele Jugendliche und junge Erwachsenen in ihrer Freizeit ihren Beitrag als Leiter oder Helfer ohne Entschädigung.
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Znünichlauer
26.06.2025 21:05registriert Mai 2021
Dochdoch, hier macht sparen richtig Sinn.

Mannmann, spinnen jetzt alle? Und nachher wieder das rumgenöle wenn die Jungen psychologische Unterstürzung brauchen, weil sie es nicht mehr gewöhnt sind, Probleme untereinander zu lösen.

Aber eben, hoch lebe die Pauschalbesteuerung.
Wie doof darf man sein, ohne dass es ein Strafbestand wird🤯.
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SUP_2
26.06.2025 21:10registriert März 2016
Die selben, die die sportliche Aktivität der Kinder kürzt, sind die welche das Tabakproduktegesetz torpedierten! Sie wollen einfach eine fette und süchtige Gesellschaft
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