Die Zürcher VBZ haben vier Chauffeure wegen Handy am Steuer entlassen. bildmontage: watson. Quelle: shutterstock/keystone
Zürcher Tram-Chauffeur wegen Handy gefeuert – aber die Kündigung geht nach hinten los
Die Zürcher Verkehrsbetriebe haben mehrere Tramführer fristlos entlassen, weil sie am Steuer mit dem Smartphone hantierten. Doch eine Kündigung ging für die VBZ nach hinten los. Auch andere Schweizer Städte sind betroffen.
Für Pendler ist es eine nicht gerade vertrauenserweckende Tatsache: In den grossen Schweizer Städten sind in den letzten Jahren gleich mehrfach Tram- oder Buschauffeure aufgeflogen, die während der Fahrt mit dem Handy hantierten statt sich auf die Strasse zu konzentrieren.
An einem Samstagabend im Januar 2016 ereignete sich in Zürich dieser exemplarische Vorfall:
Ein Passagier steigt ganz vorne im Tram ein. Die ungewöhnliche Fahrweise macht ihn stutzig: «Das Tram hat mehrmals unnötig gebremst und ist ruckartig schneller und langsamer geworden», sagt der Fahrgast zur NZZ. Er blickt darum in die Führerkabine und sieht, wie der Fahrer während der Fahrt sein Handy bediente.
Der Passagier meldet die Beobachtung bei den Zürcher Verkehrsbetrieben (VBZ). Diese bestellen den Fahrer zum Gespräch ein und verkünden ihm die fristlose Kündigung. Durch sein Verhalten habe er das Vertrauensverhältnis grundlegend zerstört. Dies auch, weil er im März 2015 wegen eines ähnlichen Vorfalls bereits eine Ermahnung und eine sechsmonatige Bewährungsfrist kassiert hatte.
Dies ist kein Einzelfall. In den letzten fünf Jahren haben die VBZ laut dem Bericht vier Chauffeuren wegen unerlaubter Handy-Nutzung fristlos gekündigt. In Basel waren es deren drei, wie die Basler Verkehrsbetriebe (BVB) auf watson-Anfrage erklären. Bei zwei weiteren Verdachtsfällen erfolgte mangels Beweisen keine Entlassung. Bei den VBL Luzern erfolgte eine Kündigung.
«Wir haben sogar Videos von enervierten Fahrgästen erhalten, die Chauffeure am Handy zeigten.»
Bernmobil
In Bern zählten die Verkehrsbetriebe Bernmobil in den letzten fünf Jahren circa 15 Fälle von Handy-Missbrauch am Steuer. «Wir haben sogar Videos von enervierten Fahrgästen erhalten, die Chauffeure am Handy zeigten», sagt Bernmobil-Sprecher Rolf Meyer zu watson.
Im Gegensatz zu den VBZ sprechen Bernmobil, BVB und VBL nicht automatisch Kündigungen aus. «Das wäre – ausser in besonders krassen Fällen – unverhältnismässig. Wir vertrauen unseren Mitarbeitenden», so Meyer. Werde ein Chauffeur erwischt, müsse dieser zu einem Führungsgespräch antraben und bekomme eine Aktennotiz. Erst im Wiederholungsfall drohe die Kündigung.
Für die Zürcher Verkehrsbetriebe ist die oben erwähnte fristlose Kündigung nach hinten losgegangen. Denn der betroffene Tramführer wehrte sich gegen die Entlassung – und hat nun recht bekommen. Das Zürcher Verwaltungsgericht hat die Kündigung am 9. Januar 2020 für unrechtmässig erklärt. Grund: Die VBZ hätten es versäumt, den Vorwurf der Handynutzung vertieft abzuklären. Weder seien die angeblich eingeholten Informationen zum Fahrer überprüft noch die zeitlichen Angaben in der Kundenmeldung nachgeprüft worden. Der Chauffeur hatte den Tatbestand stets bestritten.
Für den geschassten Tramführer hat die Story übrigens ein Happy End:
Die VBZ müssen ihm für die vier Jahre 230'000 Franken Lohnausfall nachzahlen.
Der ehemalige Tramführer wird wieder eingestellt, wie die NZZ weiter schreibt.
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Die beliebtesten Kommentare
Angelsshare
19.02.2020 15:45registriert Mai 2014
Das wird ja ein entspanntes Arbeitsklima werden nach seiner Wiedereinstellung nach einer fristlosen Kündigung 😉
Also der Artikel soll Empörung hervorrufen im Stil von "unsere Sicherheit wird aufs Spiel gesetzt und handysüchtige Chauffeure dürfen nicht mal entlassen werde". Dabei geht es hier um das Versäumnis der ZVV, die keine Beweise für die Nutzung des Handys hatten. Wäre der Chauffeur gefilmt worden, hätte es wohl kaum 200'000 gegeben...
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