Am kommenden Montag haben die frisch gewählten St.Galler Nationalrätinnen und Nationalräte ihren ersten Arbeitstag. Nur wenige Wochen hatten sie Zeit, um ihr neues Leben als Bundesparlamentarier zu organisieren. Eine kreative Lösung haben die Grüne Franziska Ryser und SVP-Mann Mike Egger gefunden: Sie gründen in Bern eine überparteiliche Wohngemeinschaft.
Drittes Mitglied im Bund ist der ebenfalls neu gewählte Zürcher FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt, von dem die Idee ursprünglich stammt.
Zusammengefunden haben die drei vor allem aus praktischen Gründen: «Eine WG ist am Schluss günstiger als ein Hotelzimmer», sagt Mike Egger. Die Wohnungssuche in Bern ist schwierig. Viele Hotelzimmer sind bereits für eine ganze Legislaturperiode im Voraus reserviert. Die Wohnung im Marziliquartier haben die drei Jungpolitiker für das ganze Jahr gemietet. Auch wenn sie während der vier Sessionen jeweils nur drei Wochen in Bern wohnen werden.
Heruntergerechnet auf die rund 50 Sessionstage in Bern werde ihn das WG-Zimmer pro Nacht rund 170 Franken kosten – etwas weniger als ein durchschnittliches Hotelzimmer, rechnet Egger vor. Sein WG-Zimmer werde er relativ spartanisch einrichten. «Ein Bett, ein Tisch, ein Stuhl.» Die meiste Zeit werde er ohnehin im Bundeshaus verbringen.
Eine Grüne, ein SVPler und ein Freisinniger: Mike Egger sieht in der politisch fein austarierten WG eine tiefere Botschaft. Es heisse immer, Bundesbern sei zerstritten. «Das stimmt nicht», sagt er. Es sei wichtig, dass sich Politikerinnen und Politiker unterschiedlicher Lager auch menschlich gut verstünden. Nur so seien politische Kompromisse möglich.
Franziska Ryser findet es praktisch, in Bern ein WG-Zimmer zu haben. Darüber hinaus könne der überparteiliche Austausch wertvoll sein, und es sei gut, wenn sich junge Politiker in Bern vernetzten. So könne ihre Perspektive in die Bundespolitik einfliessen. Ryser ist 28 Jahre alt, Mike Egger 27 und Andri Silberschmidt 25.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass im Wohnzimmer der ostschweizerisch-zürcherischen WG schon bald überparteiliche Projekte geschmiedet werden. Egger sagt: «Ich bin nicht abgeneigt, unheilige Allianzen einzugehen.»
Es wäre tatsächlich nicht das erste Mal, dass der St.Galler SVP-Politiker mit Politikerinnen und Politikern der Gegenseite zusammenspannt. So reichte er im September gemeinsam mit der basellandschaftlichen SP-Nationalrätin Samira Marti einen Vorstoss ein. Um die Gesundheitskosten in den Griff zu bekommen, forderten die beiden ein Werbeverbot für Krankenkassen und einen Maximallohn für deren Chefs.
Wir sind ein land der politischen Konkordanz, nicht der parteipolitischen Grabenkriege, diese jungen Politiker zeigen das beispielhaft auf.