Boss hortete Schweizer Franken – Albanien beschlagnahmt Vermögen von Luzerner Balkan-Clan
SPAK ist die Abkürzung für die albanische Spezialstaatsanwaltschaft, die gegen Korruption und organisierte Kriminalität ermittelt. Sie gilt als relativ unabhängig, ging auch schon gegen Personal des seit 2013 regierenden Ministerpräsidenten Edi Rama vor.
Jetzt ist die SPAK erneut gegen die kriminelle Bande aktiv geworden, die über ein Luzerner Reisebüro mit Ableger in Basel jahrelang Drogengelder gewaschen haben soll. Die SPAK liess in Albanien Vermögenswerte von zwei mutmasslichen Bossen vorsorglich beschlagnahmen. Diese Werte stammten mutmasslich aus kriminellen Aktivitäten:
- Eine Wechselstube, die der Familie des in der Schweiz inhaftierten operativen Bosses des Clans gehört. Dieser hatte seinen 50-Prozent-Anteil 2021 an seine Frau überschrieben, die andere Hälfte gehört seinem Vater.
- Eine Immobilie in Tirana, die 2017 für angeblich 200’000 Euro erworben wurde.
- Eine zweistöckige Villa an der Küste bei Durrës.
- 77’160 Schweizer Franken in bar
- Bei Hausdurchsuchungen wurden zudem andere Vermögenswerte im Wert von umgerechnet 700’000 Euro konfisziert.
- Eine zweite Wechselstube, inklusive aller Vermögenswerte, die im Namen einer anderen Firma Geldtransferaktivitäten durchführt. Diese Wechselstube gehört gemäss albanischem Firmenregister der Ehefrau eines der beiden Albaner, die in Tirana in Haft sitzen.
Der Mann wurde bereits 2018 in Albanien einmal wegen Kokainhandels verhaftet. Auffallend ist, dass er langjährige Beziehungen in die Schweiz hat: Er lebte Anfang der 2000er-Jahre längere Zeit mit seiner Familie in der Region Biel. Seine Verwandtschaft ist in der Schweiz in diversen Geschäftsfeldern sehr aktiv.
Öffentlich bekannt wurden die Strafverfahren gegen den Albaner-Clan im September 2024, als die Schweizer Bundesanwaltschaft sechs Personen wegen Verdachts auf Verbandelung mit einer kriminellen Organisation, Geldwäsche und Drogenhandel verhaftete. Vier dieser Personen gehören zum Umfeld eines Luzerner Reisebüros. Eine fünfte Person war als Geldkurier und Fahrer des ebenfalls verhafteten Schweiz-Bosses der Bande aktiv, dessen Vermögenswerte nun in Albanien beschlagnahmt wurden.
Mittels Hawala-Banking, das auf Vertrauen beruht und kaum Spuren hinterlässt, soll der Clan Millionen aus der Schweiz nach Kosovo und Albanien transferiert haben. Die Wechselstuben hüben und drüben spielten dabei offensichtlich eine wichtige Rolle.
Auch in der Schweiz hat die Justiz Vermögenswerte der Beschuldigten beschlagnahmt. Mehrere von ihnen beklagten sich vor Gericht, sie seien deswegen mittellos. Sie verlangten einen Gratis-Anwalt, der ihnen allerdings nicht gewährt wurde. Zumindest gegen eine involvierte Gesellschaft verfügte die Bundesanwaltschaft im September 2024 zudem Grundbuch- und Kontensperren, hob sie aber einen Monat später wieder auf.
Das Luzerner Reisebüro ist zwar nach wie vor in Betrieb. Zumindest online nicht mehr aktiv ist allerdings eine Wechsel- und Finanzboutique mit Sitz in Basel, die vom Schweizer Clan betrieben wurde.
Schweizer Verdächtiger wollte bei Befragungen mithören
Ein kürzlich publizierter Beschwerdeentscheid des Bundesstrafgerichts in Bellinzona bietet weitere Einblicke. So verlangte einer der beschuldigten Söhne des Reisebüropatrons, dass er und sein Anwalt an den Befragungen der anderen Verdächtigen teilnehmen dürfen und Einsicht in die Akten erhalten. Er war offenbar der einzige Beschuldigte, der dieses Teilnahmerecht verlangte, was auch einige Fragen zu seiner Rolle aufwirft. Das Gericht lehnte das Teilnahmerecht in diesem frühen Stadium der Befragungen ab. Andere aussagende Personen, als mutmassliche Mittäter wie auch Zeugen, könnten beeinflusst oder unter Druck gesetzt werden, wenn ein Beschuldigter und sein Anwalt im Raum sitzen.
Aus Mafia-Verfahren ist bekannt, dass Teilnahmerechte dazu benutzt werden, um Mitbeschuldigte oder Zeugen zu beeinflussen oder zumindest zu erfahren, was sie aussagen. Oft wird in solchen Situationen über die Familie der Aussagenden Druck ausgeübt.
Die Ermittlungen dauern sowohl in der Schweiz als auch in Albanien an. Es gilt die Unschuldsvermutung. (aargauerzeitung.ch)
