Schulkinder schützen oder das Coronavirus im Klassenzimmer frei laufen lassen? Diese Frage sorgt momentan für rote Köpfe. Die Verbände Pädiatrie Schweiz und Kinderärzte Schweiz (KIS) plädieren seit Anfang Woche dafür, die Massnahmen an Schulen auf ein Minimum zu reduzieren. Jetzt reagieren einige Eltern.
«Wir sind schockiert von dem, was Pädiatrie Schweiz will», sagt Jonas Hostettler. Er ist Vater und Mitglied von «Protect The Kids». Zusammen mit zwei weiteren Elternorganisationen hat sie einen offenen Brief an Pädiatrie Schweiz verfasst, in dem die neue Empfehlung angeprangert wird.
Im Brief heisst es, Pädiatrie Schweiz spreche von einer «auf Durchseuchung angelegte Strategie» und gehe nicht auf mögliche Langzeitfolgen wie Long Covid ein. Ausserdem widerspreche die Fachgesellschaft den Richtlinien der Schweizer Task Force sowie der amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC und Pädiater AAP. Diese empfehlen beide, Kinder unter 12 Jahren zu schützen.
Hostettler von Protect The Kids ist besorgt: «Es wäre fatal, wenn die Schulen und Kantone ihre Massnahmen entsprechend der Empfehlung von Pädiatrie Schweiz weiter lockern würden. Ich habe zwei Kinder und will nicht, dass sie durchgeseucht werden.» In Hostettlers Augen sollten Massnahmen wie Quarantäne und Maskenpflicht so lange aufrecht gehalten werden, bis sich auch unter 12-Jährige impfen lassen können.
Die Empörung der Eltern bezieht sich auf die Mitteilung «Schulmassnahmen in der 4. Welle», welche Pädiatrie Schweiz zusammen mit KIS am Montag publiziert hat. Darin wird argumentiert, dass Kinder nicht wieder zur «Zielscheibe belastender Massnahmen» werden sollen, «die medizinisch nicht gerechtfertigt» seien. Die hohen Quarantänezahlen gefährden den Schulbetrieb und das Maskenobligatorium sei in der Primarschule zu hinterfragen, heisst es. Ausserdem sei der Effekt von Luftfilteranlagen bezüglich SARS-CoV-2 wenig erforscht.
Pädiatrie Schweiz wollte am Freitag keine Stellung zum offenen Brief der Elternorganisationen nehmen. Jedoch hat Vorstandsmitglied Christoph Aebi die Position der Organisation vergangene Woche präzisiert. «Die von Corona ausgehende Krankheitslast ist vergleichsweise sehr gering», sagte er in einem Interview mit SRF «News». Beispielsweise das Grippevirus Influenza habe eine weit höhere Krankheitsbürde für Kinder. Hingegen die Schäden von ausgedehnten Quarantänen seien massiv: «Psychische Störungen, Depressionen oder Übergewicht – das ist deutlich höher zu gewichten als die medizinischen Folgen der Infektion», so der Kinder-Infektiologe.
Aebi gibt zu Bedenken, dass man nicht weiss, was noch auf uns zukomme und was sinnvoll sei. Es könnten sich zusätzliche Varianten entwickeln, die ansteckender und virulenter sind. «Dann müssten wir uns fragen, warum wir die Kinderpopulation nicht früher durchseuchen liessen, jetzt, wo wir sie noch nicht impfen lassen können.»
Auch der Verband der Schulärztinnen und Schulärzte unterstützt die Haltung von Pädiatrie Schweiz und KIS. Ganz im Gegensatz zur Covid-19 Task Force. Die empfiehlt weiterhin: Maskentragen, regelmässiges Testen, Lüften und CO2-Sensoren einsetzen. Auf Anfrage heisst es: «Die Task Force sieht in der hohen Viruszirkulation zum jetzigen Zeitpunkt verschiedene Risiken. Zum Bremsen des Infektionsgeschehens empfiehlt sie auf Massnahmen mit niedriger Beeinträchtigung zurückzugreifen.»
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) spricht ebenfalls nicht davon, Massnahmen an Schulen zu reduzieren. Es werde weiterhin empfohlen, dass sich Kinder ab 12 Jahren impfen lassen sollen und alle anderen repetitiv zu testen. «Das Ziel ist, positive Fälle zu erkennen und zu isolieren, um die Übertragung zu verlangsamen», sagt BAG-Sprecher Daniel Dauwalder.
Gleichzeitig betont Dauwalder, dass Kinder und Jugendliche «in aller Regel keine oder nur geringe Symptome aufweisen.» Schwerwiegende und langfristige Folgen seien selten. Da die Delta-Variante hoch ansteckend ist und der Bund die Massnahmen nach und nach lockert, rechnet das BAG mit einer klaren Folge: «Es ist zu erwarten, dass alle Nicht-Geimpften Kontakt mit dem Virus haben werden.»
In einem Punkt sind sich die unterschiedlichen Gremien jedoch einig: Die Schulen sollen offen bleiben. Mit welchen Schutzmassnahmen das geschehen soll, entscheiden die Kantone.
Ebenfalls enthält die Mitteilung eine (1!) Quelle, die bei genauerem lesen sogar das Gegenteil dessen sagt, was Pädiatrie Schweiz behauptet. DIESEN Leuten soll man die Gesundheit seiner Kinder anvertrauen? Ich denke langsam wäre der Punkt erreicht wo die FMH Schadensbegrenzung betreiben sollte.
Hyppokratischer Eid... Auch schon gehört?