Bundesrätin Viola Amherd soll entnervt gewesen sein, als sie das Kommissionszimmer im Bundeshaus verliess.
Der Grund: Die Sicherheitskommission des Nationalrates hatte soeben den Zahlungsrahmen 2025–2028 für die Armee versenkt. SP, Grüne und SVP lehnten ihn aus gänzlich unterschiedlichen Gründen ab.
Daraus zu schliessen, dass die Sicherheitspolitiker der Armee gar kein Geld mehr sprechen wollen, wäre natürlich falsch. Die Mehrheit aus SVP, FDP und Mitte ist sich gar einig, dass die Mittel der Armee bis 2030 auf 1 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) steigen sollen – und nicht erst 2035, wie es der Bundesrat möchte.
Um dieses Ziel zu erreichen, müsste der Zahlungsrahmen für die nächsten vier Jahre um 4 Milliarden Franken erhöht werden – auf knapp 30 Milliarden Franken. Der Streit unter den bürgerlichen Parteien dreht sich darum, wie die Zusatzmittel für die Armee finanziert werden sollen.
Dazu gab es schon viele Ideen. Die kühnste war der 15-Milliarden-Deal zur Schaffung eines Fonds für die Armee und die Ukraine. Der Deal von Politikerinnen aus SP und Mitte – von Kritikern als Kuhhandel verschrien – erlitt in der Juni-Session Schiffbruch. Die bürgerliche Mehrheit im Ständerat beschloss aber, die Mittel der Armee dennoch aufzustocken und dafür das Geld für die Entwicklungszusammenarbeit zusammenzustreichen. Der Aufschrei folgte umgehend.
Verteidigungsministerin Viola Amherd fühlte sich offensichtlich bestärkt darin, nochmals einen Versuch zu wagen, der Armee schneller mehr Geld zu beschaffen. Wie verschiedene Medien schrieben, erarbeitete sie einen 10-Milliarden-Plan. Vor den Sommerferien unterbreitete sie die Idee dem Bundesrat, einen Spezialfonds für die Armee zu schaffen.
Der Armeefonds soll sich bei der Bundestresorerie im Finanzdepartement mit 10 Milliarden Franken verschulden. Dieser Betrag ist nötig, um das 1-Prozent-BIP-Ziel bereits 2030 zu erreichen. Es geht um ein Darlehen, das die Armee bis 2045 zurückbezahlen soll.
Im Bundesrat blitzte Amherd ab. Doch ihrem Parteikollegen Martin Candinas gefiel die Idee. Der Bündner Nationalrat brachte den 10-Milliarden-Fonds in die Sicherheitskommission ein. Und dieses Konzept setzte sich in der Beratung gegen das Konzept der Finanzkommission durch. Die Finanzpolitiker wollen die Zusatzmittel für die Armee durch Einsparungen finanzieren.
Gekürzt werden soll bei der Entwicklungszusammenarbeit, beim Bundespersonal, beim Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer und auch innerhalb der Verteidigung. Hinter dem Sparkonzept stehen SVP und FDP.
Die Linke wiederum will der Armee nicht mehr Mittel geben. Wenn schon, dann aber lieber einen Spezialfonds statt eine Sparübung. In der Ausmarchung in der Kommission erhielt die Fondslösung eine Mehrheit. Das gefiel der SVP und Teilen der FDP nicht. Sie lehnten am Schluss gemeinsam mit SP und Grünen den Zahlungsrahmen von knapp 30 Milliarden Franken ab. Gar kein Geld für die Armee also. Das beantragt die Sicherheitskommission dem Nationalrat.
Die Grünliberalen warfen der Kommissionsmehrheit vor, sie würden die Sicherheit der Schweiz gefährden.
Nationalrat Heinz Theiler (FDP/SZ) sagt, mit dem Spezialfonds würde nur die Verschuldung grösser:
Nationalrat Martin Candinas (Mitte/GR) hält es für illusorisch, die zusätzlichen 10 Milliarden Franken einzig über Einsparungen zu beschaffen:
Er wehrt sich gegen den Vorwurf, der neue Armeefonds würde die Verschuldung des Bundes unnötig erhöhen. «Es handelt sich um ein Darlehen mit klaren Rückzahlungsfristen», sagt Candinas.
Mit der geplanten Erhöhung des Budgets auf 1 Prozent des BIP werden die Mittel der Armee stark steigen. 2035 stünden der Armee schätzungsweise 10,5 Milliarden Franken zur Verfügung, sagt Candinas. Mit diesen Mitteln sei es vertretbar, das Darlehen über 10 Jahre zurückzubezahlen.
Candinas hofft, dass sich die Bürgerlichen noch auf einen Kompromiss einigen. FDP-Nationalrat Theiler signalisiert ein Entgegenkommen: «Wenn es eine Bereitschaft für Sparmassnahmen gibt, erachte ich eine Erhöhung der Mehrwertsteuer als legitim. Denn von der Sicherheit profitiert die ganze Gesellschaft», sagt Theiler. Er unterstützt den Vorschlag von Mitte-Ständerat Benedikt Würth. Dieser fordert nebst Einsparungen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zugunsten der Armee.
Noch eine der vielen Ideen, zu der sich in Bälde auch der Bundesrat äussern muss.
Es bräuchte endlich eine nüchterne Bedrohungsanalyse, die auch Katastrophenschutz, Klimakrise und Energieabhängigkeit miteinbezieht. Die Bürgerlichen, neuerdings inkl. GLP, ziehen es jedoch vor, blindlings Geld zu verbraten.
Die Neutralität ist nur auf dem Papier neutral. Und auf sowas kann die Schweiz gerne verzichten.