Die Wasserversorger sind beunruhigt. Bereits heute stehen sie vor enormen Herausforderungen, weil das Grundwasser gerade im Mittelland grossflächig mit Rückständen von Pestiziden und Dünger verunreinigt ist. Es macht 80 Prozent der Trinkwasserressourcen aus.
Nun, fürchten sie, könnte das Problem noch grösser werden. Grund dafür ist das Vorhaben des Parlaments, die Zulassungsverfahren für Pestizide zu vereinfachen. Mittel, die bereits in einem Nachbarland der Schweiz, in Belgien oder den Niederlanden zugelassen sind, sollen künftig auch hierzulande unkompliziert und rasch freigegeben werden.
Eingebracht hat die Forderung Mitte-Fraktionschef Philipp Bregy. Er will damit die Landwirtschaft entlasten. Diese fürchtet den Verlust ganzer Kulturen, weil immer mehr Pestizide verboten werden – aber keine Alternativen, die weniger umweltschädlich sein sollen, auf den Markt kommen. Über 600 Zulassungsgesuche stapeln sich derzeit beim Bund.
Nächste Woche diskutiert die Wirtschaftskommission des Nationalrats über den Vorschlag. Auf ihrem Tisch liegen inzwischen auch die Rückmeldungen der Kantone. Sie äussern wie die Wasserversorger grosse Besorgnis. So lehnen unter anderem die Regierungen von Bern, Luzern und Zürich die vorgeschlagene Lockerung ab. Aargau, Zug, Thurgau und weitere haben teilweise grosse Vorbehalte.
«Mit den vorgeschlagenen Regelungen wird das Schutzniveau in der Schweiz sogar unter jenes der EU-Länder gesenkt», schreibt die Luzerner Regierung in ihrer Stellungnahme. Und Graubünden fürchtet: Die Schweiz könnte «zum Sammelbecken verschiedener Pestizide werden und damit auch den guten Ruf der Schweizer Landwirtschaft aufs Spiel setzen».
Diese Befürchtungen hegen auch die kantonalen Umweltämter. «Der Vorstoss geht in die falsche Richtung», sagt Christoph Zemp, Chef des Zürcher Amts für Abfall, Wasser, Energie und Luft sowie Präsident der Umweltämter-Konferenz. Trotz der geografischen Nähe könne man die Situation in den Nachbarländern nicht einfach mit jener in der Schweiz gleichsetzen.
Anders sehen das der Bauernverband und die kantonalen Landwirtschaftsdirektoren. Sie halten eine Anpassung für dringend nötig. Mitte-Nationalrat Philipp Bregy kann die Bedenken nicht nachvollziehen. «Ich bin überzeugt, dass nicht mehr Pflanzenschutzmittel eingesetzt würden, sondern neuere – und die sind teilweise ökologischer.»
Doch auch von wissenschaftlicher Seite gibts grosse Bedenken. Christian Stamm ist stellvertretender Direktor der Eawag, des Wasserforschungsinstituts des Bundes. Er nennt das Beispiel Deltamethrin. «In EU-Staaten und in der Schweiz ist das Insektizid zugelassen und seit über zwanzig Jahren nicht neu evaluiert worden. Dabei weiss man heute klar, dass der Stoff höchst giftig ist.» Es bestehe das Risiko, dass auch zukünftig solche Mittel in der Schweiz zugelassen würden, weil in der EU der Zulassungsprozess im Hintertreffen ist.
Der Nutzen einer vereinfachten Pestizid-Zulassung sei nicht klar erkennbar, so sein Fazit. «Die Gefahr hingegen schon.» (aargauerzeitung.ch)
Je mehr Menschen Bio kaufen, desto mehr Bauern werden sich auch eine Umstellung überlegen.
Im Biolandbau sind keine chemisch-synthetischen Pestizide erlaubt.