Die Abschussbewilligung für zwei Wölfe des Calanda-Rudels ist in der Nacht auf (heute) Freitag abgelaufen, ohne dass Wildhüter auch nur einen einzigen Schuss abgefeuert hätten. Die Wölfe kamen wegen des warmen und schneearmen Winters selten in Siedlungsnähe.
Die Wölfe waren ihrer Beute gefolgt, dem Schalenwild und insbesondere den Hirschen, wie der Bündner Jagdinspektor Georg Brosi am Freitag auf Anfrage erklärte. Das Wild stieg wegen des milden Winters nicht wie sonst in tiefere Lagen hinunter, sondern hielt sich bis hinauf zur Waldgrenze auf.
Es habe diesen Winter sehr wenige Wolfsbeobachtungen in der Nähe von Dörfern gegeben und praktisch keine Begegnungen zwischen Mensch und dem Grossraubtier, sagte Brosi. Das etwa achtköpfige Rudel habe sich ganz anders verhalten als in den zwei Wintern davor.
Damals habe man eine sehr schnelle Zuspitzung der Situation erlebt. Die Wölfe hätten sich überraschend schnell an den Menschen gewöhnt. Das habe schliesslich zur Änderung der eidgenössischen Jagdverordnung geführt und zur Erteilung der befristeten Abschussbewilligung für maximal zwei Jungwölfe durch die Bündner und St. Galler Behörden.
Die Abschüsse hätten die Wölfe wieder menschenscheuer machen sollen. Darum war die Bewilligung an eine Reihe von Bedingungen geknüpft. Ein Wolf hätte nur in der Nähe einer Siedlung, zur Aktivitätszeit des Menschen und in Anwesenheit des Rudels geschossen werden dürfen. Die Wölfe sollten den Tod eines Rudelmitgliedes mit dem Menschen und mit Dorfnähe in Verbindung bringen.
Ob in Zukunft eine neue Abschussbewilligung beantragt wird, hängt laut dem Jagdinspektor vom Verhalten der Grossraubtiere ab. «Die Frage ist, ob sich das problematische Verhalten wieder fortsetzt», sagte Brosi.
Ganz anders als die Jagdbehörden interpretiert die Gruppe Wolf Schweiz das ergebnislose Ablaufen der Abschussbewilligung. Die Wölfe hätten sich trotz des milden Winters immer wieder in der Talsohle aufgehalten, es sei aber offenkundig nicht zu Situationen gekommen, die einen Abschuss erlaubt hätten, teilten die Gruppe mit.
Das zeige, dass das Rudel kein problematisches Verhalten habe. «Die Wölfe sind ein Scheinproblem», lautet das Fazit der Wolfsfreunde.
Geschossen wurde diesen Winter dennoch. Die Schrottkugeln eines unbekannten Wilderers durchsiebten einen Jungwolf Mitte März im Domleschg. (sda)