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Frau, Mutter, mit Migrationshintergrund – Ylfete Fanaj aus Luzern

Frau mit Migrationshintergrund – sie schaffte die Sensation in Luzern

15.05.2023, 19:07
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Am Sonntag gab es in Luzern eine kleine Wahl-Sensation: Ylfete Fanaj wurde als Regierungsrätin für die SP gewählt.

Fanaj inszeniert sich auf ihrer Website als volksnahe Macherin – in Gesprächen mit Mitmenschen, als Zentrum eines Abendessens mit Freunden oder als Sprecherin auf der Bühne.

Nach ihrer Wahl gibt sie sich bescheiden: Sie freue sich fast mehr darüber, dass die Linke nach acht Jahren wieder in der Regierung sei, als dass sie als Person die SP vertrete.

Das ist aber nicht die kleine Wahl-Sensation, sondern: Mit Ylfete Fanaj wurde schweizweit erstmals eine Frau mit Wurzeln in Ex-Jugoslawien in eine Kantonsregierung gewählt.

Die 40-Jährige ist die Tochter eines Mannes aus dem Kosovo, der kurz vor ihrer Geburt für ein paar Monate zum ersten Mal in die Schweiz einreiste. Als Saisonnier. Neun Jahre später konnte der Lastwagenchauffeur seine Frau und die Kinder via Familiennachzug in die Schweiz holen.

Die Wahl von Fanaj sorgt auch für eine zweite Premiere: Zum ersten Mal in der Geschichte des Kantons sitzen zwei Frauen im fünfköpfigen Regierungsrat von Luzern – nachdem zuvor ein reines Männerteam politisierte. Auch die Mitte-Frau Michaela Tschuor hat Wurzeln im Ausland, nämlich im deutschen Ruhrpott. Dazu ist die Luzerner Regierung jetzt eine der jüngsten in der Schweiz.

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Michaela Tschuor mit Ylfete Fanaj. Bild: keystone
Die Luzerner Regierungsraete Armin Hartmann, SVP, Reto Wyss, Die Mitte, Fabian Peter, FDP, Michaela Tschuor, Die Mitte, und Ylfete Fanaj, SP, von links, posieren fuer ein Gruppenbild anlaesslich dem z ...
Jung und weiblicher, die neue Luzerner Regierung: Armin Hartmann (SVP), Reto Wyss (Mitte), Fabian Peter (FDP), Michaela Tschuor (Mitte) und Ylfete Fanaj (SP). Bild: keystone

Fanaj wurde 1982 im heutigen Kosovo geboren. Seit ihrem neunten Lebensjahr wuchs sie in Sursee auf. Heute lebt sie mit Mann und kleinem Kind in der Stadt Luzern. Gegenüber dem Blick sagt sie, dass sie sich in erster Linie als Luzernerin sehe. Und das sieht auch ihr Wohnort so. In einer Medienmitteilung heisst es: «Die Stadt Luzern freut sich, dass wieder eine Stadtluzernerin den Regierungsrat mitprägen wird.»

Fanaj ist gelernte Kauffrau und studierte Sozialarbeiterin. Sie betont, dass sie auch während ihres Studiums immer gearbeitet habe. Ihre erste politische Erfahrung sammelte sie im Grossen Stadtrat. Ab dem Jahr 2011 war Fanaj Kantonsrätin, 2020 war sie Kantonsratspräsidentin, zuvor leitete sie während vier Jahren die SP-Fraktion. Politisch ist Fanaj also alles andere als ein unbeschriebenes Blatt.

Die neugewaehlte Luzerner Regierungsraetin Ylfete Fanaj, SP, feiert mit ihrer Familie den Einzug in die Regierung anlaesslich dem zweiten Wahlgang der Regierungsratswahlen im Kanton Luzern am Sonntag, ...
Fanaj mit ihrer Familie in der Stadt Luzern.Bild: keystone

In Luzern haben rund 30 Prozent der Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Und diese Menschen erlebten in der Schweiz im Alltag Diskriminierung – auch beim Zugang zu politischen Ämtern, schreibt das Institut Neue Schweiz (INES). Auch wenn sie sich in erster Linie als Luzernerin sieht, lässt Fanaj ihre Lebensgeschichte zwischendurch aufblitzen. So sagte sie bei der Ratssession nach der Wahl zur Kantonsratspräsidentin:

«Mit Ihrer Stimme haben Sie ermöglicht, dass 50 Jahre nach der Einführung des kantonalen Frauenstimmrechts eine Frau gewählt wird, die sich aktiv darum bemühen musste, eine politisch gleichgestellte Bürgerin zu werden.»

Man glaubt ihr gerade darum, wenn sie sagt, dass sie sich in ihrem neuen Amt als Regierungsrätin für soziale Gerechtigkeit und mehr Dialog einsetzen wolle.

In ihrer Wahlanalyse kommt die «Luzerner Zeitung» zum Schluss, dass Fanaj in der neuen Regierung eine zentrale Rolle als Brückenbauerin einnehmen müsse. Dies könne sie erreichen, wenn sie «ihre Partei weg aus der oft kategorischen Opposition auf einen konzilianten Kurs» bringe.

(yam)

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35 Kommentare
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Fred_64
15.05.2023 19:24registriert Dezember 2021
Das was hier passiert ist, ist im Geschäftsleben schon normal.
Da streben sehr viele mit Migrationshintergrund, vornehlich aus Ex-Yugoslawien, mit guten Ausbildungen nach oben. Sie wollen es besser haben als ihre Eltern es gehabt haben. Dazu kommt, dass sie aus diesem Grund von zu Hause auch stark gepusht werden.
Genau diese Personen werden in naher Zukunft, welche in vielen Firmen schon länger begonnen hat, in den Kaderstufen nach oben wandern.
Das ist gut für die Schweiz und gut für die Wirtschaft.
Dies ist dann blöd für unsere rechten Patrioten, welche einen Chef mit ....ic bekommen. 😅🤣
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Bav
15.05.2023 22:19registriert Januar 2016
Während des Walkampfes war das eigentlich kein grosses Thema (So sollte es auch sein). Frau Fanaj wird in Luzern schon lange als gute Politikerin geschätzt.
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Rick Hunter
15.05.2023 20:30registriert November 2022
Herzlichen Glückwunsch an Frau Fanaj. Ich hoffe von ganzem Herzen, dass sie eine effiziente und fleißige Politikerin sein wird, damit die Schweizer Wählerinnen und Wähler wissen, dass auch die Secondos und diejenigen, die in diesem Land nicht zufällig, sondern aus eigener Entscheidung leben, wollen, dass es diesem Land gut geht und dafür arbeiten. Außerdem freut es mich, dass es jemanden gibt, der unsere Untervertretung einigermaßen ausgleicht.
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