Schweiz
Nationalrat

Diskussion um Armee-Finanzierung endet im Scherbenhaufen

Bürgerliche wollen 10 Milliarden mehr für die Armee – übrig bleibt ein Scherbenhaufen

Der Bundesrat lehnte vor den Sommerferien den 10-Milliarden-Geheimplan von Verteidigungsministerin Viola Amherd ab. Ihre Parteikollegen haben die Fonds-Idee nun ins Parlament getragen – und einen neuen Streit unter den Bürgerlichen entfacht.
13.08.2024, 20:42
Doris Kleck / ch media
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Bundesraetin Viola Amherd waehrend einer Medienkonferenz des Bundesrates zur Gesamtkonzeption Cyber der Armee, am Mittwoch, 13. April 2022, in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
Viola Amherd will mehr Geld für die Armee. Nur ist offen, woher das Geld kommen soll.Bild: KEYSTONE

Bundesrätin Viola Amherd soll entnervt gewesen sein, als sie das Kommissionszimmer im Bundeshaus verliess.

Der Grund: Die Sicherheitskommission des Nationalrates hatte soeben den Zahlungsrahmen 2025–2028 für die Armee versenkt. SP, Grüne und SVP lehnten ihn aus gänzlich unterschiedlichen Gründen ab.

Daraus zu schliessen, dass die Sicherheitspolitiker der Armee gar kein Geld mehr sprechen wollen, wäre natürlich falsch. Die Mehrheit aus SVP, FDP und Mitte ist sich gar einig, dass die Mittel der Armee bis 2030 auf 1 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) steigen sollen – und nicht erst 2035, wie es der Bundesrat möchte.

Um dieses Ziel zu erreichen, müsste der Zahlungsrahmen für die nächsten vier Jahre um 4 Milliarden Franken erhöht werden – auf knapp 30 Milliarden Franken. Der Streit unter den bürgerlichen Parteien dreht sich darum, wie die Zusatzmittel für die Armee finanziert werden sollen.

Dazu gab es schon viele Ideen. Die kühnste war der 15-Milliarden-Deal zur Schaffung eines Fonds für die Armee und die Ukraine. Der Deal von Politikerinnen aus SP und Mitte – von Kritikern als Kuhhandel verschrien – erlitt in der Juni-Session Schiffbruch. Die bürgerliche Mehrheit im Ständerat beschloss aber, die Mittel der Armee dennoch aufzustocken und dafür das Geld für die Entwicklungszusammenarbeit zusammenzustreichen. Der Aufschrei folgte umgehend.

Amherds Geheimplan wieder im Spiel

Verteidigungsministerin Viola Amherd fühlte sich offensichtlich bestärkt darin, nochmals einen Versuch zu wagen, der Armee schneller mehr Geld zu beschaffen. Wie verschiedene Medien schrieben, erarbeitete sie einen 10-Milliarden-Plan. Vor den Sommerferien unterbreitete sie die Idee dem Bundesrat, einen Spezialfonds für die Armee zu schaffen.

Der Armeefonds soll sich bei der Bundestresorerie im Finanzdepartement mit 10 Milliarden Franken verschulden. Dieser Betrag ist nötig, um das 1-Prozent-BIP-Ziel bereits 2030 zu erreichen. Es geht um ein Darlehen, das die Armee bis 2045 zurückbezahlen soll.

Im Bundesrat blitzte Amherd ab. Doch ihrem Parteikollegen Martin Candinas gefiel die Idee. Der Bündner Nationalrat brachte den 10-Milliarden-Fonds in die Sicherheitskommission ein. Und dieses Konzept setzte sich in der Beratung gegen das Konzept der Finanzkommission durch. Die Finanzpolitiker wollen die Zusatzmittel für die Armee durch Einsparungen finanzieren.

Gekürzt werden soll bei der Entwicklungszusammenarbeit, beim Bundespersonal, beim Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer und auch innerhalb der Verteidigung. Hinter dem Sparkonzept stehen SVP und FDP.

GLP: Gefährdung der Sicherheit der Schweiz

Die Linke wiederum will der Armee nicht mehr Mittel geben. Wenn schon, dann aber lieber einen Spezialfonds statt eine Sparübung. In der Ausmarchung in der Kommission erhielt die Fondslösung eine Mehrheit. Das gefiel der SVP und Teilen der FDP nicht. Sie lehnten am Schluss gemeinsam mit SP und Grünen den Zahlungsrahmen von knapp 30 Milliarden Franken ab. Gar kein Geld für die Armee also. Das beantragt die Sicherheitskommission dem Nationalrat.

Die Grünliberalen warfen der Kommissionsmehrheit vor, sie würden die Sicherheit der Schweiz gefährden.

Nationalrat Heinz Theiler (FDP/SZ) sagt, mit dem Spezialfonds würde nur die Verschuldung grösser:

«Die Finanzierung muss über das ordentliche Budget erfolgen. Sicherheit ist eine Staatsaufgabe. Der Bund muss halt klare Prioritäten setzen.»
Nationalrat Heinz Theiler (FDP/SZ)

Nationalrat Martin Candinas (Mitte/GR) hält es für illusorisch, die zusätzlichen 10 Milliarden Franken einzig über Einsparungen zu beschaffen:

«Wir müssen kreative und mehrheitsfähige Lösungen finden.»
Nationalrat Martin Candinas (Mitte/GR)

Er wehrt sich gegen den Vorwurf, der neue Armeefonds würde die Verschuldung des Bundes unnötig erhöhen. «Es handelt sich um ein Darlehen mit klaren Rückzahlungsfristen», sagt Candinas.

Martin Candinas, Nationalrat Die Mitte an der Medienkonferenz der Allianz JA zur Sicherung der Nationalstrassen in Zuerich am Freitag, 5. Juli 2024 in Zuerich. (KEYSTONE/Walter Bieri )
Mitte-Nationalrat Martin Candinas hofft noch auf einen Kompromiss. Bild: keystone

Mit der geplanten Erhöhung des Budgets auf 1 Prozent des BIP werden die Mittel der Armee stark steigen. 2035 stünden der Armee schätzungsweise 10,5 Milliarden Franken zur Verfügung, sagt Candinas. Mit diesen Mitteln sei es vertretbar, das Darlehen über 10 Jahre zurückzubezahlen.

FDP-Politiker ist offen für Steuererhöhung

Candinas hofft, dass sich die Bürgerlichen noch auf einen Kompromiss einigen. FDP-Nationalrat Theiler signalisiert ein Entgegenkommen: «Wenn es eine Bereitschaft für Sparmassnahmen gibt, erachte ich eine Erhöhung der Mehrwertsteuer als legitim. Denn von der Sicherheit profitiert die ganze Gesellschaft», sagt Theiler. Er unterstützt den Vorschlag von Mitte-Ständerat Benedikt Würth. Dieser fordert nebst Einsparungen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zugunsten der Armee.

Noch eine der vielen Ideen, zu der sich in Bälde auch der Bundesrat äussern muss.

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206 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Andi Weibel
13.08.2024 21:04registriert März 2018
Einfach nochmals zur Erinnerung: Gemäss dem sicherheitspolitischen Bericht des VBS ist die militärische Bedrohung der Schweiz seit 2022 nicht gestiegen. Es gibt kein konkretes Szenario, wie Russland die Schweiz angreifen würde und gegen das eine wilde Erhöhung des Armeebudgets etwas nützen würde.

Es bräuchte endlich eine nüchterne Bedrohungsanalyse, die auch Katastrophenschutz, Klimakrise und Energieabhängigkeit miteinbezieht. Die Bürgerlichen, neuerdings inkl. GLP, ziehen es jedoch vor, blindlings Geld zu verbraten.
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Gen X
13.08.2024 21:36registriert August 2023
Anstatt dort zu kürzen, wo sowiso immer geknausert wird, wie wäre es mit Kürzungen bei Subventionen? Z.B. aufhören, Geld zu verscheldern für Fleischwerbung. Bauern individuell subventionieren und nur, wenn sie es wirklich nötig haben und gewisse Umwelt- und Nutzungsstandards einhalten, etc.
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Schlaf
13.08.2024 21:09registriert Oktober 2019
Die CH gehört in die Nato.
Die Neutralität ist nur auf dem Papier neutral. Und auf sowas kann die Schweiz gerne verzichten.
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