Schweiz
Luzern

Albanien beschlagnahmt Vermögen von Luzerner Balkan-Clan

Detail view of the nineth Swiss banknote series: ten, twenty and fifty, hundred, two hundred and thousand Swiss franc note, photographed on November 7, 2019. (KEYSTONE/Gaetan Bally)

Detailansicht der ...
Bündelweise Schweizer Franken hortete ein mutmasslicher albanischer Drogenboss in Tirana. Hier ein Archivbild.Bild: KEYSTONE

Boss hortete Schweizer Franken – Albanien beschlagnahmt Vermögen von Luzerner Balkan-Clan

Die albanische Staatsanwaltschaft zieht zudem Wechselstuben aus dem Verkehr, die mit der Drogengeldwäsche aus Luzern in Zusammenhang stehen sollen.
05.08.2025, 12:5405.08.2025, 12:54
Henry Habegger / ch media

SPAK ist die Abkürzung für die albanische Spezialstaatsanwaltschaft, die gegen Korruption und organisierte Kriminalität ermittelt. Sie gilt als relativ unabhängig, ging auch schon gegen Personal des seit 2013 regierenden Ministerpräsidenten Edi Rama vor.

Jetzt ist die SPAK erneut gegen die kriminelle Bande aktiv geworden, die über ein Luzerner Reisebüro mit Ableger in Basel jahrelang Drogengelder gewaschen haben soll. Die SPAK liess in Albanien Vermögenswerte von zwei mutmasslichen Bossen vorsorglich beschlagnahmen. Diese Werte stammten mutmasslich aus kriminellen Aktivitäten:

  • Eine Wechselstube, die der Familie des in der Schweiz inhaftierten operativen Bosses des Clans gehört. Dieser hatte seinen 50-Prozent-Anteil 2021 an seine Frau überschrieben, die andere Hälfte gehört seinem Vater.
  • Eine Immobilie in Tirana, die 2017 für angeblich 200’000 Euro erworben wurde.
  • Eine zweistöckige Villa an der Küste bei Durrës.
  • 77’160 Schweizer Franken in bar
  • Bei Hausdurchsuchungen wurden zudem andere Vermögenswerte im Wert von umgerechnet 700’000 Euro konfisziert.
  • Eine zweite Wechselstube, inklusive aller Vermögenswerte, die im Namen einer anderen Firma Geldtransferaktivitäten durchführt. Diese Wechselstube gehört gemäss albanischem Firmenregister der Ehefrau eines der beiden Albaner, die in Tirana in Haft sitzen.

Der Mann wurde bereits 2018 in Albanien einmal wegen Kokainhandels verhaftet. Auffallend ist, dass er langjährige Beziehungen in die Schweiz hat: Er lebte Anfang der 2000er-Jahre längere Zeit mit seiner Familie in der Region Biel. Seine Verwandtschaft ist in der Schweiz in diversen Geschäftsfeldern sehr aktiv.

Gehört dem Balkan-Clan: Wechselstube in Tirana.
Gehört dem Balkan-Clan: Wechselstube in Tirana.Bild: FB

Öffentlich bekannt wurden die Strafverfahren gegen den Albaner-Clan im September 2024, als die Schweizer Bundesanwaltschaft sechs Personen wegen Verdachts auf Verbandelung mit einer kriminellen Organisation, Geldwäsche und Drogenhandel verhaftete. Vier dieser Personen gehören zum Umfeld eines Luzerner Reisebüros. Eine fünfte Person war als Geldkurier und Fahrer des ebenfalls verhafteten Schweiz-Bosses der Bande aktiv, dessen Vermögenswerte nun in Albanien beschlagnahmt wurden.

Mittels Hawala-Banking, das auf Vertrauen beruht und kaum Spuren hinterlässt, soll der Clan Millionen aus der Schweiz nach Kosovo und Albanien transferiert haben. Die Wechselstuben hüben und drüben spielten dabei offensichtlich eine wichtige Rolle.

Wechselstube in Tirana, ebenfalls vorsorglich beschlagnahmt.
Wechselstube in Tirana, ebenfalls vorsorglich beschlagnahmt.Bild: FB

Auch in der Schweiz hat die Justiz Vermögenswerte der Beschuldigten beschlagnahmt. Mehrere von ihnen beklagten sich vor Gericht, sie seien deswegen mittellos. Sie verlangten einen Gratis-Anwalt, der ihnen allerdings nicht gewährt wurde. Zumindest gegen eine involvierte Gesellschaft verfügte die Bundesanwaltschaft im September 2024 zudem Grundbuch- und Kontensperren, hob sie aber einen Monat später wieder auf.

Das Luzerner Reisebüro ist zwar nach wie vor in Betrieb. Zumindest online nicht mehr aktiv ist allerdings eine Wechsel- und Finanzboutique mit Sitz in Basel, die vom Schweizer Clan betrieben wurde.

Schweizer Verdächtiger wollte bei Befragungen mithören

Ein kürzlich publizierter Beschwerdeentscheid des Bundesstrafgerichts in Bellinzona bietet weitere Einblicke. So verlangte einer der beschuldigten Söhne des Reisebüropatrons, dass er und sein Anwalt an den Befragungen der anderen Verdächtigen teilnehmen dürfen und Einsicht in die Akten erhalten. Er war offenbar der einzige Beschuldigte, der dieses Teilnahmerecht verlangte, was auch einige Fragen zu seiner Rolle aufwirft. Das Gericht lehnte das Teilnahmerecht in diesem frühen Stadium der Befragungen ab. Andere aussagende Personen, als mutmassliche Mittäter wie auch Zeugen, könnten beeinflusst oder unter Druck gesetzt werden, wenn ein Beschuldigter und sein Anwalt im Raum sitzen.

Aus Mafia-Verfahren ist bekannt, dass Teilnahmerechte dazu benutzt werden, um Mitbeschuldigte oder Zeugen zu beeinflussen oder zumindest zu erfahren, was sie aussagen. Oft wird in solchen Situationen über die Familie der Aussagenden Druck ausgeübt.

Die Ermittlungen dauern sowohl in der Schweiz als auch in Albanien an. Es gilt die Unschuldsvermutung. (aargauerzeitung.ch)

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24 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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EinBisschenSenfDazu
05.08.2025 13:20registriert September 2022
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass das nur ein kleiner Tropfen auf den heissen Felsblock ist...
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Dr. Atomi
05.08.2025 13:26registriert Juli 2024
Für einen Drogenring mit Clan Hintergrund sind das aber ganz schön kleine Zahlen.
Da müsste bestimmt noch zehn Mal so viel zu holen sein.
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Bluedog5420
05.08.2025 14:56registriert Dezember 2024
Spitze des Eisberges!
Richtig "sauer" macht einen, das "kleine Schweizer Ganoven am Wickel genommen werden" während mehr Barber shops mit teuren Autos davor, als Haare wachsen existieren. Ganz zu schweigen von "Ernährungsshops", Beautysalons, etc. Besser statt Parkbussen verteilen um die Staatsfinanzen aufzufrischen, dieselben Statisten zur Beobachtung einsetzen.... da gehts nicht um 40 Franken sondern Millionen
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