Gegen die Schweizer Luftfahrtaufsicht ist wegen Kritik nach dem Ju-52-Flugzeugabsturz mit 20 Toten eine Untersuchung eingeleitet worden. Der Bund beauftragte das Luftfahrtinstitut der Niederlanden, die Tätigkeit des Bundesamts für Zivilluftfahrt (Bazl) zu überprüfen.
Grund ist Kritik am Bazl durch die Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) in einem unveröffentlichten Entwurf zum Schlussbericht über den Ju-52-Absturz beim Piz Senas in Graubünden vor zwei Jahren. Ein Sprecher des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) bestätigte auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA entsprechende Informationen der «SonntagsZeitung».
Untersucht werden sollen laut dem Sprecher auch «systematische Aspekte der Aufsicht», die über den Bereich der historischen Luftfahrt hinausgehen. Das Verkehrsdepartement gab die Analyse zur Aufsichtstätigkeit des Bazl Anfang Juli beim Nationalen Luft- und Raumfahrtinstitut der Niederlanden (NLR) in Auftrag. Das Resultat soll voraussichtlich im Frühling 2021 vorliegen.
Zum Inhalt der Kritik am Bazl wollte der Uvek-Sprecher keine Stellung nehmen. Er wolle dem Schlussbericht zum tödlichen Absturz des Oldtimerflugzeugs der Dübendorfer Firma Ju-Air nicht vorgreifen. Ein Entwurf zum Schlussbericht befindet sich seit Anfang Juni in der Vernehmlassung. Die Publikation des definitiven Berichts ist laut Uvek für Oktober geplant.
Das Uvek ordnete laut eigenen Angaben zudem an, dass gewerbsmässige Flüge mit grossen historischen Passagierflugzeugen weiterhin nicht stattfinden dürfen. Aufgrund eines ersten Zwischenberichtes zum Ju-52-Absturz im August 2018 hatte das Bazl drei Monate nach dem Unfall ein vorläufiges Flugverbot über die beiden verbleibenden Ju-52-Maschinen der Ju-Air verhängt, und im Mai 2019 dem Wartungsbetrieb der Ju-Air die Lizenz entzogen.
Es ist nicht das erste Mal, dass der Bund die niederländische Behörde mit einer Untersuchung zur Schweiz Luftfahrtaufsicht beauftragt hat. 2003 kamen die Niederländer in einem Bericht zum Schluss, dass die Schweiz ihren Vorsprung punkto Luftfahrtsicherheit in den Neunzigerjahren als Folge der Liberalisierung eingebüsst hat. Das Bazl habe Probleme «verschlafen». Die Niederländer gaben eine Reihe von Empfehlungen ab. Danach kam es unter anderem zu einer Reorganisation und personelle Aufstockung des Bazl.
Nach dem Swissair-Absturz bei Halifax im Jahr 1998 mit 229 Toten war es zu einer Serie von schweren Flugunfällen gekommen, die um die Jahrtausendwende die Schweiz erschüttert haben. Dazu zählten etwa 2002 der Zusammenprall zweier Flugzeuge in dem von der Schweizer Skyguide kontrollierten süddeutschen Luftraum bei Überlingen mit 71 Toten sowie 2001 der Absturz eines Crossair-Jumbolinos bei Bassersdorf ZH mit 24 Toten. (sda)