Auf der Alp Halde in Flums SG reisst ein Wolfspaar im Juli über zwanzig Schafe und verletzt einen Herdenschutzhund namens Fly. Im Tessiner Bedrettotal tötet ein Wolf Ende Juli insgesamt elf Schafe und Lämmer. Und in Boltigen BE werden diesen Sommer innert weniger Tage neun Schafe gerissen. Es sind solche Meldungen, die den Ruf nach einem härteren Durchgreifen befeuern.
Die Politik hat reagiert. Wölfe dürfen neu präventiv geschossen werden, noch bevor sie ein Nutztier gerissen haben. Derzeit wird um die genaue Ausgestaltung der Jagdverordnung gerungen – und dabei taucht eine neue Idee auf: Hirten sollen angreifende Wölfe selbst abschiessen dürfen.
In einer Medienmitteilung der Umweltkommission des Nationalrats heisst es etwas verklausuliert, die Verwaltung solle die «Möglichkeit prüfen, bei Wolfsangriffen Verteidigungsabschüsse zuzulassen». Die Kommission hat einen entsprechenden Auftrag erteilt. Den Antrag brachte der Walliser SVP-Nationalrat Michael Graber ein, wie der «Blick» berichtet.
Der Wolf müsse erkennen, dass sein eigenes Leben in Gefahr geraten könne, wenn er auf der Alp Schafe reisse, argumentiert er. Wenn man den Hirten erlauben würde, im Falle eines Angriffs Verteidigungsabschüsse abzugeben, könnten die Wölfe daraus lernen und würden sich künftig von den Herden fernhalten, erklärte Graber. Ihm sei bewusst, dass diese Methode sorgfältiger Abklärungen zu verschiedenen Aspekten erfordere.
Ist das Ziel, den Wolf tatsächlich zu treffen – oder ihn mit einem Schuss zu verjagen? Gegenüber CH Media schreibt Graber, es gehe darum, «dass die Menschen ihr Leben, jenes ihrer Mitmenschen, aber auch ihr Eigentum vor Wölfen schützen dürfen. Selbstverständlich dürfte man dementsprechend auf den Wolf schiessen.» Der Wolfsabschuss sei die beste Herdenschutzmassnahme.
Die Verwaltung werde nun prüfen, wie man das in der Praxis umsetzen könne. Graber geht davon aus, dass dann auch über die Verhältnismässigkeit diskutieren wird. «Für mich ist aber klar: Im Zweifel für den Menschen. Wenn der Staat nicht willens ist, sein Hab und Gut und Leben zu schützen, muss der Mensch das selbst in die Hand nehmen.»
Gegen Verteidigungsabschüsse wehrt sich David Gerke, Geschäftsführer der Gruppe Wolf Schweiz. Er verweist auf Erfahrungen aus dem Ausland: Frankreich sei dasjenige Land Europas mit den grössten Schäden durch Wölfe, sowohl in absoluten Zahlen als auch in Rissen pro Wolf – obwohl der Verteidigungsabschuss, der «tir de défense», dort schon lange möglich sei. Gerke: «Die wissenschaftlichen Untersuchungen in Frankreich zeigen, dass auch der ‹tir de défense› nicht zu einem Rückgang der Risse führt.»
Dass die Politik diese Massnahme fordert, zeigt nach Ansicht von Gerke, «dass man sich offenbar überhaupt nicht vertieft mit der Materie auseinandergesetzt hat und stattdessen eine Symbolpolitik betreibt». Verteidigungsabschüsse lösten keine Probleme, ist Gerke überzeugt. Denn der Hirte kann nur eingreifen, wenn er einen Wolf in flagranti erwischt.
Auch die Naturschutzorganisation Pro Natura sieht den Vorschlag, dass Hirten selbst zur Waffe greifen, sehr kritisch. «Bei grossem Schadenpotenzial werden Wölfe heute schon in der Nähe der Nutztierherde geschossen, wir sehen daher keine Notwendigkeit, die Abschussmöglichkeiten für einzelne Wölfe weiter zu lockern», erläutert Sara Wehrli, Fachexpertin für Beutegreifer und Jagdpolitik. «Dass Tierhalter oder Hirtinnen ohne Jagdbefähigung oder Jäger im Auftrag eines Tierhalters – und nicht des Kantons – Wölfe erlegten, ginge zu weit.»
Der Schweizerische Alpwirtschaftliche Verband wiederum ist mit dem aktuellen Umgang mit dem Wolf nicht glücklich. Geschäftsführerin Selina Droz sagt: «Es dauert heute zu lange, bis eine Abschussbewilligung erteilt wird und ein Wolf abgeschossen wird. Das muss schneller gehen.» Somit begrüsse der Verband auch alle Möglichkeiten, die zu einer Vereinfachung der Regulierung führen.
Der Verband spricht sich zudem dafür aus, dass Schäfer gewisse Vergrämungsmassnahmen selbst ergreifen dürfen, einen Wolf also etwa mit Petarden verscheuchen können. Heute dürfen das in der Regel nur die Wildhüter. Bezüglich Verteidigungsabschuss sagt Droz: Es sei für sie nicht ganz klar, wie dieser in der Kommission definiert werde. Wichtig sei, dass der Abschuss durch eine abschussberechtigte Person erfolgen müsse, also durch jemanden, der unter anderem das Jagdpatent besitzt. (aargauerzeitung.ch)
In der Sache nicht sinnvoll oder intelligent begründet.
Das Herdenschutzhundeprogramm wurde eingestellt. Auch eine Leistung von BR Rösti. Klar kommt dann Graber mit der Idee. Dort wo er herkommt, hat es noch ein Rudel.