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Missbrauchsvorwurf: Abt Scarcella von Saint-Maurice VS lässt Amt ruhen

Missbrauch in der katholischen Kirche – so reagieren die Bischöfe

13.09.2023, 09:0813.09.2023, 15:58
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Am Sonntag wurde bekannt, dass derzeit eine kirchliche Voruntersuchung wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch und dessen Folgen durch Mitglieder der Schweizer Bischofskonferenz laufe. Dies berichtet der «Sonntagsblick».

Am Dienstag dann veröffentlichten Forschende der Universität Zürich einen Bericht über Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche.

So reagieren die kirchlichen Würdenträger der Schweiz auf die Vorwürfe:

Voruntersuchung: Abt des ältesten Klosters der Schweiz lässt Amt ruhen

Zuerst zu den Folgen der kirchliche Voruntersuchung gegen Mitglieder der Schweizer Bischofskonferenz. Die Untersuchung wurde vom Bischofskonzil angeordnet – die für solche Vorwürfe zuständigen Behörde in Rom. Der Churer Bischof Joseph Bonnemain wurde mit der Leitung der Untersuchung beauftragt.

Nun geht ein beschuldigter Abt, Jean Scarcella, selbst an die Öffentlichkeit und zieht Konsequenzen: Er lässt sein Amt per sofort ruhen, wie kath.ch berichtet. Ihm wird vorgeworfen, einen Teenager sexuell belästigt zu haben.

Monseigneur Jean Scarcella pere-abbe de St-Maurice celebre une messe pontificale a la Basilique de l'abbaye lors des celebrations de cloture du Jubile du 1500eme anniversaire de l'abbaye de  ...
Abt Jean Scarcella soll einen Jugendlichen missbraucht haben.Bild: KEYSTONE

Der Abt schreibt:

«Die Ermittlungen betreffen auch einen Vorwurf, der gegen mich erhoben wurde. Ich habe Bischof Bonnemain meine volle Kooperation zugesichert. Um die Unabhängigkeit der Ermittlungen zu gewährleisten, habe ich mich in Absprache mit dem Abteirat und dem Präsidenten der Bischofskonferenz dafür entschieden, mein Amt als Abt von Saint-Maurice bis zum Abschluss der Voruntersuchung ruhen zu lassen.»

Es könnte auch weitere Opfer von Abt Jean Scarcella geben, wie der Blick berichtet. Bei der Kantonspolizei sei eine Anzeige eingegangen.

Der 71-Jährige ist aktives Mitglied der Bischofskonferenz der Schweiz als Territorialabt von Saint-Maurice im Wallis. Weiter ist er seit letztem Jahr der Abtprimas der Konföderation der Augustiner Chorherren. Er ist damit international der höchste Repräsentant seines Ordens. Die Abtei ist das älteste durchgehend existierende Kloster des Abendlandes, etwa 1500 Jahre alt.

Die Voruntersuchung wurde eingeleitet, nachdem der ehemalige Generalvikar Nicolas Betticher sich mit einem internen Schreiben an den Vatikan gewandt hatte. Darin erhob er schwere Vorwürfe im Umgang mit sexuellen Missbrauchsfällen gegen mehrere emeritierte und amtierende Mitglieder der Schweizer Bischofskonferenz.

Voruntersuchung: Bischof Lovey streitet Kenntnisse ab

Eine zweite Person, die im «Sonntagsblick» schlecht wegkommt, ist der Bischof von Sitten, Jean-Marie Lovey. Ihm wird von der Zeitung Vertuschung vorgeworfen. Darum sei auch er Ziel der internen Untersuchung der Schweizer Bischofskonferenz.

Lovey bestritt, Kenntnisse von entsprechenden Fällen gehabt zu haben. Er versicherte vor den Medien:

«Ich habe kein Dokument aus diesem Bereich in den Archiven vernichtet.»

Er würde zurücktreten, falls die Untersuchung über sexuellen Missbrauch und dessen Vertuschung ihn belasten sollte. Das sagte er am Mittwoch an einer Medienkonferenz in Sitten.

L'eveque du dicoese de Sion Mgr Jean-Marie Lovey arrive a une conference de presse suite a la presentation du "Rapport sur le projet pilote sur l'histoire des abus sexuels dans l'e ...
Bild: keystone

Bischof Lovey bestritt jegliche Kenntnis und Vertuschung der Vorfälle.

Der Bischof von Sitten sprach von insgesamt 19 Fällen von sexuellem Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche im Wallis seit 2015. Ein Fall betreffe einen inkardinierten Priester. Lovey bestätigte auch, dass sein Vorgänger, Bischof Norbert Brunner, Archive aussortiert habe.

Die ersten Massnahmen der Bischofskonferenz

Während Scarcella sein Amt niederlegt, reagiert die Schweizer Bischofskonferenz auf den Bericht der Universität Zürich – und schlägt erste Massnahmen vor.

Die Universität Zürich hatte am Dienstag eine Studie, die 1002 Fälle von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in der Schweiz seit der Mitte des 20. Jahrhunderts dokumentiert, veröffentlicht. Den Forschern zufolge handelt es sich dabei nur um die Spitze des Eisbergs, da die meisten Fälle nicht gemeldet und Dokumente vernichtet wurden. Die Studie war von drei katholischen Gremien in Auftrag gegeben worden, darunter die Schweizer Bischofskonferenz.

Diese umfassen insbesondere neue institutionelle Strukturen für die Meldung von Fällen, eine psychologische Kontrolle der Priester- und Weihekandidaten, die Professionalisierung der Personalressourcen und ein absolutes Verbot der Vernichtung von Dokumenten, die mit Missbrauch in Verbindung stehen. Morerod versichert:

«Wir setzen uns für einen Kulturwandel innerhalb der Kirche ein.»

Er erinnerte daran, dass dieser insbesondere dank der Opferhilfe bereits begonnen habe.

Bischof von Lausanne bezeichnet Bericht als «erschütternd»

So hat der Bischof von Lausanne, Genf und Freiburg, Charles Morerod, die Studie der Universität Zürich über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche als «erschütternd» bezeichnet.

Mgr Charles Morerod, gauche, et l'Eveque de Sion Jean-Marie Lovey, lors de la ceremonie de priere et penitence en faveur des victimes d’Abus sexuels dans le contexte ecclesial a la basilique de V ...
Charles Morerod.Bild: KEYSTONE

Er betont, dass sich die Diözese für einen Kulturwandel einsetze. Der Bericht zeige einmal mehr den schlechten Umgang mit Missbrauchsfällen in der Kirche auf, heisst es in einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme von Morerod.

Das Bistum Lausanne, Genf und Freiburg unterstütze die von der Bischofskonferenz vorgeschlagenen Massnahmen.

St. Galler Bischof reicht Strafanzeige ein

Auch der St. Galler Bischof Markus Büchel hat am Mittwoch auf Ergebnisse der Studie über den sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche reagiert. Er räumte Fehler ein.

Bischof Markus Buechel, Praesident der Schweizerischen Bischofskonferenz, spricht waehrend einer Medienkonferenz, am Donnerstag, 27. November 2014 in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
Markus BüchelBild: KEYSTONE

Bischof Markus Büchel hat sich zu den beiden St. Galler Fällen geäussert, die in der am Dienstag veröffentlichten Pilotstudie der Uni Zürich vorkommen. Darin geht es zum einen um massive Übergriffe in einem Kinderheim in Lütisburg, die bis 1988 stattfanden.

Der zweite Fall handelt von einem Priester, dem seit 2002 sexuelle Übergriffe vorgeworfen werden. In die Abklärungen war vor allem der Vorgänger von Büchel involviert. Bei der Übergabe sei ihm kein offener Fall gemeldet worden, sagte der Bischof vor den Medien. Dass er die Abklärungen seines Vorgängers nicht mehr überprüft habe, sei ein grosser Fehler gewesen. Nun habe er aber eine Voruntersuchung eingeleitet und eine Strafanzeige gegen den Pfarrer eingereicht.

Bistum Lugano gelobt Besserung

Das Bistum Lugano hat am Mittwoch vor den Medien eine bessere Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in Aussicht gestellt. Gemäss dem am Dienstag veröffentlichten Bericht von Historikerinnen und Historikern der Universität Zürich wurden im Bistum Lugano zahlreiche Dokumente vernichtet.

Heilige Messe auf dem Pass anlaesslich des Nationalfeiertages vom 1. August. Auf dem Foto der Bischof der Dioezese Lugano Monsignore Alain de Raemy waehrend der Predigt am Dienstag, 1. August 2023, Go ...
Alain de RaemyBild: keystone

Es sei für das Bistum Lugano unmöglich, die Schuld in dieser Sache nicht anzuerkennen, sagte der apostolische Administrator des Bistums Lugano, Alain de Raemy, am Mittwoch vor den Medien. Er stellte eine «definitive Veränderung» in Aussicht. Es brauche Gerechtigkeit für die Opfer.

Die Missbrauchsfälle sind im Bistum Lugano äusserst schlecht dokumentiert, wie der Bericht der Universität Zürich festhält. Demnach sind in den 1990er-Jahren zahlreiche Dokumente vernichtet worden. Zudem sei das historische Archiv des Bistums während vieler Jahre von «archivarisch ungeschultem Personal» geführt worden.

Als konkrete Verbesserung stellte de Raemy die Schaffung einer unabhängigen Meldestelle für sexuelle Übergriffe in Aussicht.

(rbu/yam/sda)

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125 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Linus Luchs
13.09.2023 09:19registriert Juli 2014
Ich hoffe, der Abt und die weiteren mutmasslichen Täter werden vor einem weltlichen Gericht stehen. Es darf nicht sein, dass das eine kircheninterne Angelegenheit bleibt.
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PointBreak
13.09.2023 09:15registriert Dezember 2021
Falls nicht verjährt (gilt die Verjährung in der Schweiz?), hoffe ich das Polizei/Staatsanwaltschaft mal in die Gänge kommt!
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PipiL
13.09.2023 10:51registriert Oktober 2021
Er muss sich vor Gericht verantworten. So wie jeder andere mutmassliche Straftäter auch. Mit "Amt ruhen lassen" und der ewigen Betroffenheit kundtun ist es lange nicht getan.
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