Das Geschäft mit der Erotik hat Tradition im Ringier-Konzern. Seine bekannteste Publikation, das Boulevardblatt «Blick», präsentierte über Jahre hinweg nackte Frauen auf der Seite 3. Ab 2009 wurden die «Blick-Girls» sogar auf die Frontseite gehievt, mit längeren Texten angereichert und Schlagzeilen wie «Ich habe Körbchengrösse G wie geil». Fester Bestandteil der Zeitung sind auch die Sexinserate.
Seit 2017 gibt es die «Blick-Girls» nicht mehr. Doch von der Erotik kann der Verlag nach wie vor nicht lassen – und geht nun einen Schritt weiter. Auf seinem Schnäppchen-Portal «Dein Deal» verkauft der Verlag aktuell eine «sinnliche Tantramassage». Was darunter zu verstehen ist, wird im Angebot erläutert. Sie reicht von den Haar- bis zu den Zehenspitzen, jede Zone wird einbezogen, «ausser du sagst vorher, wo du nicht berührt werden möchtest». Sprich: Auch die Genitalien sind Teil der Massage.
Laut dem Dein-Deal-Text braucht es bei der Tantra-Massage, die sich an Frauen und Männer richtet, genügend Zeit, bis sich die Erregung entwickeln kann. Weil auch die Genitalien bei der Massage ausgiebig angefasst würden, «kann es zur Ejakulation des Mannes kommen». Auch der Analbereich und die Prostata können demnach Teil der Behandlung sein, «wenn sich der Klient dazu bereit fühlt».
Der Zürcher Tantrapartner von Dein Deal wirbt - wie es sich für das Portal gehört - mit starken Vergünstigungen. Eine dreistündige Massage mit zwei Masseurinnen gibt es beispielsweise mit 50 Prozent Rabatt für 285 Franken. Ringier verdient dank Kommissionen an jeder Massage mit.
Zu Ringiers Portfolio gehören auch Titel wie die «Bilanz», die «Glückspost», die «Schweizer Illustrierte» oder «Landliebe». Weshalb erfolgt nun dieser Schritt in die Vermittlung von erotischen Dienstleistungen? Sprecherin Johanna Walser sagt, es handle sich dabei um ein Testangebot. Alle Produkte auf der Plattform würden von der Dein-Deal-Geschäftsleitung in Eigenverantwortung ausgewählt. Diese würden nicht mit der Ringier-Gruppe abgestimmt. Zudem prüfe das Dein-Deal-Team die Angebots-Partner «nach bestem Wissen». Allerding verfügt in diesem Fall der Tantra-Anbieter nicht mal über eine Website.
Wie erfolgreich die Aktion bisher ist, sagt die Sprecherin nicht. Und die Frage, ob auch die Vermittlung von Sexangeboten infrage komme, bleibt unbeantwortet.
Erst vor einigen Monaten stellte der «Blick» die Tantramassagen auch publizistisch in den Vordergrund. Eine Masseurin gab dabei als Schlagzeile zu Protokoll: «80 Prozent meiner Klientinnen kommen zum Orgasmus». Eine Blick-TV-Moderatorin liess sich zudem auf eine Behandlung ein und berichtete über ihre Erfahrung.
Bei Tantra-Massagen geht es laut den Anbieterinnen und Anbietern um den Körper, Berührungen und Lust. Sie möchten allerdings nicht in die anrüchige Ecke der Erotikmassagen und Prostitution gestellt werden. Zuweilen wird die Tantramassage beschrieben als ganzheitlicher Mix aus Yoga, Bioenergetik und Sexualtherapie. Seine Wurzeln hat das Tantra in einer spirituellen Tradition aus Indien, in welcher der Körper als Ganzes betrachtet wird, als Tempel der Seele.