Letzten Freitag war auf dem Bluewin-Onlineportal ein Interview über Anna Netrebko zu lesen. Es ging darum, wie sich die Opernhäuser und Veranstalter sich zurzeit positionieren. Der Auskunftgeber war ich.
Obwohl da zu lesen war, dass Netrebko wahrscheinlich bald wieder an vielen Orten singen würde, da es keinen aktuellen Grund gibt, sie auszuladen. Schliesslich habe sie sich vom Krieg distanziert. Trotzdem waren Netrebkos Manager Miguel Esteban einige Passagen nicht genehm und so nahm man das Interview von der Seite.
Esteban ärgerte sich zum Beispiel über eine Passage, in der es darum ging, ob Netrebko wieder in Luzern singen würde, wenn in der Innerschweiz keine Friedenskonferenz stattfinde. Ich antwortete: «Ja, wahrscheinlich, wenn sie denn noch Lust dazu hat.»
Das hiess so viel wie: «Wahrscheinlich nie wieder». Aber der Manager schrieb Bluewin:
Diese Aussage hiess nichts anderes, als dass der ab 2025 in Zürich arbeitende Opernhausdirektor Matthias Schulz die österreichische Russin nach Zürich holen würde. Zurzeit ist Schulz noch an der Berliner Staatsoper im Amt, wo Netrebko seit September 2023 wieder singt und bald wieder auftreten wird.
Und so schrieb ich denn auch vor zwei Wochen an dieser Stelle: «Die Zürcher Musikfreunde können jedenfalls hoffen, dass Netrebko bald wieder einmal in Zürich Opern singt, hatte doch der neue Intendant Matthias Schulz keine Scheu, sie während des Krieges an die Berliner Staatsoper zu holen, dorthin, wo er zurzeit noch arbeitet.»
Bei Schulz in Berlin nachgefragt, erhält man rasch Antwort. Auf die Frage, ob sie ab Herbst 2025 am Opernhaus auftreten wird, sagt er:
Wer nun eins und eins zusammenzählt - Estebans «September 2025» und Schulz' «Auftritt in Zürich» -, kann unschwer erraten, dass Netrebko die Eröffnungspremiere der Saison 2025/2026 zum viel beachteten Einstand von Schulz in Zürich singt.
Schulz hat sich im September 2023 vor Netrebkos mit Protesten begleiteten Auftritt in Berlin in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» wortreich geäussert. Er betonte in einem Interview, dass Berlin ein pro-ukrainisches Haus sei, berief sich aber im Allgemeinen auf Netrebkos Statement vom März 2022, wo sie den Krieg in der Ukraine verurteilt und sagt, dass sie mit keinem Führer in Russland verbunden sei. Putin habe sie sowieso nur eine Handvoll mal getroffen. Was auch verständlich ist, ist er doch Präsident Russlands, sie eine sehr viel beschäftigte Sängerin.
Doch lassen wir die Polemik! Es bleibt nun nur noch zu erraten, welche Oper Netrebko in Zürich singen wird. Und ob es denn wirklich die Eröffnungspremiere oder bloss ein Repertoire-Heuler ist ...
Betreffend «Nie wieder KKL!» wollen wir aber Alexander Pereira zitieren, den ehemaligen Opernintendanten von Zürich, Salzburg und Mailand. Er sagte mir einst, dass in der Opernwelt ein «Wir sehen uns nie wieder» sehr schnell ein «Okay, sehen wir uns morgen!» werden kann.